Der FDP-Fraktionschef Bernd Klingler spricht über die grüne Verkehrs- und Umweltpolitik, die Entwicklungen im Einzelhandel und die Eigenständigkeit der liberalen Ratsfraktion.

Stuttgart - Bernd Klinglers bekanntester Satz lautet: „Der Kofferraum ist der größte Einkaufskorb der Leute“. Damit konnte die FDP bei der Kommunalwahl aber nicht punkten und erreichte nur noch knapp Fraktionsstärke. Im StZ-Gespräch verteidigt der Fraktionschef seinen Einsatz für einen Mobilitätsmix und fordert, Haushaltsüberschüsse den Bürgern zurückzugeben.
Herr Klingler, bei der Kommunalwahl hat ihre Partei drei von sieben Ratsmandaten verloren. Bildlich gesprochen passt die neue FDP-Fraktion jetzt in einen Kofferraum. Mit ihrem Mantra für mehr Parkplätze haben Sie offenbar viele Wähler vergrault.
Das könnte man so sehen. Aber man muss vor allem berücksichtigen, dass wir gegen einen schlechten Bundestrend für die FDP anzukämpfen hatten. Ich würde das Ergebnis für die FDP so zusammenfassen, ohne irgendetwas schönreden zu wollen: Wir haben unser Minimalziel erreicht und größeren Schaden abwenden können. Wir sind nach dem FDP-Höhenflug 2009 jetzt wieder so stark wie vor zehn, 15 oder 20 Jahren. Das führe ich auch darauf zurück, dass wir manche Themen klar ansprechen und notfalls auch wiederholen, um unsere Position verständlich zu machen.
Mit welchen Themen wollen Sie in den nächsten fünf Jahren verhindern, dass die FDP-Fraktion in Stuttgart womöglich 2019 ganz von der politischen Bildfläche verschwindet?
Wir müssen im Stammland der Liberalen und in unserer Hochburg Stuttgart noch mehr als Kümmerer für die Interessen der Bürger wahrgenommen werden. Wir müssen uns beispielsweise noch mehr den Problemen und der Unterstützung des Einzelhandels widmen – etwa durch die Schaffung von mehr Parkplätzen und besserer Rahmenbedingungen für die Gewerbe- und Handelsvereine. Und wir müssen vor allem noch stärker als bisher den persönlichen Kontakt mit den Bürgern suchen.
Es gibt einen alten FDP-Witz: Treffen sich zwei Flugzeuge über dem Atlantik, in beiden sitzt der rastlose FDP-Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Über Sie heißt es auch, sie könnten auf drei Weinfesten gleichzeitig für die FDP werben. Wäre es nicht effektiver, im Gemeinderat mal bei einem Thema die Rolle des Leitwolfs zu übernehmen?
Beides ist wichtig. Die erste Wahlanalyse der Stadt zeigt ja, dass wir gut daran getan haben, uns vor Ort um die Belange der Menschen zu kümmern. Aber natürlich wollen wir auch eigene Themen setzen, wie wir das in der Vergangenheit getan haben.
Die FDP ist mit CDU und ADAC gemeinsam noch immer die größte Lobby für Autofahrer. Ist eine solche Politik in einer von Feinstaub geplagten Großstadt noch zeitgemäß?
Wir müssen aufhören, die verschiedenen Verkehrsmittel gegeneinander auszuspielen. Wir brauchen ein optimiertes Mobilitätskonzept, die Förderung moderner Technologien. Dabei dürfen weder die Automobilindustrie noch die Autofahrer den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen. Immerhin ist ein Großteil des Reichtums dieser Stadt der Automobilindustrie geschuldet. Mit Schikanen und Umerziehungsmaßnahmen wird die Feinstaubbelastung nicht geringer. Seit die Grünen in Stadt und Land regieren, gibt es vielmehr Rekordwerte bei der Luftbelastung. Das zeigt: mit Verboten kommt man nicht weiter.