Politik: Matthias Schiermeyer (ms)


Der Beschäftigungsaufbau ist gestoppt?
Wir haben in Baden-Württemberg mit 820 000 Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie nahezu den Stand von Juni 2008 erreicht. Dass sich ein Plus von 3,1 Prozent allein im Vorjahr nicht unbedingt in diesem Jahr fortsetzt, ist wenig überraschend. Insoweit werden wir ein Abflachen des Zuwachses haben, aber keinen Absturz.

Sind Leiharbeiter im größeren Umfang gefährdet?
Bei der Leiharbeit erleben wir einen Rückgang. Die Gründe sind vielfältig: Produktivitätszuwächse, Auftragsrückgänge, Restrukturierungen. Gerade Automobilhersteller wie Daimler und Audi bauen sie ab, übernehmen aber auch. Zudem sortiert sich der Leiharbeitsmarkt zügig neu: Die Branchenzuschläge wirken. Er spaltet sich auf in tariftreue Firmen und leider nicht wenige Arbeitgeber, die sich mit unsauberen Methoden am Markt zu halten versuchen. Teilweise werden wir eine Flucht in die Werkverträge erleben, doch insgesamt wird dieser Markt kleiner werden. Wegen des guten Arbeitsmarktes funktionieren die Billigstmaschen auch oft nicht mehr.

Sie wollen unabhängig von der Lohnrunde die Arbeitsbedingungen für ältere Beschäftigte verbessern. Südwestmetallchef Wolf bestreitet aber die Feststellung, dass es Leistungsverdichtung in den Betrieben gibt. Eine entsprechende IG-Metall-Umfrage hält er nicht für objektiv.
Deswegen wollen wir im Februar und März eine wissenschaftlich begleitete, groß angelegte Beschäftigtenbefragung machen. Ich lasse mich da gerne korrigieren, wenn etwas anderes herauskommen sollte als bei unserer Umfrage unter Betriebsräten. Die Arbeitgeber argumentieren, dass die Menschen schon später in Rente gehen. Das können wir nicht erkennen. Im Wesentlichen handelt es sich um eine größere Zahl von Kollegen in Altersteilzeit, die noch in einem Beschäftigungsverhältnis sind, aber trotzdem früher ausscheiden. Faktisch ist es heute für viele nicht möglich, bis zum Rentenalter zu arbeiten. Und wir sehen keinen Trend zu altersgerechten Arbeitsbedingungen. Umso wichtiger ist, dass wir jetzt keine Ventile öffnen, um die Unternehmen aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu entlassen...

...indem die Arbeitgeber den besonderen Kündigungsschutz und die Verdienstsicherung bei älteren Belegschaften lockern?
Diese Forderungen verstehe ich nicht – es sei denn, Südwestmetall möchte die Schleusen öffnen, um die Älteren besser aus dem Betrieb zu drängen oder sie zu Billigarbeitskräften zu machen.

Ist es für Sie ein Tabu, darüber zu reden?
Über den Kündigungsschutz und die Verdienstsicherung lohnt es sich nicht zu reden, weil die Debatte keine Antwort gibt auf die Frage, wie die Menschen länger im Betrieb bleiben können.