Suchen wir nach den Haaren in der Suppe. Das gemeinsame Einheitsdenkmal der Choreografin Sasha Waltz und des Stuttgarter Projektbüros von Johannes Milla, im Frühjahr 2011 nach langen Wehen gekürt, ist gescheitert. Waltz hat die Zusammenarbeit aufgekündigt.
Das ist so nicht richtig. Sasha Waltz hat sich aus der Zusammenarbeit innerhalb der Arbeitsgemeinschaft zurückgezogen, weil es in der Konkretisierung des gemeinsamen Entwurfs unterschiedliche Auffassungen gab. Das ändert nichts daran, dass die nun federführend von Johannes Milla auf der Basis des Wettbewerbsentwurfs der beiden Partner Waltz/Milla fortentwickelten Pläne den Wunsch des Bundestags nach einem Denkmal für die deutsche Einheit überzeugend erfüllen. Die große begehbare Waagschale wird in den nächsten Jahren unter dem Motto „Bürger in Bewegung“ ein weiterer und würdiger Anziehungspunkt in der deutschen Hauptstadt werden.

Das Denkmal für die zur NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma ist nach langem Streit endlich eingeweiht, das Denkmal für die Opfer der NS-Euthanasie wird kommen. Wie viele solcher Erinnerungsorte braucht die Hauptstadt noch?
Eine Kultur der Erinnerung an die Opfer der Gewaltherrschaften und die Pflege dieser Stätten wird für jede Bundesregierung eine große Rolle spielen. Und was die angemessene Erinnerung an die DDR-Diktatur angeht, sehe ich noch viel Nachholbedarf. Dass die Vertreter von Opfergruppen eine angemessene Erinnerung an ihre verfolgten und ermordeten Angehörigen fordern, ist von allen zu respektieren. Das würdige Gedenken der Opfer kommt ja auch unserer gemeinsamen politischen Kultur zugute. Bundesweit haben wir mittlerweile aber die in unserer Gedenkstättenkonzeption enthaltenen großen Aufgaben erfüllt oder stehen kurz davor.

Im Streit über die Ausstellung der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ im Berliner Deutschlandhaus kommen Sie nur mühsam voran.
Dieser Eindruck ist nicht zutreffend. Von Streit kann heute keine Rede mehr sein. Vor einem Vierteljahr ist es uns gelungen, die wissenschaftliche Konzeption für dieses Museum zu verabschieden. Sie wurde einvernehmlich vom Stiftungsrat und dem wissenschaftlichen Beraterkreis – den beiden Gremien der Stiftung – gebilligt. Dies unterstreicht, dass die Konzeption die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz auf breiter Grundlage findet.

Aber Sie stoßen bei diesem Thema an die Grenzen Ihrer Moderatorenkünste.
Hier verstehe ich mich keineswegs nur als Moderator. Ich habe als Kind ja die Vertreibung aus Westpreußen selbst erlebt. Mir war aber immer klar und wichtig, dass es in einem solchen Museum niemals allein um die Schrecken der Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs gehen kann, sondern stets auch um die Einbettung des Geschehens in die historische Vorgeschichte, also um die Ursachen dieser Vertreibung, und das waren in erster Linie die verbrecherische Politik und Kriegführung des nationalsozialistischen Deutschlands selbst. Das ist uns mit der aktuellen Konzeption, die beispielsweise auch von polnischen Historikern mitgetragen wird, nun gelungen.