Jörg Hofrichter heißt der neue Chef des Schulamts in Göppingen. Seine Rolle sieht er keineswegs nur passiv. Bei all den Umbrüchen können wir uns nicht im Hintergrund halten“, sagt er im StZ-Interview.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)
Göppingen - - Zwei Monate nach der Verabschiedung von Hans-Jörg Polzer hat das Göppinger Schulamt einen neuen Leiter. Jörg Hofrichter ist 42 Jahre jung, selbst im Kreis zur Schule gegangen und könnte sich vorstellen, schon morgen wieder vor einer Klasse zu stehen.
Herr Hofrichter, Sie haben ausgerechnet in einer Ferienwoche Ihr neues Amt als Leiter des Göppinger Schulamts angetreten. Ist das für einen Lehrer nicht ein wenig ungewöhnlich?
Nachdem die Bestellung zum 15. Februar wirksam wurde, wollte ich auch so schnell wie möglich anfangen. So kann ich die Ferienwoche, in der noch nicht so viele Emails und Telefonate eingehen, nutzen, um mich einzuarbeiten.
Wieso haben Sie sich für den Posten beworben?
Ich habe in den vergangenen fünf Jahren, in denen ich beim Regierungspräsidium gearbeitet habe, auf unterschiedlichen Stellen viele interessante Eindrücke gesammelt und ganz neue Perspektiven gewonnen. Mir ist aber auch klar geworden, dass ich jetzt gerne wieder in die Praxis will. Ich möchte es mit echten Schulen zu tun haben.
Und mit echten Schülern? Sie waren ja sieben Jahre lang Sonderschullehrer.
Sie treffen da in der Tat einen wunden Punkt, an dem ich als Pädagoge auch immer wieder im Zwiespalt bin. Tatsächlich könnte ich mir vorstellen, mich morgen früh wieder in ein Klassenzimmer zu stellen. Mir macht aber diese Arbeit in der Schulverwaltung viel Freude.
Die Schullandschaft ist im Umbruch. Wie werden Sie die Rolle des Schulamtes dabei interpretieren? Werden Sie sich zurückhalten oder Ihre Meinung offen sagen?
Ich denke, als Schulamt kann man sich in diesen Fragen nicht im Hintergrund halten. Klar ist jedoch, dass die strukturelle Schulentwicklung der kommunalen Selbstbestimmung unterliegt. Unsere Aufgabe ist es, die Städte und Gemeinden zu begleiten, zu beraten und zu unterstützen. Mir ist dabei wichtig, weg von einem Denken in Schularten, hin zu einem Denken in Bildungsabschlüssen zu gelangen. Letztlich geht es darum, in allen Schularten den Kindern gerecht zu werden und ihnen einen adäquaten Abschluss und Anschluss ins Berufsleben zu bieten. Mit dem Netzwerk Schule-Wirtschaft sind wir im Bereich des Staatlichen Schulamts Göppingen übrigens schon vorbildlich aufgestellt.
Gerade an Realschulen geht die Angst um, hier könnte ein erfolgreicher Schultyp der Gemeinschaftsschule geopfert werden.
Um die Realschulen muss keiner Angst haben. Es ist für die Realschulen ja auch nichts fundamental Neues, wenn sie unterschiedliche Bildungsabschlüsse im Blick haben. Schon bisher werden die Schüler sowohl in großer Zahl an die duale Ausbildung , aber auch an Schulen mit weiterführenden Abschlüssen abgegeben.
Viele reden von Inklusion. Für die Förderschulen könnte dies das Aus bedeuten. Wie denken Sie als ehemaliger Sonderschullehrer darüber?
Sonderpädagogik hieß noch nie nur Schule, sondern immer auch Arbeit in vielfältigen und hochflexiblen Beratungs- und Unterstützungsangeboten. Die Eltern wünschen sich wohnortnahe sonderpädagogische Förderangebote für ihre Kinder und eine Integration in die Regelschulen. Sonderschulen werden dadurch nicht völlig unnötig, aber sie sind dabei, sich zu flexiblen sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren zu entwickeln.
Sie haben gemessen an Ihrem Alter bereits eine Vielzahl an Stationen in Ihrer beruflichen Vita. Wie lange bleiben Sie in Göppingen?
Da kann ich ganz klar sagen: Das Schulamt ist für mich ausdrücklich keine Durchgangsstation. Ich bin im Oberen Filstal aufgewachsen. Wenn ich morgens von Kirchheim, wo ich gegenwärtig wohne, nach Göppingen fahre und die Dreikaiserberge sehe, dann ist das ein bisschen wie heim kommen.