Sie informieren übers Wetter, sie manipulieren Wahlen, sie werden immer wichtiger: welche Rolle spielen Bots in der digitalen Welt?

Stuttgart - Wer Macht im Internet ausüben will, benötigt Aufmerksamkeit. Wie oft werden die Fotos eines Models angeklickt, wie viele Likes sammelt ein Politiker mit seinen Äußerungen ein? Und wie viele dieser Klicks verwandeln sich in Käufe und Stimmen? Wer Menschen im Netz lenkt, hat die besten Chancen, seine Waren und Meinungen zu verkaufen. Es gibt viele Wege, die Ströme im Internet zu beeinflussen – beispielsweise mit Hilfe von Bots.

 

Über Bots wird viel diskutiert, seit sie im Verdacht stehen, dass mit ihrer Hilfe die Wahl in den USA entscheidend beeinflusst wurde. Gleichzeitig wissen nur die wenigsten, was sich hinter diesem Begriff verbirgt: Nur ein Fünftel der 18- bis 29-Jährigen gab bei einer Untersuchung des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PWC an, eine relativ genaue Vorstellung von dem Begriff zu haben. Bei den Über-60-Jährigen sind es nur sechs Prozent. Was also sind eigentlich Bots – und wozu werden sie eingesetzt?

Wo werden Bots eingesetzt?

Der Begriff ist vom Roboter abgeleitet, englisch „robot“. Ein Bot ist ein Computerprogramm, das weitgehend selbstständig eine ihm von den Programmierern zugewiesene Aufgabe erledigt. Für die Art und Weise, wie heute das Internet funktioniert, spielen Bots eine entscheidende Rolle: Die Sicherheitsfirma Imperva Incapsula hat den weltweiten Datenverkehr analysiert – demnach geht lediglich 48 Prozent auf menschliche Akteure zurück. Mehr als die Hälfte des Datenverkehrs wird durch die Aktivitäten von Bots verursacht.

Bots halten die großen Suchmaschinen wie Google am Laufen – sie sammeln Informationen, die von den Algorithmen der Suchmaschinen genutzt werden. Diese entscheiden daraufhin – beispielsweise in Abhängigkeit vom Wohnort des Nutzers – welche Treffer diesem zuerst angezeigt werden und welche im Ranking der Suchergebnisse weiter unten auftauchen. Viele technische Prozesse im Netz wären ohne den Einsatz von Bots undenkbar. So übertragen Bots den Inhalt von Webseiten auf Apps, die vorwiegend auf Smartphones oder Tablets genutzt werden.

Wie funktionieren Social Bots?

Wie funktionieren Social Bots?

Social Bots haben ein gewaltiges Imageproblem: Technik-Kritiker halten sie, beziehungsweise ihre Urheber, für verdeckte Akteure bei der politischen Meinungsbildung: Sie sollen unter anderem bei der Wahl von Donald Trump, bei der Brexit-Abstimmung und beim Ukraine-Konflikt zum Einsatz gekommen sein und das Meinungsbild verzerrt haben. Social Bots fluten soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter mit Kommentaren. Wenn Tausende von Social Bots zu einem Netzwerk zusammengeschlossen werden, verstärkt sich die politische Einflussnahme derart, dass man von einer bisher nicht gekannten digitalen Kampagne sprechen kann. Und von einer Bot-Armee.

Vor allem auf Twitter sorgen Social Bots immer wieder für Schlagzeilen. Vergleichsweise leicht zu durchschauen sind Twitter-Profile ohne Bilder, die teilweise im Minutentakt Einträge anderer Nutzer kommentieren und eigene Botschaften twittern. Inzwischen schaffen viele Programmierer aufwendigere Alibi-Existenzen in den sozialen Medien. Diese Social Bots geben vor, echte Menschen zu sein – die intelligenten Bots arbeiten teilweise mit gestohlenen Profilbildern aus dem Netz und gefälschten Biografien. Auf diese Weise überwinden sie vorgeschaltete Sicherheitssysteme. Die Sicherheitsfirma Imperva Incapsula beziffert den Anteil dieser „bösartigen“ Social Bots auf die Hälfte des gesamten Bot-Aufkommens im Netz. Social Bots können sich in politische Diskussionen einschalten und eine massenhafte Unterstützung für eine Position suggerieren, die es in Wahrheit nicht gibt. Sie verbreiten Propaganda und Fake News, sie stören gezielt relevante Diskussionen und setzen Trends.

