Die alten Kolonialmächte betreiben heute auch Kulturarbeit in Afrika . . .
. . . die Chinesen scheren sich keinen Deut um kulturelle und politische Verhältnisse. Es geht nur ums Geschäft. Und wenn die Chinesen ihre Haltung gegenüber Afrika nicht ändern, werden bald eine Menge Probleme auf sie zukommen.

Lassen Sie uns bei der Politik bleiben. Unsere Bundesregierung hat ein Institut für die „Evaluierung von Entwicklungspolitik“ eingerichtet. Die Hilfe für arme Länder wird immer skeptischer gesehen und deren Wirksamkeit angezweifelt.
Entwicklungshilfe muss man, glaube ich, differenziert betrachten. Zunächst gibt es die Hilfe bei Katastrophen, die unabdingbar ist und bleibt: Wenn ein Haus brennt, brauche ich Wasser, völlig egal, woher es kommt. Dann aber, dann hat Europa in der Entwicklungshilfe in der Tat viele Fehler gemacht. Vor allem: es hat nicht auf die Menschen gehört, die sie unterstützen wollten. Wir Europäer sind mit Koffern voller Antworten nach Afrika gekommen statt mit Koffern voller Fragen.

Aber man sollte den Menschen, denen man helfen will, auch vertrauen können . . .
Wenn wir über Korruption reden, und darüber reden wir jetzt ja wohl, möchte ich zunächst auf die merkwürdige Art hinweisen, in der das Thema in der westlichen Welt diskutiert wird. Für eine Bestechung braucht man immer zwei Hände. Wir aber sehen immer nur eine: die geöffnete afrikanische Hand der korrupten Staatschefs. Aber wo sind die korrupten Hände der europäischen, amerikanischen und chinesischen Staats- und Wirtschaftsmanager? Darüber redet man bei uns lieber nicht, am Ende könnte die Spur möglicherweise ja nach Stockholm oder sogar nach Stuttgart führen.

Sie unterstützen nach wie vor das Operndorf des verstorbenen Christoph Schlingensief in Burkina Faso. Wäre das ein Modell erfolgreicher Entwicklungshilfe?
Wenn Sie das Wort Entwicklungshilfe durch Zusammenarbeit ersetzen, dann ja. Christoph wollte nie europäische Kultur nach Afrika exportieren. Er wollte den Afrikanern Instrumente an die Hand geben, damit sie auf Augenhöhe mit uns zusammenarbeiten können, wenn sie wollen. Als mich Christoph, von der Krankheit gezeichnet, einmal in Maputo besucht hat, sagte er zu mir: Wenn ich sehe, was Du hier am Theater machst, weiß ich, dass auch ich auf dem richtigen Weg bin. – Ich vermisse Christoph sehr.

Herr Mankell, wie leben Sie denn in Maputo? In einer streng bewachten „gated community“ mit lauter Weißen?
Nein, nein. Mehr als zwanzig Jahre habe ich in kleinen, schlechten Wohnungen im Stadtzentrum gelebt, die mich auch krank gemacht haben. Asthma. Vor zwei Jahren habe ich mir dann ein Haus in den Außenbezirken zugelegt, wo jetzt auch Freunde von mir wohnen. Aber eine gated community käme für mich nie in Frage. Ich könnte mir das Wohnen dort leisten, klar, aber um welchen immateriellen Preis? Ich würde – als Luxusgeschöpf – den Kontakt zu den Menschen verlieren, die ich liebe.