Bei der Kommunalwahl in Stuttgart haben die Freien Wähler massive Verluste hinnehmen müssen. Fraktionschef Jürgen Zeeb sieht die Wählervereinigung aber nicht als Auslaufmodell. Man müsse jetzt allerdings auf das spezielle Stuttgarter Wahlverhalten reagieren.

Stuttgart – - Jürgen Zeeb hat seinen achten Wahlkampf als Stadtrat hinter sich – und musste trotz hoch gesteckter Ziele deutliche Verluste für seine Fraktion hinnehmen. Im StZ-Gespräch versucht sich der Architekt an einer Wahlanalyse – und gibt der Bahn bei S 21 Hausaufgaben auf.
Herr Zeeb, bei der Kommunalwahl im Mai hat Ihre Wählervereinigung massiv an Stimmen und Sitzen eingebüßt. Wohin ist Ihr klassisches Klientel – Selbstständige, Architekten und Wengerter – verschwunden?
Diese Frage haben wir uns natürlich selbst gestellt, zumal wir noch im Wahlkampf ein gutes Gefühl hatten. Die erste Analyse des Statistischen Amtes zeigt, dass viele Wähler von uns zur CDU abgewandert sind. Das ist historisch nachvollziehbar. Immer wenn die CDU wie bei dieser Wahl zugelegt hat, haben die Freien Wähler verloren und umgekehrt. Letzteres war etwa 2004 der Fall, als die CDU einbrach und unsere Fraktion von vier auf sechs Sitze gewachsen ist. Was wir uns noch nicht erklären können, ist, warum der Mittelstand, Freiberufler und Handwerker uns weniger gewählt haben.
Vielleicht haben die Wähler eben diesmal das Original der Kopie vorgezogen – sprich gleich die CDU gewählt.
Unsere Politik in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hat sich sicherlich teilweise mit den Zielen der CDU überschnitten. Aber gerade in den vergangenen zwei Wahlperioden haben wir unser soziales Profil geschärft und daran gearbeitet, nicht als Anhängsel der Christdemokraten wahrgenommen zu werden. Aber klar ist: Die CDU und wir kommen aus derselben Ecke, bei vielen Themen geht unsere Politik in die gleiche Richtung, das kann ich nicht verleugnen. Insofern verstehe ich den wertkonservativen Wähler auch, dem es in dieser Stadt und in diesem Land zu grün geworden ist – er hat seine Stimme eben der großen Volkspartei CDU gegeben.
Wer hat Sie dann überhaupt noch gewählt?
Wir wissen, dass viele unserer Wähler auf dem Wahlzettel kumuliert und panaschiert haben. Aber die komplette Liste der Freien Wähler wurde eben nur selten verwendet.
Beschleicht Sie manchmal die Angst, dass es Ihnen so ergehen könnte wie der FDP, die ja vom Wähler zumindest auf Bundesebene für überflüssig erachtet wurde?
Diese Sorge habe ich nicht. Wir sind im Land nach wie vor sehr präsent und werden als politische Kraft anerkannt. Ich glaube nicht, dass wir ein Auslaufmodell sind. Aber wir müssen jetzt auf das spezielle Stuttgarter Wahlverhalten reagieren.