Christiane Lange übernimmt die Leitung der Stuttgarter Staatsgalerie. Sie will etwas gegen das schlechte Image der Galerie unternehmen.

Stuttgart – Führungswechsel am wichtigsten Museum in Baden-Württemberg: Christiane Lange übernimmt die Leitung der Stuttgarter Staatsgalerie. Ihr erstes Ziel ist es, die Dauerausstellung neu zu präsentieren.
Frau Lange, seit dem 1. Januar sind Sie Chefin der Staatsgalerie. Sind Sie denn in Stuttgart schon richtig angekommen?
Ja, ich kann wirklich sagen, dass ich angekommen bin. Ich habe auch schon eine Wohnung in der Nähe gefunden. Es ist natürlich noch ein etwas merkwürdiges Gefühl in so einer neuen, halb eingerichteten Wohnung und in einem neuen, noch nicht fertig möblierten Büro zu sein . . .

. . . und in einer neuen Stadt.
Genau, andererseits habe ich im vergangenen halben bis dreiviertel Jahr Stuttgart schon so oft besucht, dass ich mich jetzt nicht mehr verlaufe. Das hat sich durch die lange Übergangsphase seit dem Abschied von Sean Rainbird so ergeben. Ich bin mit Sack und Pack umgezogen, mein Mann hat auch schon ein neues Arbeitszimmer.

Den haben Sie gleich mitumgezogen?
Ja, den hab ich mitumgezogen. Er ist freier Schriftsteller, daher spielt es für ihn keine Rolle, wo er arbeitet. Er ist Brasilianer und meinte, Stuttgart sei immerhin wärmer als München.

München ist eine der wichtigsten Kunststädte in Deutschland mit den großen Sammlungen der Pinakotheken. Wo ordnen sich Stuttgart und die Staatsgalerie in der Museumslandschaft Ihrer Ansicht nach ein?
Völlig klar, Berlin, Dresden und München sind die drei Champions-League-Spieler in Deutschland und rangieren weltweit mit Paris, London, New York, Washington an der Spitze, aber dann folgt die Bundesliga, und da spielt Stuttgart ganz vorne mit. Hamburg, Düsseldorf, Bremen, Köln, Kassel und eben Stuttgart, das sind die großen Häuser. Die früheren Direktoren Beye in Stuttgart und Schmalenbach in Düsseldorf haben in den prosperierenden Zeiten des Wirtschaftswunders und der Wohltaten der öffentlichen Hand zukunftsweisende Sammlungen aufgebaut. Gerade im Bereich der Klassischen Moderne liegt die Staatsgalerie ganz vorn.

Dennoch hatte die Staatsgalerie in den letzten Jahren ein Imageproblem. In der Stadt ist der Eindruck entstanden, dass sie hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Teilen Sie diesen Eindruck?
Ja. In den achtziger Jahren bin ich als Studentin der Kunstgeschichte nach Stuttgart gepilgert. Da spielte hier die Musik mit dem prägenden postmodernen Stirling-Bau und den ersten großen Publikumsausstellungen, die damals aufkamen. Aber man muss sehen, dass es seither immer mehr Museen gibt, alle müssen sich von dem großen Kuchen was abschneiden, während die Menge an Menschen, die sich für Kunst begeistern, zwar gewachsen ist, aber nicht in dem Maße, wie es mehr Museen und Ausstellungen gibt. Das ganze System ist heiß gelaufen. Wie viele Museen verträgt ein Land? Solchen Fragen muss man sich schon stellen. Dabei käme man zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass Konzentration auf die Ballungszentren erforderlich ist. Die Staatsgalerie ist zwar im Lauf der Zeit gewachsen, der Steibbau ist hinzugekommen, der Altbau wurde renoviert, aber dabei ist das Ganze etwas aus dem Blick geraten.