Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)
Ist die Verständigung zwischen den USA und Russland in der Chemiewaffenfrage, mit der Assad zum Einlenken und zum Abrüsten gebracht wurde, ein Schritt in eine bessere Zukunft?
Ein Schritt vielleicht. Aber wir dürfen nicht übersehen, dass Assad weiterhin über weitreichende Raketen und über biologische Waffen verfügt. Und wir wissen nicht, wie er reagiert, wenn er in die Enge getrieben wird, wenn Syrien zerfällt. Meiner Meinung nach kann es geschehen, dass es irgendwann kein Syrien mehr gibt. Zumindest kein Syrien, wie wir es seit 1920 kennen. Es könnten daraus zwei oder drei Staaten entstehen, die sich auf religiöser oder ethnischer Grundlage definieren. Kurden, Alawiten, Drusen. Dann stellt sich die Frage, was im Irak passiert und im Libanon. Ob es auch dort zu ähnlichen Zerfallsprozessen kommt.
Das würde bedeuten, es käme zu völlig neuen Grenzen in der Region?
Das könnte die Konsequenz sein.
Ist das Israels Albtraum?
Das ist es. Und das Frustrierende ist: man kann praktisch nichts dagegen tun. Dabei haben wir noch gar nicht über die Rache gesprochen, zu der es kommen wird, wenn der Krieg in Syrien vorbei ist. Es gibt in unserer Nachbarschaft zwar das Wort „Versöhnung“, aber sie wird nicht praktiziert. Hier gilt selbst nach demokratischen Wahlen die Devise: „The winner takes it all.“
Hat sich seit dem Amtsantritt von Präsident Rohani im Iran etwas zum Besseren verändert in diesem Konflikt?
Nein.
Sehen Sie die Chance, dass sich mit ihm etwas verändern wird?
Der Iran ist unter großem Druck. Die Sanktionen gegen das Land tun richtig weh. Neben diesem wirtschaftlichen Druck gibt es militärischen Druck. Die schiitische Idee ist in den Libanon und nach Syrien exportiert worden. Nun gibt es die Gefahr, dass der Iran diese beiden Fronten verliert. Dann könnte man auch den Irak verlieren, wo der Iran faktisch herrscht. Deswegen ist der Iran bereit, im Syrienkrieg sehr viel zu riskieren. Seit dem Amtsantritt von Rohani hat sich die Sprache verändert. Er spricht schön. Aber bei den Taten hat sich nichts geändert.
Gilt das auch für das Atomprogramm?
Natürlich. Auch da ist nur der Ton moderater, geändert hat sich gar nichts. Seitdem Rohani erlaubt wurde, Präsident zu sein, gibt es sogar zusätzliche Zentrifugen und Fortschritte beim Bau eines Schwerwasserreaktors. Solche Reaktoren erzeugen Plutonium – und für Plutonium gibt es keine friedliche Nutzung. Plutonium ist nur für eine Bombe gut.