Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster aus Lörrach will Änderungen am Leitantrag des Parteivorstandes durchsetzen, der beim Parteitag behandelt werden soll. Wie und warum erklärt er im Interview mit der StZ.

Berlin – Er widerspricht der Kanzlerin. Und will auf dem CDU-Parteitag für seine Position werben. Der Lörracher Bundestagsabgeordnete Armin Schuster macht sich für Grenzüberwachung stark.

 
Herr Schuster, warum profilieren Sie sich als „Wortführer gegen die Kanzlerin“? So hat eine überregionale Zeitung Sie dieser Tage tituliert.
Da ist vielleicht einem Ihrer Kollegen das Temperament ein bisschen durchgegangen (lacht). Ich bin kein Rebell oder Widerständler oder sonst was. Aber jemand, der 30 Jahre Erfahrung als Polizist und Grenzschützer nach Berlin mitbringt.
Und das führt dazu, dass Sie der Kanzlerin schon mehrmals in Fraktionssitzungen widersprochen haben?
Mir geht es um die Sache. Die Kanzlerin verweist darauf, dass es nicht gehe, die Grenzen dicht zu machen. An diesem Punkt – aber wirklich nur an diesem – widerspreche ich ihr. Es gab nur einen deutschen Staat, der die Grenzen dicht machte. Das war die DDR, die für mich als überzeugten Christdemokraten nun wahrlich kein Vorbild ist. Mir geht es nicht um „dicht machen“, sehr wohl aber um konsequente Grenzüberwachung. Das ist möglich – und zwar auch unter den Regeln des so genannten Schengenraums. Wir können unsere Grenzen kontrollieren, wenn wir das politisch wollen: Und ich bin dafür.
Warum?
Weil uns Paris gelehrt hat, dass sich Terroristen grenzüberschreitend bewegen. Ihre Reisetätigkeit ist ihre verwundbare Stelle, weshalb wir an Bahnhöfen und Flughäfen und Grenzregionen Fahndungsdruck brauchen. Und zum zweiten müssen wir die Kontrolle über die Einreise von Flüchtlingen zurückerlangen. Wir sollten Flüchtlinge nicht einfach ein- und durchreisen lassen, wie das leider andere europäische Staaten tun.
Und das wollen Sie mit Schlagbäumen erreichen?
Ganz und gar nicht. Ich habe lange Jahre an Grenzen verbracht – der zu Polen, zur tschechischen Republik und nach Frankreich. Ich liebe offene Grenzen. Als Schengen kam, tat ich mich als alter Schlagbaumfritze damit zunächst schwer. Das muss ich ganz offen sagen. Dabei ist Schengen hervorragend konstruiert.
Aha.
Das klingt erst mal seltsam, wenn ich das sage, ich weiß. Aber Schengen heißt ja nicht nur, dass die Außengrenzen der EU gesichert werden und innerhalb von Schengen niemand etwas tut. Das Gegenteil ist der Fall: Innerhalb des Schengenraums können die einzelnen Staaten Hinterland- und Schleierfahndungen durchführen. Das sind Maßnahmen, die polizeilich übrigens viel effektiver sind, als wenn irgendjemand stumpf an einem Schlagbaum herumsteht. Es gibt nur leider im praktischen Vollzug ein Problem.
Welches?
Die Maßnahmen, von denen ich sprach, werden kaum angewandt. Nicht nur die Außengrenzen sind schlecht gesichert, kaum ein EU-Land macht Schleierfahndungen, nur wenige beliefern die gemeinsamen Fahndungs- und Informationssysteme. Schengenland ist abgebrannt – und zwar übrigens schon länger, also lange bevor die Flüchtlingsfrage aufkam.
Wie könnte Schengen wieder aufleben?
Indem jedes EU-Land die erwähnten Maßnahmen umsetzt. Dann wird Schengen wieder das vorzügliche Abkommen, als das es vertraglich angelegt ist.
Im Entwurf des Leitantrags zum Flüchtlingsthema, den die CDU auf dem Parteitag berät, steht von Ihrer Position nichts.
Deshalb arbeite ich gemeinsam mit der Mittelstandsvereinigung und der Jungen Union daran, dass sich das noch ändert. Da reichen drei Sätze.
Wie lauten die?
Deutschland hat 2015 eine großartige humanitäre Leistung bei der Aufnahme vieler Flüchtlinge geschafft.
Jetzt kommt bestimmt ein „Aber“.
Nein, jetzt kommt ein „Und.“ Und damit Deutschland nicht überfordert wird und die Sicherheit wahrt, braucht es Grenzkontrollen, die Registrierung aller Flüchtlinge und schlussendlich die Renaissance von Schengen in allen EU-Staaten.
Was passiert, wenn die anderen EU-Länder das verweigern?
Dann ist Schengen endgültig tot. Darauf muss der Leitantrag hinweisen, damit alle wissen, was auf dem Spiel steht.
Gibt es für Ihre Position eine Mehrheit auf dem Parteitag?
Ich argumentiere in dieser Sache nicht nur deshalb so leidenschaftlich, weil ich Polizist bin. Sondern auch, weil ganz viele an der CDU-Basis und ganz viele Bürger so denken wie ich. Die CDU hat die Chance, das Anliegen aufzunehmen, das vielen auf den Nägeln brennt. Die Menschen werden sich der Partei zuwenden, die zugleich sozial und sicherheitspolitisch ausgewogen agiert.
Stehen Sie weiter hinter Kanzlerin Angela Merkel ?
Aber ja! Ich bin durch und durch loyal, was mir gerade dann leicht fällt, wenn vor einer Entscheidung offen debattiert wurde. Und das tue ich mit der Kanzlerin. Sie ist ja das Gegenteil einer Basta-Politikerin.