Spenden, Sex und Superstars: auf der Internet-Konferenz Republica in Berlin sucht die Netz-Elite verzweifelt nach einem Ausweg aus der NSA-Spähaffäre. Während Sascha Lobo um Geld für Netzaktivisten bettelt, singt David Hasselhoff für die digitale Freiheit.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)
Berlin - Dann muss David Hasselhoff doch noch seinen Hit singen. Doch der „Baywatch“-Star fügt ein zusätzliches Wort in die Textzeile seines Hits aus dem Jahr 1989 ein und begeistert damit das Publikum. „I’ve been looking for digital Freedom“ ist die Botschaft des Serienstars, der auf der Bloggerkonferenz Republica in Berlin nicht nur gefeiert wird, weil er der Jugendheld vieler Zuschauer ist. Auch, weil er damit das Kernthema der Bloggerkonferenz Republica in Berlin besingt: die Freiheit im Internet.

 

Vor knapp einem Jahr sei dieses Thema noch nicht möglich gewesen, sagte der Netzaktivist und Republica-Organisator Markus Beckedahl bei der Eröffnung der Konferenz. Erst seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden seien die Netznutzer sensibler geworden für die massenhafte Überwachung. „Einen Teil hat es nicht interessiert, andere haben nicht daran geglaubt“, sagte Beckedahl. In diesem Jahr forderte er die Teilnehmer dazu auf, den „kriminellen Geheimdiensten“ die Kontrolle zu entreißen. „Es ist unser Netz, lasst es uns gemeinsam zurückerobern.“

Tausende Besucher erwarten die Veranstalter in den kommenden Tagen auf dem Internet-Treffen, darunter Blogger, Hacker und Netzaktivisten. Sie alle suchen nach einer Antwort auf den Spähskandal, den Snowden im Juni vergangenen Jahres aufgedeckt hat. Sie suchen nach einer Lösung, um sich wieder frei und sicher im Internet bewegen zu können – ohne bei jedem Klick überwacht zu werden.

Sascha Lobo ruft zu Spenden auf

Doch noch passiert zu wenig, wenn es nach dem Promiblogger Sascha Lobo geht. Lobo rügte die Netznutzer, die seiner Meinung nach wie gelähmt dabei zuschauen, wie das Netz zum Spielball der Geheimdienste wird. „Das Internet ist euch offensichtlich im Moment nicht viel wert“, sagte der Internet-Aktivist in seiner Rede am Dienstagabend. Es reiche nicht, bei Twitter gegen die Spähangriffe zu protestieren. Der Netzexperte forderte das Publikum dazu auf, für alle Aktivisten zu spenden, die sich im „Kampf für eine freie, offene und sichere Gesellschaft“ engagieren. Schließlich würden Grundrechte massiv verletzt. „Ein digitaler Meteorit hat eingeschlagen“, sagte Lobo.

Christian Flisek soll im Namen der Bunderegierung die Auswirkungen des Spähskandals erörtern. Der SPD-Politiker ist Mitglied im NSA-Untersuchungsausschuss und sagte, er sei froh, dass es die Überwachungs-Debatte gibt. „Wir stehen am Anfang, nicht am Ende.“ Er verurteilte alle Versuche, die Kommunikation der Bürger vollständig zu überwachen. „Das hat mit meinem Grundrechts-Verständnis nichts mehr zu tun“, sagte Flisek. Wenn man sich nicht selbst vor der Überwachung schützen könne, verändere sich das Kommunikations-Verhalten nachhaltig.

Flisek forderte auf der Konferenz, den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden auf jeden Fall im Ausschuss zur Spähaffäre zu befragen. Schließlich sei Snowden jemand aus dem Innersten der NSA. „Er ist für uns ein hochinteressanter Zeuge.“

Mit dem Internet ist es wie mit Sex

Der Sicherheitsexperte Jacob Appelbaum empfiehlt einen anderen Weg. Er vergleicht die Massenüberwachung mit einer Seuche. Eine Epidemie, die sich auf der ganzen Welt ausgebreitet hat und nur zu stoppen ist, wenn sich die Menschen selbst schützen. Es sei wie mit AIDS, sagt Appelbaum. Gegen die Krankheit könne man sich nur schützen, wenn man auf Sex verzichte oder eben ein Kondom benutze. Mit dem Überwachungs-Skandal sei es genau dasselbe.

Auf das Internet verzichten sei nur schwer möglich, daher müsse man sich mit Verschlüsselungsprogrammen wie Pretty Good Privacy oder auch Tarnkappen-Netzwerken wie Tor schützen. Das sei unbequem, sagte Appelbaum. Dennoch sei es „eure Verantwortung, etwas zu tun“. Er hofft, dass eines Tages die Verschlüsselung genau so zur Gewohnheit wird, wie mit Messer und Gabel zu essen.

Der Autor bei Twitter: