Ex-VfB-Profi Alexander Hleb blickt auf eine frustrierende Zeit zurück - eine Verletzung bremste ihn aus. Jetzt will er wieder auf dem Platz stehen.

Stuttgart - Nach seinem kurzen Gastspiel beim VfL Wolfsburg hält sich Alexander Hleb derzeit beim FC Augsburg fit und trainiert zudem individuell mit dem Stabhochspringer Tim Lobinger in München. Möglichst bald will der Weißrusse wieder auf dem Platz stehen und sagt: "Ich kann noch drei, vier Jahre auf hohem Niveau spielen."

 

Herr Hleb, welche Vorsätze haben Sie fürs neue Jahr gefasst?

Ich bin bescheiden geworden und habe mir nur vorgenommen, alles dafür zu tun, fit und gesund zu bleiben und wieder gut Fußball zu spielen.

Und wie läuft die Umsetzung?

Sehr gut. Jedenfalls trainiere ich im Moment so intensiv wie wohl noch nie in meiner Karriere - bis zu fünfeinhalb Stunden am Tag. Und ich merke, wie ich immer fitter werde, wahrscheinlich sogar fitter als jemals zuvor.

Welchen Anteil hat der Stabhochspringer Tim Lobinger, der Sie in München trainiert?

Einen sehr großen. Tim ist ein deutscher Star und weiß genau, was nötig ist, um sich Schnelligkeit und Power anzueignen. Das ist genau das, was ich brauche.

Parallel dazu trainieren Sie beim FC Augsburg. Wie kam es dazu?

Das hat sich angeboten, weil es sich gut mit dem Training in München verbinden lässt. Deshalb bin ich den Augsburgern sehr dankbar, dass sie meinem Wunsch entsprochen haben und mich mittrainieren lassen. Denn auf diese Weise komme ich auch fußballerisch wieder in Form. Ich spüre jetzt jeden Tag, wie die Kraft und die Spritzigkeit zurückkommen, die mir in den vergangenen ein, zwei Jahren gefehlt haben.

Wann sind Sie denn an dem Punkt angelangt, an dem sie gesagt haben: so kann es nicht weitergehen, jetzt muss sich etwas Grundlegendes ändern.

Das muss in meiner Zeit in Birmingham gewesen sein, also im Frühjahr des vergangenen Jahres. Da kam ich gerade von einer Verletzung wieder zurück - und habe mich im nächsten Spiel schon wieder verletzt. Da wurde mir klar, dass ich professioneller arbeiten und mehr auf meinen Körper achten muss. Das tue ich jetzt tagtäglich und bin heiß darauf, wieder Fußball zu spielen. Ich denke, ich bin im vergangenen halben Jahr ein anderer und noch professionellerer Spieler geworden.

Müsste es für einen Profi nicht selbstverständlich sein, auf seinen Körper zu achten und alles dafür zu tun, topfit zu sein?

Eigentlich schon. Aber ich habe mich lange Zeit vor allem auf mein Talent verlassen, und bin damit ja auch gut gefahren. Inzwischen weiß ich, dass das alleine nicht reicht.

"Ich will zurück in die Bundesliga"

Wann und wo wird man Sie wieder auf dem Platz sehen?

Mein Vertrag mit Barça läuft noch bis Saisonende. Wir haben in den vergangenen Tagen über verschiedene Optionen gesprochen, bis zum 25. Januar soll eine Entscheidung fallen. Wichtig ist, dass ich jetzt wieder Spielpraxis bekomme.

Wie sehen Ihre Vorstellungen aus?

Ich will noch drei, vier Jahre auf hohem Niveau spielen, und bin auch sicher, dass ich dazu in der Lage bin. Wo das sein wird, weiß ich noch nicht. Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Am liebsten würde ich in die Bundesliga zurückkehren, denn das ist meine zweite Heimat.

Macht es Sie nicht manchmal traurig, wenn Sie auf die vergangenen Jahre zurückblicken? Sie haben beim FC Arsenal gespielt und beim FC Barcelona, die Fußballwelt stand Ihnen offen.

Ich bin ein positiver Mensch, kann die Zeit nicht zurückdrehen und versuche immer nach vorne zuschauen. Wenn ich aber in einer stillen Stunde zurückblicke, dann macht es mich schon traurig, wie die vergangenen Jahre gelaufen sind. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass das mit mir passiert. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mit die besten Jahre in meiner Karriere verschenkt. Und ich kann bei niemandem die Schuld suchen.

