Sieben renommierte Organisten treten zwischen Mai und September in der katholischen St.-Nikolaus-Kirche auf. Ein Gespräch mit Sergio Orabona, dem künstlerischen Leiter des internationalen Festivals.

Titelverantwortliche Redakteurin Stuttgarter Nachrichten: Veronika Kanzler (kan)
S-Ost – - Sieben renommierte Organisten treten zwischen Mai und September in der katholischen St.-Nikolaus-Kirche auf. Künstlerischer Leiter des Festivals ist der 1978 geborene Italiener Sergio Orabona. In Stuttgart gefällt es ihm gut – dabei gab es in seiner Gemeinde anfangs keine musikalische Tradition.
Herr Orabona, Sie sind Organist und auch künstlerischer Leiter des Orgelfestivals. Was hat Sie zur Musik gebracht, und wie lebt es sich als Italiener in Stuttgart?
Ich komme aus einer musikalischen Familie: Meine Mutter war Pianistin, mein Vater Klarinettist, beide waren Lehrer am Konservatorium in Neapel, auf welchem ich auch meine musikalischen Studien abgeschlossen habe. Anschließend reiste ich nach Deutschland. Und obwohl Stuttgart sehr meinem Lebensstil entspricht, wird mein Herz immer unter dem Schatten des Vulkans Vesuvs in Italien sein.
Haben Sie deshalb das Festival gegründet?
Ich arbeite seit 2012 in der St.-Nikolaus-Kirche, für die italienische und deutsche Gemeinde und im selben Jahr begann ich auch mit der ersten Ausgabe des Festivals – eine internationale Kooperation bot sich an. In der Kirche gab es de facto keine musikalische Tradition, also musste ich komplett bei null anfangen. Seither gab es jedes Jahr Verbesserungen sowie ein wachsendes Interesse der Menschen.
Was zeichnet das Orgelfestival aus?
Das Charakteristische ist die familiäre Atmosphäre. Ich kümmere mich persönlich während ihres Aufenthaltes um die Künstler und viele berichten mir im Nachhinein von ihren schönen Erinnerungen während ihrer Zeit hier in Stuttgart. Das ist mir sehr wichtig: Bei meinen Konzerten kam es hin und wieder vor, dass es überhaupt keinen persönlichen Kontakt gab. Sondern nur einen Schlüssel und Anweisungen, wie das Licht an- und ausgeschaltet werden kann.
Kümmern Sie sich denn besonders um die Künstler?
Ich versuche immer, Künstler aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichen Stilen einzuladen. Nach jedem Konzert ist es mittlerweile Tradition geworden, die Künstler zum Essen einzuladen, bei einer guten Pasta und einem Glas Wein entwickeln sich fast immer interessante Diskussionen. Das ist auch für mich schön, da ich jeden Tag des Jahres mit der Vorbereitung beschäftigt bin.
Wie gestaltet sich das Repertoire des Festivals?
Jedem Künstler steht es frei zu spielen, was seiner Persönlichkeit beziehungsweise seinem Stil entspricht. Dieses Jahr stehen die Werke von Marco Enrico Bossi (1861 – 1925) auf dem Programm. Kommendes Jahr planen wir das Festival in Zusammenarbeit mit dem neapolitanischen Konservatorium.
Wie stellen Sie das Event jedes Jahr auf die Beine?
Das meiste Geld für das Festival kommt vom italienischen Kulturinstitut sowie von freiwilligen Spendern. Weder die Diözese noch die Stadt Stuttgart greifen uns finanzielle unter die Arme. Generell bewerbe ich das Festival selbst und kümmere mich um alles. Jedoch erfahre ich viel Unterstützung sowohl vonseiten der italienischen als auch deutschen Gemeinde. Auch von Freunden, die mit mir Flyer verteilen und Plakate aufhängen. Sogar einige Anhänger des Festivals helfen mir – was mich umso mehr freut und zeigt, dass der Geist des Festivals, der Austausch zwischen italienischer und deutscher Gemeinde funktioniert. Es bedeutet eine Menge Arbeit. Aber die Resultate, die mein Team und ich erzielen, geben uns sehr viel Zufriedenheit.
Gibt es auch Schwierigkeiten?
Ich lebe seit vier Jahren hier in Stuttgart und mein Netz hier ist begrenzt, verglichen mit denen, die schon immer hier gelebt haben. Ja, ihre Sprache ist schön, aber schwierig zu lernen.
Nach Ihrer Meinung: Warum lohnt sich ein Abend auf dem Orgelfestival?
Die Bedeutung der Orgel im kulturellen Leben der Stadt Stuttgart sollte einen Eintrag im Kalender wert sein. Ich finde es ermutigend, dass Stuttgart die Möglichkeit bietet, Orgelmusik in verschiedenen Kirchen und auf unterschiedliche Weisen zu entdecken. Vielleicht könnte in naher Zukunft eine „Nacht der Orgel“ in vielen verschiedenen Kirchen organisiert werden.