Dafür wurden Verträge damals wenigstens noch eingehalten.

Absolut. Ich will zwar nicht abstreiten, dass die Spieler heute nicht mehr mit Herzblut für ihren Verein kicken, aber wir waren damals schon standhafter. Als mir 1968 der erste Manager des FC Bayern, Robert Schwan, ein Angebot machte, blieb ich beim VfB. Mit Horst Köppel und Gerhard Heinze hatten wir einige junge Spieler in den eigenen Reihen und ich dachte, dass wir mit dieser Mannschaft die Meisterschaft gewinnen könnten.

Wer war Ihr Idol auf dem Platz als Sie zum Profi wurden?

Idole, zu denen ich aufgeschaut habe, hatte ich eigentlich nie. Das Ziel war immer, Ihnen mal auf Augenhöhe begegnen zu können. Rolf Geiger, Erwin Waldner und Günther Sawitzki waren allesamt Spieler, die mir sehr weitergeholfen haben und denen ich mit großem Respekt begegnet bin. Ich musste auch alle siezen. Dass die jungen Spieler zu den älteren gehen und sagen „Jetzt wird’s Zeit, Alter, dass du gehst!“, das war damals unvorstellbar. Als Rolf Geiger mich das erste Mal bei den Profis sah, sagte er zu mir: „Bub, spiel noch fünf Jahre gut, dann ist die Bundesliga pleite.“ Eine Prognose, die nicht ganz zutreffen sollte.

Waren Derbys gegen den KSC damals das gleiche wie heute?

Die Rivalität war nicht so brutal wie heute. Es waren nette Derbys ohne gravierende Ausschreitungen. Aber wenn wir Auswärtsspiele hatten sind wir natürlich auch nicht mit offenen Armen empfangen worden. Ich erinnere mich: Wir mussten immer mit dem Bus durch eine Allee zum Stadion fahren – und da schlugen einem schon wüste Beschimpfungen entgegen. Schlägereien oder einen Angriff auf  unseren Bus gab es aber nie.

Und am Tag nach einem Bundesliga-Spiel ging es wieder zur Arbeit in den Betrieb?

In der Tat habe ich zu Beginn meiner Zeit als Spieler noch halbtags gearbeitet. Mein Chef hat mir viele Freiräume gegeben und kam nach jedem Spiel im Büro zu mir, um sich zu erkundigen, wie wir gespielt haben - im Fernsehen wurden ja damals nur ein bis zwei Minuten unserer Spiele gezeigt. Heute dagegen wird jedes Pokalspiel eines Amateurs im Fernsehen übertragen – am besten noch weltweit. Da haben sich die Verhältnisse extrem geändert.

Verändert haben sich auch die Verdienstmöglichkeiten in der Bundesliga. Konnte man sich als Profi damals auch schon eine goldene Nase verdienen?

Das konnten damals nur die Nationalspieler. Netzer, Beckenbauer und Overath, die hatten nach ihrer Zeit als Aktive ausgesorgt. Die Abstufungen im Gehalt zwischen Nationalspielern und einfachen Vereinsspielern waren damals sehr groß, heute dagegen verdient ein Mitläufer einfach zu viel. Gehaltsmäßig hat es bei uns damals bei 500 Mark Grundgehalt angefangen. 375 Mark gab es, wenn man nicht gespielt hat, hinzu kamen Spielprämien bei Erfolgen. Durch diese Bezahlung war aber auch das Verhältnis zu den Fans ein ganz anderes: Wir Spieler verdienten nicht sehr viel mehr als ein einfacher Angestellter oder Arbeiter. Von daher verstehe ich die Fans von heute, die dann schnell mal wütend werden. Man sieht einfach die Unsummen, die ein Spieler verdient und stellt sie ins Verhältnis zu seinem Auftreten auf dem Platz. Das stimmt manchmal vorne und hinten nicht.

Aber ein schönes Auto gehörte doch auch damals schon dazu.

Von wegen. Wir beim VfB mussten alle unsere Autos selbst kaufen. Als ich mir schließlich 1968 meinen ersten Mercedes kaufen wollte, fragte ich nach drei Prozent Rabatt für VfB-Spieler – nicht mal die wurden mir gewährt. Heute bekommen selbst 18-jährige Jungprofis schon einen AMG gestellt. Warum können die heute nicht wie der Klinsmann damals mit dem VW zum Training fahren? Was man aber auch sagen muss: Deutschland bildete in dieser Hinsicht noch lange eine Ausnahme. In Italien war es schon damals anders: Jeder italienische Profi musste einen Ferrari fahren, sonst war er kein Idol.

Wie haben Sie zwei Jahre nach Einführung der Bundesliga den Sprung in diese geschafft?