Was ist schiefgelaufen?

Mein größter Fehler war, den FC Barcelona schon nach einem Jahr wieder zu verlassen.

Sie haben in diesem einen Jahr immerhin 36 Pflichtspiele für Barça bestritten.

Ich wollte aber in jedem Spiel dabei sein, und zwar immer von Anfang an. Ich war sauer, wenn ich mal nicht spielen durfte oder nur eingewechselt wurde. Ich habe begonnen, mit dem Trainer darüber zu hadern, war beleidigt und wurde immer unzufriedener - und das trotz unseres großen Erfolges mit dem Gewinn der Meisterschaft, des Pokals und der Champions League. Inzwischen weiß ich, dass Barcelona deshalb so groß ist, weil jeder Spieler sein Ego zurückstellt. Damals konnte ich es nicht so sehen.

"Ich habe mich kindisch verhalten"

Ihnen hat die Geduld gefehlt?

Genau das. Ich kam von Arsenal und habe dort 60 Spiele im Jahr bestritten. Ich dachte, so müsse es weitergehen. Ich habe zu schnell resigniert und den Kampf nicht aufgenommen. Die beste Lösung wäre gewesen, in Barcelona zu bleiben und mich durchzubeißen. Die zweitbeste hätte darin bestanden, zu Inter Mailand zu wechseln.

Sie sind aber zum VfB zurückgekehrt.

Und das war im Nachhinein der nächste Fehler.

Warum?

Weil es damals ein zu großer Rückschritt war und mir es nicht leicht fiel, damit zurechtzukommen. Wenn man beim FC Arsenal und beim FC Barcelona gespielt hat, wenn man es gewohnt war, immer auf allerhöchstem Niveau zu spielen, dann ist es nicht einfach, sich auf eine etwas andere Spielweise einzulassen. Man will einen Doppelpass spielen - und bekommt den Ball nicht zurück. Das hat mich teilweise verärgert, ich habe beleidigt reagiert. Das mag kindisch gewesen sein, aber damals habe ich eben so empfunden.

Zuletzt standen Sie ein halbes Jahr beim VfL Wolfsburg unter Vertrag und haben nur vier Spiele absolviert. Warum ist es auch dort nicht so gelaufen, wie Sie sich das wahrscheinlich vorgestellt hatten?

Ich war Felix Magath dankbar, dass er mir nach meiner Knieverletzung die Chance gegeben hat. Mir hat dann aber die nötige Zeit gefehlt, um nach meiner langen Auszeit wieder 100-prozentig fit zu werden. Ich musste viel im Ausdauerbereich arbeiten, und letztlich kamen meine Einsätze vielleicht einen Tick zu früh.

Es heißt, Felix Magath hätte Ihnen untersagt, zum Arzt zu gehen, als Sie über Schmerzen geklagt haben.

Ich habe die Entscheidungen von Felix Magath akzeptiert und respektiert. Nach der langen Pause haben die intensiven Trainingseinheiten mit der Mannschaft Spuren bei mir hinterlassen, aber das ist ja völlig normal. Am Ende hat es aber leider dazu geführt, dass ich dem VfL in den letzten Begegnungen nicht mehr helfen konnte.

Sie kannten Felix Magath noch vom VfB. Hat er sich sehr verändert?

Natürlich hat sich Felix Magath seit seiner Zeit beim VfB verändert, aber das gilt ja auch für mich. Er hat sehr viel geleistet und Titel gewonnen - doch trotzdem war relativ früh klar, dass ich Wolfsburg im Winter wieder verlassen werde. Jetzt schaue ich aber nur noch nach vorne - und freue mich auf das, was jetzt kommt.

Weissrussischer Volksheld

Karriere Als 18-Jähriger ist Alexander Hleb 1999 zum VfB gekommen und wechselte anschließend zu Arsenal und Barcelona. 2009 kehrte er zum VfB zurück, ehe er für Birmingham und Wolfsburg spielte. Hleb ist Kapitän der weißrussischen Nationalelf und in seiner Heimat zwischen 2002 und 2008 sechsmal zum Fußballer des Jahres gewählt worden.