Exklusiv Für Ökostrom sollte es keinen Festpreis, sondern eine Prämie als Aufschlag auf den Börsenpreis geben, sagt EnBW-Chef Mastiaux im StZ-Interview – sein Vorschlag zur Reform des EEG.

Stuttgart – - Bei der Energie Baden-Württemberg (EnBW) liegen nach den Worten von Vorstandschef Frank Mastiaux Milliardeninvestitionen in Offshore-Windenergie auf Eis, weil unklar ist, mit welcher Förderung erneuerbarer Energien künftig zu rechnen ist. Deshalb verlangt er nach der Wahl eine rasche Klärung der künftigen Rahmenbedingungen. Mastiaux will das entsprechende Gesetz, kurz EEG, nicht abschaffen, sondern reformieren. Sein Vorschlag: eine Prämie auf den Börsenpreis, so dass die Produzenten einen Anreiz haben, dann Strom zu liefern, wenn der Börsenpreis hoch ist. Mastiaux: „Das wäre ein Riesenschritt nach vorne und könnte helfen, einen Strompreisanstieg zu dämpfen.“

 
Herr Mastiaux, seit dem Beschluss der Energiewende 2011 ist der Strompreis für Endverbraucher um 14 Prozent gestiegen. Woran liegt das? Sind erneuerbare Energien so viel teurer, oder hapert es bei der Umsetzung?
Das lässt sich so einfach nicht beantworten. Auf der einen Seite ist die Energiewende natürlich nicht umsonst zu haben. Auf der anderen Seite hätte man sicher früher damit beginnen können, die erneuerbaren Energien an den Markt heranzuführen und die Förderung entsprechend anzupassen. Ich hoffe, das passiert zügig nach der Wahl.
Sind Sie optimistisch?
Ich glaube, dass das Thema auch in der Bevölkerung so intensiv diskutiert wird und die Erwartungen inzwischen so hoch sind, dass die kommende Bundesregierung das zur Priorität machen wird.
Was ist konkret zu tun?
Die künftigen Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft müssen dringend geklärt werden. Wie soll die Branche Investitionsentscheidungen treffen, wenn sie die Bedingungen dafür nicht kennt? Nehmen Sie den Bereich Offshore-Windenergie: Da liegen milliardenschwere Investitionen auf Eis – auch bei der EnBW –, vor allem weil bisher nicht entschieden ist, mit welcher Förderung zu rechnen ist.
Der BDI und die Monopolkommission schlagen Reformmodelle vor, bei der die regenerativen Technologien miteinander konkurrieren. Sind dem alle bereits gewachsen?
Bei den meisten ist das so. Ein Sonderfall ist definitiv die Offshore-Windkraft, weil wir uns da noch mitten in einer steilen Lernkurve befinden. Noch sind ja nicht viele Windenergieparks auf dem Meer errichtet worden. Aber die Branche ist nach zehn Jahren harter Arbeit und viel Lehrgeld immerhin an dem Punkt, diese wirklich schwierige Technologie langsam in den Griff zu bekommen. Wenn man die Früchte dieser Arbeit nun ernten will, muss man einen entsprechenden Förderrahmen schaffen. Tut man das nicht, wird das Geschäft sehr schnell zum Erliegen kommen. Wir reden pro Windpark von mehr als einer Milliarde Euro Investitionssumme.
Wie sehen die Vorschläge der EnBW zu einer EEG-Reform aus?
Man muss das EEG näher an den Markt bringen. Das Pferd zu wechseln und auf ein ganz anderes System zu setzen, halte ich für falsch, weil damit auch eine neue Lernkurve beginnen würde, die wir beim EEG schon hinter uns haben. Das Problem ist ja bis jetzt, dass der steigende Teil von Strom aus regenerativen Quellen den Preis an der Börse deutlich senkt. Sinkt aber der Börsenstrompreis, steigt automatisch die Differenz zur Einspeisevergütung – diese Differenz ist die EEG-Umlage. Wir schlagen stattdessen vor, dass die Erzeuger ihre Energie direkt vermarkten und eine Prämie auf den Börsenpreis erhalten, was die Technologien automatisch näher an den Markt heranführen würde. Das wäre ein Riesenschritt nach vorne und könnte helfen, einen Strompreisanstieg zu dämpfen.
Würden die Ökostromproduzenten auch dann Geld erhalten, wenn ihr Strom gerade gar nicht gebraucht wird?
Unser Vorschlag ist, jeder Anlage ein Mengenkontingent zuzuteilen. Dann wäre es automatisch unattraktiv, bei großem Angebot mit niedrigen oder gar negativen Börsenpreisen Strom zu liefern. Zur EEG-Reform muss aber noch eine Lösung für die Frage kommen, wie man mit konventionellen Kraftwerken künftig umgeht. Schließlich sind sie die Garanten der Versorgungssicherheit, und werden es auch auf längere Sicht bleiben, was bislang nicht hinreichend wirtschaftlich belohnt wird.
Wie stellen Sie sich die Entlohnung vor?
Wie das genau gestaltet wird, ist Sache der Politik. Aber Tatsache ist, dass das System wirtschaftlich aus den Fugen geraten ist, weil viele Kraftwerke nicht mehr kostendeckend betrieben werden können. Die Lage ist so dramatisch, dass die ersten Kraftwerke bereits stillgelegt werden. Wir haben im Augenblick kein Kapazitätsproblem in Deutschland – wir haben ein Wirtschaftlichkeitsproblem.
Was sollte passieren ?
Als erste Lösung haben wir das Modell einer strategischen Reserve vorgeschlagen. Damit würden wir erreichen, dass Altanlagen nach wie vor die Energieversorgung sichern würden.
Auch die EnBW will ja vier Kraftwerksblöcke abschalten. Sind weitere gefährdet?
Wir haben Anlagen, die von den 8760 Stunden eines Jahres nur 100 Stunden laufen. Das ist bei einem niedrigen Strompreisniveau wirtschaftlich für uns nicht durchzuhalten. Folglich überprüfen wir jeden einzelnen Standort und jedes Kraftwerk regelmäßig.