Mit 57 Jahren befindet sich der deutsche Golf-Star Bernhard Langer in der Form seines Lebens. So hätte er auch gerne beim Rydercup mitgemacht – aber er durfte nicht.

Stuttgart - Europa hat am Sonntag gegen die USA den Rydercup gewonnen. Auch Martin Kaymer trug seinen Teil dazu bei. Bernhard Langer wäre auch gerne auf dem Platz gestanden. Aber: „Der Kapitän entscheidet. Ich habe es akzeptiert“, sagt er.

 
Herr Langer, Sie beehren Schwieberdingen?
Ich bin globaler Markenbotschafter von Mercedes-Benz und begleite das Weltfinale der Amateurserie. Weltweit nehmen daran 60 000 Amateure teil, und die Sieger des jeweiligen Landes sind nun für einige Tage hier in Stuttgart zu Gast.
Wie ist der Platz?
Der Platz sieht gut aus, ist wunderschön. Die Anlage ist toll mit Büschen und Bäumen eingewachsen. Sie sieht natürlich anders aus als vor 20 Jahren, als wir sie entworfen und gebaut haben.
Eigentlich hätte man Sie aber auch beim Rydercup in Schottland erwartet, wo Europa am Sonntag die USA auch wegen eines starken Auftritts Ihres Landsmanns Martin Kaymer bezwang, und nicht auf dem Golfplatz Nippenburg.
Die Chance für eine Teilnahme war gegeben. Ich habe bisher eine super Saison gespielt und war auch im engeren Kreis der sogenannten Wildcards.
Und dann?
Mein Problem ist: ich kann mich nicht qualifizieren. Die Turniere, die ich spiele, zählen nicht für den Rydercup. Auf der Championstour (Profis über 50 Jahre, Anm. d. Redaktion) gibt es keine Weltranglistenpunkte. Somit habe ich mich schwergetan, mich für die Vergabe einer der drei Wildcards aufzudrängen. Der Kapitän hat sich für die jüngeren Spieler entschieden.
Haben Sie das klaglos hingenommen?
Der Kapitän entscheidet. Ich habe es akzeptiert. Er hatte auch keine Möglichkeit, mich mit den Jüngeren zu vergleichen, weil ich nicht dieselben Turniere spiele. Er konnte also nicht sagen: Der Langer war fünfmal besser. Bei den US-Masters habe ich gegen die Weltbesten gespielt, wurde Achter und habe 99 Prozent der Rydercupspieler hinter mir gelassen. Aber einmal genügt eben nicht.
Für Ihren deutschen Landsmann Martin Kaymer lief es eine lange Zeit nicht mehr so gut, seit er 2011 mal die Weltrangliste anführte. Nun geht es mit ihm wieder aufwärts.
Er hat dieses Jahr die US Open und die „Players“ gewonnen, zwei der wichtigsten Turniere der Saison. Und nun hat er auch im Rydercup überzeugt. Martin wollte 2011 seinen Schwung verändern und besser werden. Warum, fragten sich da manche, will man als Nummer eins der Welt noch besser werden? Seine Einstellung war richtig, ich habe seine Entscheidung gut verstanden. Er war damals erst 25 Jahre alt und dachte, die neue Technik in sechs Monaten hinzubekommen, es hat dann aber eineinhalb Jahre gedauert.
Sie haben in Ihrer Serie bisher in diesem Jahr fünf Turniere gewonnen. Befinden Sie sich mit 57 in der Form Ihres Lebens?
Ich glaube, 2014 war eines meiner besten Jahre. Es lief wirklich toll und ging gleich mit einem Sieg im Januar los. Und so ging es die ganzen Monate weiter. Ich habe nicht nur fünf Siege geholt, sondern auch sehr viele gute Platzierungen wie zweite oder dritte Plätze. Und ich führe im Moment die Punkte- und Geldrangliste auf der Championstour in Amerika an. Dieses Jahr macht wirklich sehr viel Spaß.
Wie erklären Sie sich diese starke Phase im Herbst Ihrer Karriere?
Viele haben nicht richtig mitbekommen, dass es eigentlich schon die letzten sechs Jahre so gut lief. 2011 wurde ich am Daumen operiert. Es war das einzige Jahr, in dem ich in den USA nicht die Geldrangliste gewann. Ich war von sechs Jahren fünfmal Bester in diesem Ranking und habe sehr gutes Golf gespielt. In diesem Jahr lief es sogar noch einen Tick besser. So habe ich nicht zwei oder drei Turniere gewonnen, sondern fünf, und davon zwei Majors.
Golf auf hohem Niveau zu spielen ist keine Frage des Alters.
Das stimmt. In dieser Sportart kann man auch in meinem Alter noch besser werden. Man verliert ein bisschen an Länge beim Abschlag, an Kraft und Beweglichkeit, aber man kann das durch Technik wieder wettmachen. Und durch eine bessere Einstellung und mentales Training.
