Forscher der Uni Hohenheim und des Naturkundemuseums entwickeln gemeinsam ein Internet-Werkzeug, mit dem auch Laien über die Blätter eine Pflanze bestimmen können – sogar eine, die bis zu 30 Millionen Jahre alt und versteinert ist.

Stuttgart - Pflanzen zu bestimmen ist nicht immer so einfach. Jetzt entwickeln Botaniker der Universität Hohenheim und Paläontologen des Naturkundemuseums Stuttgart eine webbasierte Anwendung, die es auch Laien ermöglicht, über Blätter die zugehörigen Pflanzen zu bestimmen. Das gilt sogar für versteinerte Blätter, die bis zu 30 Millionen Jahre alt sind. Zu diesem Zweck führen die Forscher ihre Datenbanken zusammen und entwickeln einen einheitlichen Standard für die Suche und für die Bestimmung. Das Wissenschaftsministerium fördert das laut Uni Hohenheim weltweit einzigartige Projekt mit 185 000 Euro.

 

Helmut Dalitz, Botaniker der Hochschule und Leiter der Hohenheimer Gärten, spricht von einem „Meilenstein in der Paläobotanik“. Er ergänzt: „Wir verwenden dazu die Blätter einer Pflanze oder deren Abdrücke.“ Natürlich soll das Projekt auch Forschungszwecken dienen. Über solche häufig als Versteinerungen oder Abdrücke vorkommenden Blätter ließen sich nicht nur die jeweiligen Pflanzen bestimmen, sondern auch Informationen über Flora und Fauna und das damalige Klima herausfinden. „Kleinere und hartlaubige Blätter deuten zum Beispiel eher auf trockenes Klima hin, große Blätter sprechen für mehr Feuchtigkeit“, sagt Anita Roth-Nebelsick, Paläobiologin am Naturkundemuseum. Zudem bekämen die Forscher auch ökologische Informationen durch die Blattbestimmungen: „Gab es Wald? Wie sah er aus? Welche Tiere gab es? Wie sah die Umwelt aus?“

Weshalb Blätter und ihre Oberflächen Geschichten erzählen können

Das Naturkundemuseum steuert zwei Datenbanken bei – in der einen sind 6000 fossile Blätter aus acht europäischen Museen gespeichert, in der anderen Datenbank finden sich dünne Wachsschichten, die von den Zellen über die Blattoberfläche ausgeschieden wurden, die sogenannte Kutikula. „Sie liefert uns Informationen über das Blatt und die Pflanze und kann auch noch nach Millionen Jahren erhalten sein“, erklärt Johanna Eder, die Leiterin des Naturkundemuseums.

Von der Universität Hohenheim kommt eine Datenbank mit Pflanzen aus den Hohenheimer Gärten – dort wachsen viele Hundert Arten aus Europa, Nordamerika und Asien. Sie werden so gescannt, dass sie mit versteinerten Blättern vergleichbar sind.

Da die Suche über Ähnlichkeiten erfolgt, können das System auch interessierte Laien nutzen, die sich mit lateinischen Fachbegriffen nicht auskennen. Eine visuelle Datenbank mit 30 000 Bildern dient als Grundlage. Dalitz hat sie und einen Bestimmungsschlüssel für tropische Pflanzen entwickelt. In einem Jahr soll das Webtool fertig sein.