Die niederländische Volleyballerin Kim Renkema spricht über ihren zweiten Anlauf beim Bundesligisten Allianz MTV und ihre neue Führungsolle. Am Mittwochabend beginnt für das Team die Saison beim amtierenden Meister in Dresden.

Stuttgart – - Der Volleyball-Bundesligist Allianz MTV Stuttgart hat in der vergangenen Saison als Neunter die schlechteste Platzierung seit seinem Aufstieg 2008 erreicht. Deshalb präsentiert sich die Mannschaft mit neun Zugängen in diesem Jahr runderneuert. Die niederländische Rückkehrerin Kim Renkema schmetterte bereits bis vor zwei Jahren in Stuttgart. Vor dem Auftaktspiel beim amtierenden Meister SC Dresden an diesem Mittwochabend (19.30 Uhr) ist die neue Kapitänin sicher: „Wenn wir so spielen wie in der Vorbereitung, dann können wir ganz viel erreichen.“
Frau Renkema, nach zwei Jahren in Italien sind Sie nach Deutschland zurückgekehrt. Warum?
In Stuttgart hatte ich damals eine sehr schöne Zeit, wir hatten zwei erfolgreiche Saisons, und ich war zwei Jahre lang wirklich gerne hier. Dann wollte ich aber unbedingt nach Italien, das war ein Traum von mir. Als der Manager Bernhard Lobmüller mich dann in diesem Jahr angerufen hat und sagte, dass wir mit einer ganz neuen Mannschaft in die Saison gehen, hatte ich wieder so richtig Bock. Es hat sich einfach gut angefühlt, nach Stuttgart zurückzukommen.
Haben Sie in Ihrer Zeit in Italien etwas „Deutsches“ vermisst?
Ja, die Organisation. Für die Sportlerinnen ist hier wirklich alles perfekt organisiert. Wir haben eine tolle Halle, und man kann sich voll und ganz auf Volleyball konzentrieren. Das habe ich vermisst. In Italien ist es manchmal etwas chaotisch und schwierig mit dem Geld – einfach eine ganz andere Kultur. Aber es hatte natürlich auch seine schönen Seiten. Doch für mich war es jetzt der richtige Zeitpunkt zu gehen. Ich habe immer schon gesagt, irgendwann möchte ich wieder in Stuttgart spielen.
Wie wird Allianz MTV Stuttgart im Ausland wahrgenommen?
Dadurch, dass der Club in den letzten beiden Jahren nicht europäisch gespielt hat, war es natürlich schwierig, den Verein kennenzulernen. Aber in Deutschland weiß jeder, was in Stuttgart möglich ist, und ich denke, hier ist noch viel mehr möglich. Wie das im Ausland gesehen wird, weiß ich nicht genau, aber jede Spielerin, die das hier sieht, wäre beeindruckt. Denn diese Bedingungen gibt es nicht oft im Volleyball. Für Sportler geht es eigentlich nicht viel besser.
Normalerweise sind Sie fester Bestandteil der niederländischen Nationalmannschaft, nur nicht in diesem Jahr. Was war los?
Vorletzte Saison habe ich noch in der Nationalmannschaft gespielt. In diesem Jahr habe ich mich allerdings entschieden, nicht zu spielen, weil ich eine schwierige Zeit mit meiner Familie hatte. Meine beiden Omas und Opas sind innerhalb von sechs Monaten gestorben. Da habe ich gespürt, dass es jetzt besser wäre, einen Sommer zu pausieren. Ob ich nächstes Jahr wieder spielen möchte, weiß ich noch nicht. Eigentlich entscheide ich das immer von Jahr zu Jahr.
Als Sie das erste Mal nach Stuttgart kamen, waren Sie 23 und der Verein Ihre erste Station im Ausland. Heute sind Sie mit 27 Jahren eine der erfahrensten Spielerinnen im Team Was bedeutet das für Sie?
Wir haben ein sehr junges Team und damit auch sehr viel Talent, sehr viel Energie und sehr viel Motivation in der Mannschaft. Für mich bedeutet das vor allem mehr Verantwortung, aber das macht mir Spaß. Im Gegensatz zu meinem ersten Jahr in Stuttgart fühlt es sich jetzt auch ganz anders an. Obwohl ich zurück bin, ist es wie in einem neuen Verein. Die Organisation ist zwar noch wie früher, und ich kenne die Halle, die Fans und den Manager, aber ansonsten ist es eine völlig neue Situation für mich, und das macht es so schön.