Ich wurde eigentlich von Anfang an auf Bundesliga getrimmt. Mein Vater spielte bei den Stuttgarter Kickers und hatte Ansprüche an mich. Ich habe beim VfB Reichenbach tagtäglich bis zu eine Stunde am Fußball-Pendel trainiert: Kopfbälle, Schlagtechnik – ich glaube heute arbeitet man gar nicht mehr mit diesen Pendeln. U-Mannschaften gab es damals noch nicht. Über die Württemberg-Auswahl bin ich dann so ins Profigeschäft reingerutscht.

Mit 19 wurden Sie relativ rasch zum Stammspieler beim VfB. Standen die Manager und Berater dann bei Ihnen vor der Tür?

Einen Berater hatte damals eigentlich niemand. Ich habe alle Verträge selbst ausgehandelt, der Einzige, der mir ein bisschen geholfen hat, war mein Vater. Eigentlich entschied aber alles der Verein -  auch bei einem Wechsel. Im Grunde war man Leibeigener des Vereins.

"Wir waren damals standhafter"

Dafür wurden Verträge damals wenigstens noch eingehalten.

Absolut. Ich will zwar nicht abstreiten, dass die Spieler heute nicht mehr mit Herzblut für ihren Verein kicken, aber wir waren damals schon standhafter. Als mir 1968 der erste Manager des FC Bayern, Robert Schwan, ein Angebot machte, blieb ich beim VfB. Mit Horst Köppel und Gerhard Heinze hatten wir einige junge Spieler in den eigenen Reihen und ich dachte, dass wir mit dieser Mannschaft die Meisterschaft gewinnen könnten.

Wer war Ihr Idol auf dem Platz als Sie zum Profi wurden?

Idole, zu denen ich aufgeschaut habe, hatte ich eigentlich nie. Das Ziel war immer, Ihnen mal auf Augenhöhe begegnen zu können. Rolf Geiger, Erwin Waldner und Günther Sawitzki waren allesamt Spieler, die mir sehr weitergeholfen haben und denen ich mit großem Respekt begegnet bin. Ich musste auch alle siezen. Dass die jungen Spieler zu den älteren gehen und sagen „Jetzt wird’s Zeit, Alter, dass du gehst!“, das war damals unvorstellbar. Als Rolf Geiger mich das erste Mal bei den Profis sah, sagte er zu mir: „Bub, spiel noch fünf Jahre gut, dann ist die Bundesliga pleite.“ Eine Prognose, die nicht ganz zutreffen sollte.

In Ihrer Stuttgarter Zeit spielten Sie auch zusammen mit Willi Entenmann. Einem der besten Spieler, mit dem sie damals auf dem Platz standen?

Er war ein Profi aus dem Effeff und bis zu seinem überraschenden Tod beim Langlauf im vergangenen Januar topfit.

Gibt es einen Spieler, der heute auf dem Platz steht, mit dem Sie sich und Ihre Spielweise damals vergleichen würden?

Ich denke, dass Rafael van der Vaart, wie er aktuell spielt, meiner Spielweise am ähnlichsten ist. Insgesamt gab es zu meiner Zeit noch viel mehr Spielmacher: Buffy Ettmayer und Wolfgang Overath waren große Zehner. Irgendwann wollte man aber keine Spielmacher mehr. Das war die große Zeit von Hans-Peter Briegel, der immer ohne Schienbeinschoner spielte. Er kam eigentlich aus dem Zehnkampf. Und er war ein richtiger Kämpfer – ohne jegliche Technik. Alle  nannten ihn „Die Dampflok aus der Pfalz“. Es hieß: „Wir brauchen keinen Handschuh, wir brauchen elf Briegels in der Startelf.“

Kann man Technik denn trainieren?

Briegel hat sicher Tag und Nacht trainiert und er wurde auch besser. Wenn man aber erst mit 20 anfängt, kann man nicht mehr so weit kommen. Was man dagegen mit acht Jahren lernt, verlernt man nie mehr. Technik und Talent allein reicht aber auch nicht. Weniger Talent und viel Ehrgeiz haben dagegen manchem Spieler schon zu einer Profikarriere verholfen.

Dafür gibt es heutzutage ja auch spezielle Techniktrainer.

Die Möglichkeiten heute sind klasse. Unser Trainergespann bestand aus Trainer, Co-Trainer und einem Physio. Kein Konditionstrainer, kein Techniktrainer - nichts.  Verletzungen können heute durch die gute Betreuung und Infrastruktur um einiges schneller auskuriert werden, wir mussten noch viel mehr Eigeninitiative zeigen. Der einzige Verein, der damals schon eine moderne medizinische Abteilung hatte, war der 1. FC Köln. Die hatten schon Entmüdungsbecken als wir in Stuttgart noch nicht einmal wussten, wie man das schreibt.