Selbst wenn immer mehr digital gelesen wird, muss man sich um das Buch keine Sorgen machen, meint die Frankfurter Antiquarin Sibylle Wieduwilt zum Auftakt der Antiquariatsmessen in Stuttgart und Ludwigsburg.

Kultur: Adrienne Braun (adr)
Frau Wieduwilt, sind Antiquare eigentlich eher rückwärtsgewandte Menschen?
Ich habe gerade einen Aufruf von unseren jüngeren Kollegen aus dem Verband bekommen, die Instagram nutzen wollen, von daher: Nein, sie sind schon auch mit den Neuen Medien sehr vertraut.
Bibliotheken und Archive sind bemüht, Inkunabeln und Handschriften zu digitalisieren und zugänglich zu machen. Verändert das die Branche?
Das verändert teilweise die Branche. Leute, die früher wissenschaftliche Literatur gekauft haben, brauchen das heute oft nicht mehr für ihre wissenschaftliche Arbeit, weil die Texte online zugänglich sind.
Verliert das Original an Bedeutung?
Je seltener das Original ist, desto weniger. Ist es aber in größerer Auflage vorhanden, ist der Wert teilweise rückläufig.
Es gibt zwar noch Bücher, aber immer mehr Menschen lesen sie auf dem Kindle.
Ich beobachte in meinem Geschäft einen gegenläufigen Trend. Da viele Antiquare ins Internet abgewandert sind, freuen sich viele, dass es noch einen Laden gibt, in dem man stöbern kann. Das schöne und seltene Buch wird immer Bestand haben. Die Gebrauchsliteratur wird in Zukunft eher über das Kindle laufen, wobei die Zahlen dort inzwischen stagnieren.
Was ist der Reiz am Antiquarischen? Gelesen wird in den Büchern doch nicht, oder?
Doch, es gibt eine ganze Reihe Kunden, etwa Literatursammler, die lesen auch die Bücher, die sie kaufen. Es gibt tolle illustrierte Bücher, die im Antiquariat gehandelt werden. Der Reiz am antiquarischen Buch ist, dass es eine Geschichte hat. Wenn Sie eine Inkunabel kaufen, kaufen Sie auch fünfhundert Jahre Buchgeschichte. Zum Antiquarischen zählen auch Landkarten, es kann aber auch ein toller Einband sein, das gehört alles dazu.