Der albanische Ministerpräsident Edi Rama besucht zwei Tage Baden-Württemberg. Er will um deutsche Investoren werben – und sagt im Gespräch mit der StZ, warum sein Land das Vertrauen Deutschlands und der EU verdient hat.

Stuttgart – - Albanien mit seinen gut 2,8 Millionen Einwohnern gilt als einer der ärmsten Staaten Europas. Sein Ministerpräsident Edi Rama besucht diesen Donnerstag und Freitag Baden-Württemberg. Im Interview stellt Rama Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption fest und sieht sein Land auf gutem Wege in die Europäische Union.
Herr Premierminister Rama, was ist der Grund Ihres zweitägigen Besuchs in Baden-Württemberg? In Tirana sieht man französische Supermärkte und ein Hochhaus der österreichischen Postbank – von der deutschen Wirtschaft ist aber wenig zu sehen. Wollen Sie Investoren anlocken?
Auf der Tagesordnung steht eine engere Zusammenarbeit mit Deutschland. Wir werden wichtige Politiker und Wirtschaftsführer treffen. Wir haben einige deutsche Investoren in Albanien, beispielsweise die Deutsche Telekom Energy, die uns eine Modernisierung unserer Energieversorgung angeboten hat sowie ihre Erfahrung in der Einführung sogenannter Smart-Meters, die den Stromverbrauch der privaten Haushalte messen. Wir sind überzeugt davon, dass Albanien ausländischen Investoren fantastische Chancen bietet: im Öl- und Gasgeschäft, im Tourismus, dem produzierenden Gewerbe sowie mit unseren Seehäfen.
Sie haben sich seit Ihrem Amtsantritt die Bekämpfung von Korruption und der Mafia auf Ihre Fahnen geschrieben. Ist das nicht ein Kampf gegen Windmühlen in Albanien?
Nein. Unsere Aufgabe besteht darin, starke Institutionen aufzubauen. Sie sind die Vorbedingung für einen modernen Staat, nur durch sie kann er immunisiert werden gegen die endemische Korruption und Bestechlichkeit. Wir haben schon kurzfristige Erfolge erzielt im Kampf gegen die illegale Drogenproduktion und den Drogenhandel. Wir bringen Recht und Ordnung in dieses Land. Die Fortschritte werden von der Europäischen Kommission auch anerkannt, und sie schlagen sich in ihren Berichten nieder.
Die albanische Polizei hat kürzlich ein Kokainlabor des Enkels von Enver Hodscha, dem früheren Diktator Albaniens, ausgehoben. Ist das ein Beleg für die Verquickung der politischen Elite mit dem Drogengeschäft?
Überhaupt nicht, dieser Fall hat keine politische Dimension. Der Enkelsohn von Enver Hodscha ist ein Nobody. Enver Hodscha, sein Regime und der Kommunismus sind längst Vergangenheit. Der Fall ist lediglich ein schlagender Beweis für unseren Willen, die Drogenkriminalität in Albanien zu bekämpfen.
Ihr Land hat seit Juni 2014 offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Was hat sich seither getan?
Dass wir den Kandidatenstatus erhielten, das ist das Resultat vieler Reformen. Wir machen Fortschritte im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und die Korruption und müssen da weitermachen, wenn wir die EU-Mitgliedschaft wollen. Wir haben schon vor drei Jahren ein Gesetz für die öffentliche Verwaltung verabschiedet, das müssen wir nun umsetzen. Wir haben eine Justizreform angepackt, auch sie werden wir im Herbst dieses Jahres umsetzen. Wir geben der EU auch die feste Garantie, dass wir die Roma in unserem Lande schützen und anständig behandeln.