Guido Buchwald führt als Interimstrainer die Stuttgarter Kickers am Samstag ins Spiel gegen das Liga-Schlusslicht Darmstadt. Allzu lange möchte Buchwald aber nicht Kickers-Trainer bleiben.

Sport: Joachim Klumpp (ump)
Stuttgart – Am Samstag um 14 Uhr wird es ernst. Der Interimscoach Guido Buchwald bestreitet sein Debüt bei den Stuttgarter Kickers gegen Darmstadt 98. Und er sagt: „Ein Sieg ist Pflicht.“
Herr Buchwald, bei Ihrem Trainingsauftakt am Montag haben wir die Medizinbälle vermisst.
Warum?

Weil man Sie guten Gewissens als den Felix Magath der dritten Liga bezeichnen kann. Trainer, Manager, Präsidiumsmitglied in Personalunion – mehr geht fast nicht.
Von den Funktionen her, einverstanden. Aber wir wollen natürlich Fußball spielen und nicht mit Medizinbällen.

Was macht Ihnen denn nach der ersten Trainingswoche mehr Spaß: die Arbeit auf dem Platz oder die am Schreibtisch, was ja eine eher trocken Materie ist?
Also mir macht es auf dem Platz viel Spaß. Zumal die Mannschaft unheimlich mitzieht. Und ich hoffe, dass sie die Dinge, die wir erarbeiten, im Spiel dann auch umsetzt. Ich musste jetzt eben die Verantwortung übernehmen, und tue ich das sehr gerne.

Wo haben Sie den Hebel angesetzt?
Die Mannschaft ist ja fit, keine Frage. Den Schwerpunkt setze ich deshalb im spieltechnischen und taktischen Bereich. Da möchte ich Dinge erarbeiten, die wir zuletzt falsch gemacht haben.

Zum Beispiel?
Ich will nach vorne einen schnelleren Spielfluss haben und schneller in den Strafraum kommen. Da möchte ich den Spielern Lösungswege anbieten, auch wenn die am Ende individuell gefunden werden müssen. Zuletzt waren Ansätze da, aber es hat nicht jeder immer gewusst, was der andere tut. Das versuche ich zu verbessern, auch wenn das in einer Woche schwer ist. Aber die Mannschaft ist unheimlich aufnahmefähig, von daher freue ich mich jetzt schon auf das Spiel gegen Darmstadt am Samstag.

Sind die neuen Wege nicht auch Kritik an Vorgänger Dirk Schuster. Und war es in der Konstellation vielleicht schwierig, wenn ein Guido Buchwald mit dem Trainerauge auf der Tribüne sitzt?
Ich habe immer gesagt, ich mische mich in die Aufstellung nicht ein, werde aber versuchen, meine Meinung mit der von Dirk Schuster auszutauschen. Teilweise haben wir uns kontrovers unterhalten, teilweise aber auch Übereinstimmung erzielt. Ein paar Dinge hat er aus seiner Sicht anders gemacht, aber Kritik würde ich das nicht nennen. Jeder Trainer hat irgendwo seine Vorstellung. Auch ein Joachim Löw hat sicher eine andere Denkweise als ein Jupp Heynckes, dennoch sind beide hervorragende Fachleute.

Unabhängig vom Taktischen kann man davon ausgehen, dass sich auch personell etwas ändern wird. Wenn wir sagen Tobias Rühle oder Marcos Alvarez haben bei Ihnen bessere Karten, liegt man damit wahrscheinlich nicht falsch?
Das stimmt – aber es ist nicht so, dass die Spieler aus dem zweiten Glied jetzt automatisch spielen, das wäre zu einfach. Ich erwarte im Training, dass sie sich anbieten. Genau so erwarte ich von den bisherigen Stammspielern, dass sie zeigen, dass sie Stammspieler bleiben wollen, dass sie der Bessere sind.

Bei den Torhütern wird es ja zwangläufig einen Wechsel geben. Das ist insofern fast tragisch, weil der verletzte Markus Krauss von Ihnen Rückendeckung bekam. Kommt nun wieder Daniel Wagner oder hat jetzt der lange verletzte Günay Güvenc vielleicht sogar seine Chance?
Das wäre auf jeden Fall eine Alternative. Er ist topfit und trainiert voll bei der Mannschaft mit. Deshalb werden die letzten Eindrücke entscheiden.

