SPD und FDP behaupten, eine fristlose Kündigung von Ralf-Michael Schmitz wäre aufgrund der Pflichtverletzungen möglich gewesen. Will OB Kuhn nicht aufklären?

Stuttgart - Kaum eine Sitzung ohne eine Debatte zur Misswirtschaft im Klinikum: Ein Jahr nach dem Beschluss über den goldenen Handschlag für den Ex-Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz steht die 900 000-Euro-Abfindung am Freitag erneut auf der Tagesordnung des Krankenhausausschusses. SPD und FDP meinen, der damals zuständige Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) hätte dem Gremium den Auflösungsvertrag gar nicht vorschlagen dürfen. Der heute fürs Soziale zuständige Beigeordnete sei damals schon über „gravierende Pflichtverletzungen“ sowohl des Klinikum-Chefs als auch des Leiters der Internationalen Abteilung (IU), Andreas Braun, informiert gewesen.

 

Das schlussfolgert SPD-Fraktionschef Martin Körner aus den Antworten auf seinen Antrag zum umstrittenen Kooperationsvertrag mit Kuwait. Es sei unterlassen worden, diesen dem Ausschuss oder gar dem Gemeinderat zur Genehmigung vorzulegen. Mit dieser Kenntnis wäre eine fristlose Kündigung Schmitz’ aus wichtigem Grund möglich gewesen, die der Stadt viel Geld gespart hätte. Für dieses Versagen müsse sich Bürgermeister Wölfle am Freitag zumindest entschuldigen.

Mangelt es dem OB am Aufklärungswillen?

Körner und FDP-Gruppenchef Matthias Oechsner haben den Eindruck gewonnen, dass OB Fritz Kuhn (Grüne) „die Öffentlichkeit gar nicht über die Verantwortung des ehemaligen Krankenhausbürgermeisters aufklären möchte“. Sie machen das daran fest, dass Kuhn die Auskunft über ein angebliches Gespräch Wölfles mit Schmitz und Braun verweigere, das dem umstrittenen Kooperationsvertrag mit Kuwait vorausgegangen sei. Die Entsendung von Klinikum-Orthopäden ans Razi-Hospital könnte die Stadt bis zu zwölf Millionen Euro kosten. Derzeit treffen sich die Parteien in Kuwait vor Gericht.

Die Stadt begnügt sich mit dem Hinweis, Wölfle sei kurz vor der Unterzeichnung des Kuwait-Vertrags im Februar 2014 mit der Einschätzung der Kanzlei Ebner und Stolz konfrontiert worden, sie könne mangels Kenntnissen in kuwaitischem Recht keine Einschätzung vornehmen. Soweit aber Vorleistungs- und Haftungsrisiken ausgeschlossen würden, sei der Abschluss eine „vertretbare unternehmerische Entscheidung“. Auch elf Monate später gab es am Know-how-Transfer (Umfang 46 Millionen Euro) nichts zu kritisieren: Bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit kommunalrechtlichen Vorschriften gab die Kanzlei grünes Licht – aber nur „auf Basis des mitgeteilten Sachverhalts“.

Der „Bakschisch-Vertrag“ mit Aryak

Diese Einschränkung ist im Nachhinein deshalb von Belang, weil nach Feststellung der Stadt die Geschäftsführung des Klinikums Risiken und Fehlentwicklungen „nicht oder nicht frühzeitig“ benannte und den Prüfern gegenüber unvollständige oder falsche Angaben gemacht habe. Nicht einmal Martin Körner glaubt deshalb, dass Werner Wölfle Kenntnis von der Nebenabrede hatte, die der kuwaitischen Firma Aryak für angebliche Dienstleistungen 12,6 Millionen Euro einbringt. Dieser Vertrag war auch erst drei Monate nach dem ersten geschlossen worden.

Am Freitag wird auch ein Thema sein, wann Wölfle und sein Nachfolger, der für die Eigenbetriebe zuständige Bürgermeister Michael Föll (CDU), erstmalig über die Probleme mit der ebenfalls höchst umstrittenen Vereinbarung des Klinikums über die Behandlung und Betreuung von 371 libyschen Patienten informiert worden waren. Die Aussage, im Mai 2015 durch Wirtschaftsprüfer von einem drohenden Defizit überrascht worden zu sein, wird die Stadträte in der Ausschusssitzung zur Frage veranlassen: Kann es sein, dass die Internationale Abteilung 14 Monate lang ein Minus von mehr als neun Millionen Euro vertuschen konnte? Schon im März 2014 herrschte Aufregung in der IU, weil die Vorauszahlungen aus Libyen aufgezehrt waren.

Die Verwaltung wird noch eine weitere Ungereimtheit aufklären müssen: Wenn die Stadt als Trägerin erst im Mai vom Defizit erfahren und Wölfle als „Sofortmaßnahme“ eine Abmahnung des IU-Leiters Braun durch den Geschäftsführer veranlasst haben wollte – warum hatte dann Schmitz seinen Mitarbeiter schon zwei Monate zuvor abgestraft?