Exklusiv Was tun gegen die Totalüberwachung durch US-Spione? Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnt vor einer „Überwachungsspirale“. Er lenkt auch den Blick auf die Datengier von Google & Co.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Was tun gegen die Totalüberwachung durch US-Spione? Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnt vor einer „Überwachungsspirale“. Er lenkt auch den Blick auf die Datengier von Google & Co.

 
Herr Schaar, seit mehr als einem Jahr wissen wir, dass US-Geheimdienste uns umfassend überwachen. Wie bewerten Sie das Krisenmanagement der Bundesregierung?
Peter Schaar will die Instrumente zum Datenaustausch zwischen Deutschland und den USA korrigieren. Foto: dpa
Der Umgang mit den Erkenntnissen über die umfassende Überwachung war alles andere als überzeugend. Zunächst haben die für die Geheimdienste zuständigen Minister im Kanzleramt und im Innenressort, Pofalla und Friedrich, abgewiegelt. Selbst als renommierte Informatiker und auch die IT-Spezialisten der Bundesregierung kaum mehr Zweifel daran hatten, dass die weltweite Kommunikation durch die NSA und den britischen Geheimdienst ausgespäht wurde, versuchten sie weiterhin, die Angelegenheit auszusitzen und erklärten die Affäre für beendet. Schon damals war aber absehbar, dass dies nicht gelingen kann. Weder Herr Pofalla noch Herr Friedrich sind heute noch im Amt. Vielleicht hat das ja auch mit ihrem Agieren in der Snowden-Affäre zu tun.
Immerhin hat Angela Merkel den obersten CIA-Repräsentanten ausweisen lassen – ein Zeichen von Emanzipation?
Dass erst jetzt eine deutliche Reaktion erfolgt, ist natürlich enttäuschend, trotzdem werte ich es als positives Zeichen. Kritisch sehe ich es aber, dass von der Regierung offenbar nur das Abhören des Kanzlerinnen-Handys und der Ankauf von BND-Dokumenten zu deutlichen Worten geführt haben, nicht aber die massenhafte Ausspähung der Kommunikation. Ich halte es für geboten, die bestehenden und geplanten Instrumente zum Datenaustausch zwischen Europa und den USA zu korrigieren. So ist das Safe-Harbor-Abkommen, das eigentlich die Daten der EU-Bürger schützen soll, offensichtlich ein Einfallstor für die US-Behörden, denn sie greifen massenhaft Daten bei Unternehmen wie Google oder Facebook ab. Dasselbe gilt für amerikanische Cloud-Dienste, zu denen die US-Geheimdienste offenbar mehr als nur einen Nachschlüssel besitzen.
Die Kanzlerin sagt, sie verdanke Edward Snowden aufschlussreiche Informationen, könne ihm aber nicht aus Dankbarkeit Asyl gewähren. Was halten Sie davon?
Ich finde den Umgang der Bundesregierung mit Edward Snowden halbherzig. Es geht ja nicht allein darum, ob Snowden bei uns formell Asyl bekommt, sondern um die Frage, wie er einen gesicherten Aufenthaltsstatus bekommen kann und frei von Angst vor Abschiebung bei uns aussagen kann – vor dem Untersuchungsausschuss, aber auch gegenüber der Staatsanwaltschaft. Dafür gibt es durchaus Wege, denn seine Aussage liegt im deutschen Interesse. Einen Auslieferungs-Automatismus gegenüber den USA sehe ich nicht.