Trainieren Sie noch so intensiv wie früher?
Es ist etwas weniger geworden. Ich übe den Sport ja seit fast 40 Jahren aus. Ich habe festgestellt, dass ich besser drauf bin, wenn ich mal drei Tage Abstand nehme – und dann wieder richtig an die Sache herangehe.
Sie sind schon seit 1976 auf der Tour. Ist Golf für Sie eine Art Sucht?
Eine Sucht ist es nicht. Eine Sucht ist, wenn negative Dinge überhandnehmen, und etwas, das man nicht mehr kontrollieren kann. Golfspielen macht mir Freude, es ist ein großer Teil meines Lebens. Doch sollte ich mich einmal so verletzen, dass ich nicht mehr auf den Platz kann, werde ich damit umgehen können.
Wie sehr haben sich Spielweise und Niveau über all die Jahre entwickelt?
Es hat sich aufgrund der Materialien sehr viel verändert. Die Golfbälle und die Schläger sind heute ganz anders. Als ich ein junger Bursche war, hat man noch in einer C-Form geschwungen, inzwischen schlagen wir ganz anders auf den Ball. Außerdem sind die Golfer viel athletischer geworden.
Ohne Athletik geht nichts?
Jeder Profi ist heute im Fitnesscenter, um das Letzte aus sich herauszuholen. Kraft und Schnelligkeit sind wichtig für den Abschlag, da müssen die richtigen Muskeln trainiert werden. Und Ausdauer ist auch von Bedeutung, denn wir sind am Tag ja sechs Stunden unterwegs.
Ab 2016 soll der Schläger beim Putt vom Körper entfernt bleiben und darf nicht mehr „geankert“ werden. Werden Sie damit zurechtkommen?
Ich ankere im Moment, das stimmt. Ich hoffe, dass ich in eineinhalb Jahren noch am Leben bin – dann werden wir sehen, welchen Putt-Stil ich entwickele. Allerdings ist es ein Unding, dass man sich zukünftig umstellen muss, aber das ist ein anderes Thema.
Wieso ein Unding?
Wenn es ein Vorteil wäre zu ankern, würden es doch alle Spieler tun. Alle spielen einen Driver, weil er der einfachste Schläger vom Abschlag ist, also ein Vorteil ist. Und wer spielt den langen Putter mit Verankerung? Nur zwölf Prozent der Spieler. Für mich ist es unverständlich, warum das Ganze so entschieden wurde.
Martin Kaymer hat seinen Stil verändert. Mussten Sie das oft in Ihrer Karriere tun?
Ja, andauernd. Mein Trainer, Willi Hofmann, sagte mal, große Veränderungen im Schlag könne man nicht in einer Woche umstellen. Das geht nicht von heut auf morgen, ansonsten ist man zwei, drei Jahre weg. Es geht nur peu à peu. Erst haben wir den Rückschwung verbessert, dann hat der Rückschwung nicht mehr zum Durchschwung gepasst, also mussten wir wieder den Durchschwung ändern. So etwas ist ein hartes Stück Arbeit und dauert viele Jahre.
2022 soll der Rydercup erstmals nach Deutschland geholt werden, vermutlich nach Berlin. Arbeiten Sie an der Bewerbung mit?
Ich bin noch nicht gefragt worden, die Sache befindet sich erst im Aufbau. Man liest vieles darüber, so auch, dass Berlin die ideale Stadt dafür wäre. Aber wir haben auch andere Städte in Deutschland, die sehr attraktiv sind. Entscheidend ist, dass sich die Politiker hinter die Bewerbung stellen; denn man kann solch ein Turnier nicht ohne die Unterstützung der Bundes- oder Landesregierung organisieren. Deutschland hat sich ja schon für 2018 beworben, aber da haben die Franzosen den Zuschlag bekommen, weil sie die volle Unterstützung ihrer Regierung vorweisen konnten.
Sie leben Golf. Bekommen Sie auch etwas von anderen Sportarten mit?
Ich liebe den Sport. Wenn ich Fernsehen schaue, dann hauptsächlich Sportübertragungen. Ich habe früher Fußball gespielt, fahre Ski, Rad und spiele gerne Tischtennis.
Sie kommen aus Anhausen bei Augsburg – und drücken wohl dem FCA die Daumen.
Eigentlich bin ich Bayern-Fan, weil ich in München drei Jahre lang als angehender Golftrainer in die Lehre ging. Aber es ist großartig, was der FCA macht: mit geringem finanziellen Aufwand mitzuhalten, das ist schon große Klasse.
Noch besser ist, wenn der Golfball nach dem Abschlag direkt ins Loch plumpst. Wie viele Hole-in-one haben Sie hingekriegt?
Es waren 17 in meinem Leben. Aber wie viele mir davon bei Turnieren gelungen sind, das weiß ich nicht genau. Sie wissen ja: Ich bin schon eine ganze Weile dabei.