Wie intelligent sind Chatbots?

Wie intelligent sind Chatbots?

Die größte Gefahr für die Arbeitsplätze in Callcentern? Sind Chatbots. Bot-Software, die sich mit Menschen unterhält, wird nach Ansicht von Experten maßgeblich die Zukunft im Netz prägen. „Bots sind die neuen Apps“, sagt der Microsoft-Manager Peter Jaeger. Chatbots würden dabei helfen, eine Beziehung zwischen Mensch und Maschine aufzubauen. Microsoft setzt Chatbots unter anderem ein, um Kunden bei der Buchung von Flügen zu unterstützen – mit Hilfe einer Dialog-Software. Wer heute smarte Assistenten wie Amazons „Alexa“ oder Apples „Siri“ nach dem Wetter fragt, kommt bereits mit Chatbots in Berührung. Meist wahrscheinlich, ohne dass ihm dies bewusst ist.

Hinter den heutigen Bot-Unterhaltungen steckt jedoch mehr Mensch als Maschine. Die Aussagen einer Software bewegen sich in jenem engen Rahmen, den ihr der Programmierer vorgegeben hat. Die Folge: wenn ein Mensch seine Frage an einen Chatbot klar und einfach formuliert, ist die Chance groß, dass er eine sinnvolle Antwort erhält. Je komplexer und mehrdeutiger eine Anfrage ausfällt, desto wahrscheinlicher ist, dass der Chatbot dies nicht versteht. Chatbots, die selbst Inhalte formulieren und eine Unterhaltung führen könnten, seien ein Fernziel, sagt Max Koziolek, der beim Berliner Start-up-Unternehmen Spectrm Chatbots programmiert. „Das wird früher oder später kommen.“ Doch momentan müsse man auch selbstlernende Bots von Menschen beaufsichtigen lassen.

Wie beschränkt Bots sind, musste im vergangenen Jahr der amerikanische Computerriese Microsoft schmerzlich erfahren: Nutzer manipulierten dessen Chatbot-Programm „Tay“ und brachten es dazu, Adolf Hitler zu loben und den Holocaust zu leugnen. Der simple Befehl „Sprich mir nach!“ genügte, um aus „Tay“ einen pöbelnden Chatbot zu machen, der alle möglichen Parolen wiederholte. Microsoft zog aus dem PR-Gau seine Konsequenzen: Es ließ „Tay“ auf dessen Twitter-Account verkünden, dass der Chatbot müde sei und schlafen müsse. Anschließend ging „Tay“ für immer vom Netz.

Daran erkennen Sie Bots

Profilbild:
Falls ein Account in einem sozialen Netzwerk kein Profilbild besitzt, kann er ein schlicht gemachter Bot sein. Nutzer sollten skeptisch sein.

Biografie:
Die Twitter-Biografie ist nicht ausgefüllt oder ergibt sprachlich keinen Sinn: So steht in der Biografie eines Bots auf Twitter: „Ich bin ein junger Vater einer Familie und liebe den Kuchen.“ Die Biografie wurde wohl mit einer Übersetzungssoftware erstellt.

Follower:
Das Profil folgt vielen anderen Accounts, hat aber kaum eigene Follower: Ein typisches Bot-Merkmal.

Tweets: Von dem Profil werden ungewöhnlich viele Tweets abgesetzt: Ein Account, der pro Minute einen Tweet schreibt, 24 Stunden am Tag, kann kein Mensch sein.