Der Sprachtest vor der Einreise hat nicht die erhoffte Wirkung gezeigt, sagt Bilkay Öney. Die baden-württembergische Integrationsministerin setzt auf den Sprachunterricht im Land.

Frau Öney, halten Sie es für sinnvoll, beim Ehegattennachzug auf Deutschkenntnisse zu bestehen – so wie das Deutschland seit 2007 verlangt?
Es gab damals eine intensive Diskussion darüber, ob diese Zugangsvoraussetzung nach Deutschland nicht eine allzu große Härte darstellt, schließlich stehen Ehe und Familie unter dem Schutz des Grundgesetzes. Darauf verwiesen Kritiker immer wieder zurecht. Mit den Sprachtests wurde versucht, die Heiratsmigration einzudämmen, weil wir durch die Heiratsmigration immer wieder eine „erste Generation“ von Zuwanderern haben. Das wirkt sich auf die Sprachkenntnisse und Bildungserfolge der Kinder aus.
Weil die Väter zwar schon in dritter oder vierter Generation in Deutschland leben, die Erziehung aber in den Händen der Mütter liegt, die sich selber noch schwer tun mit der neuen, fremden Sprache?
Genau. Das ist mit ein Grund, weshalb immer noch ein erheblicher Anteil der Migrantenkinder Schwierigkeiten in der Schule hat. Die Sprachproblematik wird auf diese Weise von Generation zu Generation weitergegeben. Im Prinzip ist der Sprachtest zum Erkennen von Defiziten und als Basis für eine Sprachausbildung also sinnvoll, zumal die Anforderungen durchaus zu bewältigen sind.
Hat der Sprachtest seinen Zweck dann auch erreicht und die Heiratsmigration eingedämmt?
In den ersten zwei Jahre sind die Zahlen zurückgegangen, dann allerdings pendelten sie sich wieder auf dem früheren Niveau ein.
Und wie ist es nun mit den Deutschkenntnissen?
Sie dürfen nicht vergessen, dass das Zuwanderungsgesetz, das bereits 2005 in Kraft trat, einen Integrationskurs mit einem umfangreichen Sprachunterricht verlangt. Diese Sprachkenntnisse sind von elementarer Bedeutung.
Die Sprachtests für Ehepartner, über die der Europäische Gerichtshof befand, sollten auch helfen, das Problem der Zwangsehen in den Griff zu bekommen.
Der Grundgedanke war, dass eine Frau, die gegen ihre Willen in eine Ehe nach Deutschland gedrängt wird, hier nicht völlig in der Isolation endet. Es gibt auch Fälle, in denen Frauen den Sprachtest verweigerten, um dem Schicksal der Zwangsverheiratung zu entkommen. Aber man darf bitte auch nicht davon ausgehen, dass jede dieser Ehen unter Zwang geschlossen wird. Außerdem ging es bei der Einfürhung des Tests nicht nur um Zwangsehen, sondern auch um Scheinehen, die darauf abzielen, dem Ehepartner ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen.
Betrifft der Ehegattennachzug nur die türkische Community?
Nein, der Ehegattennachzug betrifft alle. Es gibt deutsche Männer, die in Thailand, in Russland oder auf den Philippinen geheiratet haben und Schwierigkeiten hatten, ihre Frauen zu holen. Das Urteil des EuGH betrifft jedoch erst mal nur die Türkei.

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