Exklusiv China macht Druck: Autobauer sollen die Preise senken und Zulieferer sollen in chinesische Partnerschaften gedrängt werden. Elring-Klinger-Chef Stefan Wolf ist aber auch in Sorge über die Lage in Brasilien und in Russland. Nur in den USA laufen die Geschäfte gut.

Interview - China macht Druck: Autobauer sollen die Preise senken und Zulieferer sollen in chinesische Partnerschaften gedrängt werden. Elring-Klinger-Chef Stefan Wolf ist aber auch in Sorge über die Lage in Brasilien und in Russland. Nur in den USA laufen die Geschäfte gut.
Herr Wolf, die Autoindustrie spürt heftig Gegenwind. China ermittelt wegen Preismanipulationen, Russland droht angeblich mit Importverbot. Sind Sie beunruhigt?
Die Konjunktur treibt mich schon sehr um. Die Bric-Länder waren einmal unsere große Hoffnung – also Brasilien, Russland, Indien und China. Brasilien steckt das Geld in die Megasportprojekte wie die Fußballweltmeisterschaft und die Olympischen Spiele 2016. Russland kommt in der Fahrzeugindustrie nicht wirklich voran. Auch Indien ist eine Enttäuschung. Es ist ein Land mit Potenzial, aber politisch schwierig, die Korruption blüht, und Gelder, die für die Infrastruktur gedacht waren, verschwinden.
Und im Wachstumsmarkt China drohen nun auch Turbulenzen.
Fakt ist: Das Wachstum in China ist nach wie vor auf hohem Niveau. Und es gibt die Ermittlungen wegen angeblicher Preismanipulationen. Aber mich treibt ein ganz anderes Thema um. Der chinesische Staat hat einigen Zulieferern vorgeschrieben, dass sie ihre chinesischen Töchter nicht mehr alleine betreiben dürfen, sondern künftig nur als Gemeinschaftsunternehmen. Ich weiß von drei größeren Zulieferfirmen, die sich nun einen chinesischen Partner suchen müssen. Elring-Klinger ist aber noch nicht betroffen.
Nur um das klarzustellen: Sie reden von Töchtern, die bisher komplett einem deutschen Konzern gehören?
Genau. Ich befürchte, dass dies zum System wird, und zwar in der Art, dass der chinesische Staat Schlüsseltechnologien definiert, und dass ausländische Firmen in diesen Branchen nur noch im Joint Venture aktiv werden dürfen. Wenn es so kommt, wäre das ein Angriff auf geistiges Eigentum. 50 Prozent der Firma werden einem weggenommen – es ist quasi eine Enteignung. Aus meiner Sicht wäre das ein Rückschritt. Früher war es so, dass man in China einen Joint-Venture-Partner brauchte. Aber das ist lange vorbei.
Erkennen Sie darin ein Muster?
Noch nicht so richtig. Betroffen sind Unternehmen in Schlüsseltechnologien – dazu zählt die Fahrzeugindustrie. Ich glaube, man versucht so, einen Rückstand bei Knowhow und Innovation auszugleichen. Wir haben sehr viel Knowhow in unsere 100-Prozent-Gesellschaften nach China transferiert.
Wie könnte die Partnersuche in der Praxis aussehen?
Es gibt noch keine klaren Aussagen über Ausgleichszahlungen oder Bewertungen. Das ist noch alles offen. Aber es wird massive Auswirkungen auf die Kapitalmärkte haben.
Inwiefern?
Ein 50-zu-50-Joint-Venture dürfen sie nicht mehr konsolidieren. Entweder sie müssen eine andere Konstruktion wie etwa einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wählen, oder der China-Umsatz taucht nicht mehr in der Bilanz auf.
Vermuten Sie einen Zusammenhang zu den laufenden Ermittlungen in Sachen Preismanipulation?
Ja. Der chinesische Staat merkt, dass sich die automobile Welt zu 50 Prozent in China abspielt, ohne dass die eigenen Hersteller entsprechend profitieren.
Spüren Sie in China bereits eine Verunsicherung der Kunden?
Elring-Klinger ist gut in China positioniert. Wir beliefern auch chinesische Fahrzeughersteller. Wir spüren keinerlei Verunsicherung. Und ich sehe auch keine Irritationen beim chinesischen Endkunden. Europäische Fahrzeuge gelten dort als wichtiges Statussymbol. Aber Chinesen sind auch anders gestrickt als Westeuropäer. Viele von ihnen sind völlig unpolitisch und stark auf ihren persönlichen wirtschaftlichen Vorteil gepolt. Ich halte es aber für fraglich, ob ein Staat, der per Verordnung den Fahrzeugkäufer auf ein anders Modell umlenken will, langfristig erfolgreich sein kann. Und geradezu kontraproduktiv ist, die Preise für Importautos und Ersatzteile zu drücken, wenn Chinesen doch eigene Produkte kaufen sollen. Eigentlich müsste man sie verteuern.
Und nun könnte Russland auch noch einen Importstopp verhängen.
Elring-Klinger dachte vor einigen Jahren mal über ein eigenes Werk in Russland nach. Ich bin froh, dass wir dies nicht gemacht haben. Das Werk wäre extrem unterausgelastet. Wir erzielen in Russland einen direkten Umsatz von etwa 2,5 Millionen Euro. Das produzieren wir hier und liefern es dorthin.
Künftig ja vielleicht nicht mehr.
Dann tun mir die 2,5 Millionen Euro auch nicht weh. Ein Importverbot für Neufahrzeuge dürfte aber stärkere Auswirkungen auf die Zulieferindustrie haben. Insgesamt sind die Mengen aber nicht riesig.
Aber es gilt als Zukunftsmarkt . . .
. . . der sich langsamer entwickelt, als alle gedacht haben.
Und dann gibt es noch die Baustelle Brasilien.
Brasilien ist ein schwieriger Markt. Wir bei Elring-Klinger haben mit einem Umsatzplus von vier Millionen Euro in diesem Jahr geplant und kommen jetzt mit einem Minus von zehn Millionen Euro raus. 2013 haben wir 54 Millionen Euro in Brasilien umgesetzt, in diesem Jahr werden es 44 Millionen Euro werden – bei einer akzeptablen Marge. Das liegt daran, dass wir gleich reagiert haben und rund 100 der 440 Stellen in der Produktion gestrichen haben.