Sie sagen, der Kader sei stark genug für den Klassenverbleib. Dennoch scheint sich abzuzeichnen, dass man im Winter etwas tun wird. Wenn Sie jetzt im Präsidium mit dem Wunsch nach Verstärkungen kommen, ist die Chance größer, dass er erfüllt wird als unter dem Trainer Dirk Schuster.
Das glaube ich nicht. Wir waren mit ihm ja bereits im Austausch, den Kader zu verändern, also auch den einen oder anderen Spieler abzugeben – im Rahmen der Möglichkeiten. Aber ich denke, wir werden uns sicher verstärken, wobei ich von einem bis maximal zwei Spielern rede.

Welcher Mannschaftsteil genießt Priorität?
Schon der in der Vorwärtsbewegung, also in der Spitze oder im offensiven Mittelfeld, da möchte ich eine Alternative dazu holen. Aber das sind Dinge, die wir mit dem neuen Trainer absprechen sollten, der das mittragen muss.

Apropos neuer Trainer: Gab es denn schon Kontakte oder Gespräche?
Also, ich habe inzwischen knapp 60 Mails mit Angeboten bekommen. Das waren bestimmt zehn bis zwölf interessante dabei. Aber es bringt nichts, mit so vielen Leuten zu sprechen. Deshalb müssen wir im Präsidium die Zahl erst einmal in Ruhe eingrenzen, so dass wir uns mit drei, vier Kandidaten unterhalten. Und dann hoffe ich, dass wir uns schnell entscheiden.

Sie sagten der Trainer muss zu uns passen. Kann man das etwas konkretisieren?
Auf jeden Fall suchen wir keinen Feuerwehrmann, sondern eine längerfristige Lösung. Einen Konzepttrainer, der auch mit talentierten Spielern arbeitet und der die Konstellation im Verein kennt und weiß, dass wir die Jugend weiter aufbauen und fördern möchten. Da muss viel passen, auch das Finanzielle, wobei das Alter eine untergeordnete Rolle spielt .

Wenn die Stuttgarter Kickers gegen Darmstadt gewinnen und eine Erfolgsserie starten, würden Sie trotzdem ausschließen, dass Guido Buchwald über Weihnachten hinaus auf der Bank sitzt?
Ja – das würde ich ausschließen. Klar wäre der Druck dann da: Warum machst du nicht weiter? Aber ich sehe mich nicht als Trainer, Manager und Präsidiumsmitglied – und das alles ehrenamtlich. Aber ich habe im sportlichen Bereich die Kompetenz und auch die Trainerscheine, also das, was man braucht. Dankenswerterweise unterstützen mich Jürgen Hartmann und Frieder Schömezler und sagen: es geht nicht um Personen, es geht um die Kickers. Jetzt versuchen wir, alles daran zu setzen, um die Wende zu schaffen, damit wir im Winter nicht auf einem Abstiegsplatz stehen und der neue Trainer dann eine gesunde Basis vorfindet.

Bedeutet dies, dass der neue Mann auf jeden Fall erst nach den Spielen im Jahr 2012 seine Arbeit beginnt?
Nicht unbedingt, je früher desto besser. Wobei ich in der Übergangsphase noch mithelfen würde.

Sie spielen jetzt gegen Darmstadt. Dirk Schuster saß letzten Sonntag dort noch zur Spielbeobachtung auf der Tribüne. Auf dessen Erkenntnisse werden Sie kaum zurückgreifen können. Wie haben sie sich über den Gegner informiert?
Ich habe mir Videos besorgt, von den Partienm gegen Erfurt und Karlsruhe. Und ich stehe außerdem noch in Kontakt mit Leuten, die den Gegner schon beobachtet haben. Auf dieser Basis werde ich versuchen, die Mannschaft so gut wie möglich auf dieses Spiel vorzubereiten.

Ein Sieg ist Pflicht?
Ja. Wir spielen zuhause. Wir müssen aggressiv sein, nach vorne spielen – und Tore erzielen. Mit dem Publikum im Rücken müssen wir versuchen zu gewinnen. Wir sind besser als Darmstadt, das muss die M;annschaft verinnerlichen. Was spricht also dagegen zu gewinnen?