Der Verein hat nach dem enttäuschenden neunten Platz in der vergangenen Saison neun Neuzugänge aus sieben Nationen verpflichtet. Wie klappt da die Kommunikation im Team?
Wir sprechen alle Englisch. Natürlich braucht es dann am Anfang ein wenig Zeit, um eine Mannschaft zu werden. Aber so wie ich das sehe, haben wir das sehr schnell hinbekommen. Es läuft sehr gut, wir haben fast alle unsere Vorbereitungsspiele gewonnen. Die Mannschaft ist zwar noch sehr jung und braucht sicherlich noch Zeit, trotzdem kann man bisher nicht meckern. Es hätte niemand gedacht, dass die Vorbereitung so gut läuft, auch wenn ich es vielleicht gehofft habe.
Im ersten Spiel müssen Sie beim amtierenden Meister in Dresden antreten. Droht gleich die erste Niederlage?
Das ist kein leichter Auftakt. Aber ich spiele lieber das erste Spiel gegen Dresden als in drei Monaten. Denn am Anfang sind alle Mannschaften noch etwas unsicher, das ist ganz normal. Ich denke, wir hatten eine sehr gute Vorbereitung, so dass wir jetzt auf den Punkt fit sind. Dann ist es mir lieber, jetzt gegen diese Mannschaft zu spielen. Ich habe keine Angst vor Dresden. Im Gegenteil: mir macht es Spaß, gegen diese starken Teams zu spielen.
Haben Sie keine Angst vor einem Rückschlag gleich zu Saisonbeginn?
Nein, überhaupt nicht. Wir sind im Moment echt in der Lage, Dresden zu schlagen, und wenn nicht, dann ist es auch nicht so schlimm. Oder erwartet wirklich jemand, dass wir die Nummer eins in der deutschen Liga schlagen? Vielleicht klingt es einfacher, gegen ein schwächeres Team zu spielen. Aber dann ist der Druck viel höher, weil man eben gewinnen muss. So können wir einfach locker aufspielen und alles geben. Am Ende sehen wir dann, wie es ausgeht.
Sie sind mit 1,80 Meter eher klein für eine Außenangreiferin. Ist das ein Nachteil?
Ich bin mir nicht sicher, ob es etwas an der Leistung ändert. Aber es macht einen Unterschied, wie dich die Trainer anschauen. Ich springe vielleicht höher als eine Spielerin mit 1,82 oder 1,84 Meter. Aber immer mehr Trainer wollen unbedingt große Spielerinnen haben. Natürlich ist es manchmal ein Vorteil, wenn man lange Spielerinnen hat. Aber wir haben zum Beispiel eine sehr kleine Mannschaft und sind deshalb sehr schnell in der Abwehr.
Sie gelten als Frohnatur in der Mannschaft.
Volleyballspielen macht mir Spaß, und das versuche ich ins Training einzubringen. Eine unserer Stärken ist es, dass wir sowohl im Spiel als auch neben dem Platz eine gute Stimmung im Team haben. Das ist es, was unsere Mannschaft gerade so stark macht, und das ist das Wichtigste im Sport. Die Siege kommen dann von ganz alleine.
Worin sehen Sie konkret Ihre Aufgaben als Kapitänin?
Das sind vor allem organisatorische Dinge und die Führungsrolle auf dem Feld. Denn auch wenn es einmal schlecht läuft, muss man für das Team da sein. Das eigene Spiel kann dann gut oder schlecht sein, aber du bist immer auch für die Leistung des Teams verantwortlich. Das ist nicht einfach, aber ich glaube, dass ich jetzt das Alter und die Erfahrung habe, um das Team zu führen.
Was ist Ihr Ziel für diese Saison?
Wir wollen auf jeden Fall die Play-offs erreichen. Dann fängt alles wieder bei null an. Aber ich weiß noch nicht, wo wir stehen, weil ich die anderen Mannschaften nicht kenne. Die Siege in der Vorbereitung gegen Wiesbaden und Vilsbiburg geben uns aber schon einmal ein gutes Gefühl. In Deutschland ist die Liga sehr eng, jedes Team hat eingekauft, leicht wird es also nie werden. Ich denke, man kann jedes Spiel gewinnen oder verlieren. Deshalb ist es mir auch egal, gegen wen wir spielen. Wenn wir so spielen wie bisher, dann können wir ganz viel erreichen.