Das Land und die Stadt Karlsruhe haben eine grundlegende Sanierung des Badischen Staatstheaters inklusive Neubau eines Schauspielhauses beschlossen. Der Generalintendant Peter Spuhler erklärt, wie sich die Öffentlichkeit für so ein Vorhaben gewinnen lässt.

Stuttgart – - Theater zu lenken ist die eine Kunst, sie zu sanieren, erfordert genauso Talent, Weitsicht und organisatorisches Geschick. Peter Spuhler hat es als Intendant des Theaters in Heidelberg bewiesen, als sein Haus im Oktober 2006 von heute auf morgen aus Sicherheitsgründen geschlossen werden musste. Erst wurden Interimsspielstätten gesucht, gefunden und hergerichtet, dann gab es eine Debatte in der Stadt, ob das bestehende Theater saniert oder ein neues errichtet werden sollte. Schließlich entstand in Heidelberg eine Bürgerbewegung, die den Neubau von Bühne und Zuschauerraum unter Einbeziehung des Alten Saals als Foyerraum auch finanziell wesentlich unterstützte. An seiner neuen Wirkungsstätte in Karlsruhe steht Spuhler nun eine Generalsanierung bevor.
Herr Spuhler, Sie sind als Theatermann beinahe ein Experte im Bauen. In Stuttgart wird 2018 ein Opernintendant mit Lust genau darauf gesucht. Wenn die Träger klug sind, wenden die sich gleich an Sie. Wie wär’s?
Das haben Sie gesagt. (lacht) Tatsächlich begleitet mich das Thema beinahe zwanzig Jahre. Das gehörte immer zum Job bei meinen Stationen in Stendal, Rostock und Heidelberg.
Was gilt es bei Sanierung, Umbau und Neubau öffentlicher Theater grundsätzlich zu beachten?
Zunächst muss man sich über die Bedeutung so einer Aufgabe im Klaren sein: Man legt damit die Zukunft eines Theaters auf Jahrzehnte fest.
Wie lange befasst man sich denn in Karlsruhe mit Umbauplänen, wann werden Sie fertig sein?
Bei uns ging es 2009 los mit einem Baugutachten meines Vorgängers. Ich gehe bei uns von einem Zeitraum von elf Jahren aus: von der Entscheidung des Wettbewerbs kürzlich bis zur Fertigstellung. Also ich rechne mit einem Ende 2026/27.
Warum so lange?
Wir haben drei Module, die von 2018 an umgesetzt werden. Zunächst Neubau eines Schauspielhauses mit Kinder- und Jugendtheaterbühne sowie einer Werkstattbühne, dann folgen Orchesterprobenraum und Werkstätten, am Ende steht die Sanierung des Gesamthauses. Jeweils zweieinhalb bis drei Jahre sind dafür veranschlagt. Mit der Heidelberger Erfahrung möchte ich kostenbewusst mit den Ersatzspielstätten planen, deswegen zuerst der Neubau der Schauspielbühne. Ob wir für die Schließung der Opernbühne in eine andere Spielstätte oder in ein Zelt ausweichen, müssen wir sehen.
Wie sehr leidet die Kunst unter dem Bauen?
Als ich 2011 in Karlsruhe anfing, habe ich nicht gedacht, dass das noch mal auf mich zukommt. Deswegen habe ich schon geschluckt, als es hier losging, denn solche Baumaßnahmen überschatten das künstlerische Schaffen auf Jahre hin. Das ist eine Herausforderung nicht nur für die Leitung, sondern für alle Mitarbeiter und – nicht zu vergessen – die Zuschauer!
Gibt es eine positive Seite?
Mich interessiert sehr, wohin unsere Theaterlandschaft steuert. Wenn wir ein Theater umbauen oder neu bauen, dann bauen wir ein bisschen an dieser Zukunft mit. Das sollte nur jemand machen, der eine Vision hat, wie das Theater in dreißig, vierzig Jahren aussehen könnte. Das berührt vieles, von der Frage wie flexibel Spielstätten räumlich umzuwandeln sind bis zur Überlegung, wie und wo Vermittlung und Pädagogik stattfindet. Interessanterweise gab es eine eklatante Fehlannahme, als das Karlsruher Haus Anfang der siebziger Jahre gebaut wurde. Damals dachte man nämlich irrigerweise, dass die Oper als Sparte aussterben würde und veränderte die große Bühne so, dass sie später vom Schauspiel genutzt werden könnte. Entsprechend hat man den Eisernen Vorhang an der Vorderkante des Orchestergrabens aufsitzen lassen, die Drehbühne wurde in dieser Hinsicht konstruiert und so weiter. Dafür hatte man fürs Schauspiel ein Dauerprovisorium, eine Spielstätte ohne Seiten- und Hinterbühne, ohne Schnürboden und Versenkung.