Im Sommer übernimmt Armin Petras die Bühne: Der neue Intendant des Schauspiels am Stuttgarter Staatstheater legt ein enorm hohes Tempo vor, bemüht sich um ein junges Publikum und beschreibt sich selbst als „sprungvoller, wechselhafter und aggressiver“ als Hasko Weber.

Stuttgart – Zeitenwende im Stuttgarter Schauspiel: wenn Armin Petras im Herbst seine Intendanz eröffnet, kehrt auch ein neuer Stil ins Theater ein. Umweht von Berliner Szene-Luft, wirkt der künftige Intendant lockerer, hemdsärmeliger, ironiefreudiger als sein Vorgänger Hasko Weber. Aber auch jenseits von Stil- und Temperamentsfragen will Petras, der jetzt die Pläne für seine erste Spielzeit vorgestellt hat, die Stadt neu aufmischen.
Herr Petras, Sie bringen in Ihrer ersten Spielzeit 32 Inszenierungen raus. Das ist ein Riesenprogramm, riesiger als bei allen Ihren Vorgängern. Wie schaffen Sie das?
Nun, im Verhältnis zu dem, was ich vor sieben Jahren in Berlin gemacht habe, ist das nicht viel. In meinem ersten Jahr als Intendant des Gorki haben wir 54 Arbeiten rausgehauen, das war vermutlich ein Weltrekord, gewiss aber ein deutscher Rekord . . .

. . . und brachte Ihnen den Ruf eines Theatermalochers ein . . .
. . . aber wir haben jetzt in Stuttgart die Zahl der Inszenierungen reduziert, verglichen mit dem Gorki-Einstand um dreißig Prozent. Natürlich sind es noch immer viele Inszenierungen, mit denen sich mein Team vorstellt. Dankenswerterweise hatten wir anderthalb Jahre Zeit, um uns auf die Intendanz vorzubereiten – und diese Zeit haben wir genutzt, um intensive Gespräche mit Regisseuren und Regisseurinnen zu führen, die wir ans Haus binden wollten. Am Ende der ersten Saison wird das Stuttgarter Publikum deshalb eine Vielzahl von Handschriften kennengelernt haben.

Und warum haben Sie keine Arbeit aus der Weber-Zeit übernommen? Hat Ihnen da nichts gefallen?
Nein, das hat damit nichts zu tun. Mich hat zum Beispiel Sartres „Das Spiel ist aus“ in der Regie von Sebastian Baumgarten sehr überzeugt. Da wir aber mit einem vollkommen neuen Ensemble beginnen, sind solche Übernahmen schwer zu machen.

Werden Sie denn das atemraubende Premierentempo, das Sie jetzt vorlegen, auch in den folgenden Spielzeiten halten?
Das weiß ich nicht. Aber jetzt ist dieses hohe Tempo schon deshalb notwendig gewesen, um für die drei Bühnen des Schauspiels ein stabiles Repertoire aufzubauen.

Aber Sie arbeiten doch sowieso nach dem Prinzip der steten Überforderung.
Dieses Prinzip wird mir gerne unterstellt. Ich aber würde meine Arbeitslust und Arbeitswut mit ganz anderen Kategorien beschreiben. Es gibt einen Satz von Karl Marx, den ich sehr schätze: Glück heißt, sich seinen Fähigkeiten entsprechend zu verausgaben. In dieser treffenden Glücks-Definition finde ich mich wieder.

Kennen Sie sich aus bei Marx?
Randständig. (lacht)