Exklusiv Der britische Schauspieler Daniel Radcliffe ist von Donnerstag an als verunsicherter junger Schriftsteller in dem Kinofilm „Kill your Darlings“ zu sehen. Im StZ-Interview spricht der Brite über seine Karriere nach Harry Potter, die Wahl seiner Rollen und seine allererste Sexszene – ausgerechnet mit einem Mann.

Stuttgart – - Zweieinhalb Jahre ist der letzte „Harry Potter“-Film her, aber wem beim Namen Daniel Radcliffe immer noch nichts als der Zauberlehrling einfällt, dürfte spätestens jetzt auf neue Gedanken kommen. Mit „Kill your Darlings“ entfernt sich der 24-Jährige weiter denn je von seinem Image als bravem Teeniestar. Im Debütfilm des Regisseurs John Krokidas spielt er den jungen Dichter Allen Ginsberg, der im New York der vierziger Jahre das Leben, die Liebe und die Kunst neu entdeckt, bevor ein Mord und eine fragwürdige Verteidigung seinen Freundeskreis erschüttern. Im Interview mit Patrick Heidmann spricht der Brite über die Wahl seiner Rollen und seine erste Sexszene mit einem Mann.
Herr Radcliffe, der Regisseur von „Kill your Darlings“, John Krokidas, schwärmt heute noch von Ihrem Vorsprechen. Was uns ein bisschen erstaunt, denn wir dachten, nach Harry Potter würden Sie nie wieder zu irgendeinem Casting müssen . . .
Genau das war aber der Grund, weswegen ich selbst unbedingt vorsprechen wollte. Denn wenn man mit etwas so Großem wie Harry Potter bekannt geworden ist, kann man leider nicht sicher sein, ob die Leute aus den richtigen Gründen an einem interessiert sind. Bei vielen Angeboten geht es nicht um mich als Schauspieler oder Person. Deswegen wollte ich von mir aus zu einem Casting und John zeigen, was ich tatsächlich kann. Er sollte mir die Rolle nur geben, wenn ich ihn wirklich überzeuge.
Klingt, als müssten Sie sehr genau sondieren, welche Angebote in Frage kommen.
In der Tat. Was ich auf jeden Fall vermeiden will – um meiner selbst genauso wie um meiner Fans Willen –, ist irgendwo mitzuspielen, nur damit jemand sagen kann, er habe Harry Potter in seinem Film. Natürlich ist mir bewusst, dass ich nach diesen Erfolgen die Möglichkeit habe, einem Projekt allein durch meinen Namen zu Aufmerksamkeit zu verhelfen. Aber ich will bei jedem Film sicher sein, dass das nicht der einzige Grund war, mich zu engagieren.
Wonach suchen Sie Ihre Rollen aus?
Da gibt es nicht die eine Faustregel. Aber natürlich habe ich ein gewisses Muster, das meinen Entscheidungen zugrunde liegt: wiederhol dich nicht, und arbeite mit Menschen, durch die du besser wirst. Außerdem hilft es, wenn ich die Leidenschaft eines Regisseurs für seinen Film spüre.
So wie bei Krokidas?
Genau. Der brannte für den Film, sonst hätte er sicher irgendwann hingeschmissen, wenn mal wieder kurz vor Drehbeginn die Finanzierung auf der Kippe stand. Als ich ihn mal gefragt habe, was ihn in solchen Momenten hat durchhalten lassen, war seine Antwort: Wut! Wut darauf, dass man 1944 einen schwulen Mann umbringen und davonkommen konnte mit der Begründung, er habe sich an einen rangemacht. Eigentlich ist „Kill your Darlings“ kein politischer Film. Aber wenn er doch politisch wird, dann hier. Nicht zuletzt wegen allem, was sich in den letzten Monaten in Russland geschehen ist, ist die ungerechte Behandlung von Nicht-Heterosexuellen ja leider wieder ein sehr zeitgemäßes Thema.