Der neue Vorstandschef Axel Nawrath bereitet die Landesregierung darauf vor, dass die Bank in Zeiten von Minizinsen nicht mehr so leistungsfähig ist wie bisher.

Stuttgart – - In Zeiten von Minizinsen, Stresstests, EU-Bankenabgabe und einem Überangebot an Mittelstandskrediten wird auch die landeseigene L-Bank vor neue Herausforderungen gestellt. Ihr neuer Vorstandsvorsitzender Axel Nawrath will zum einen die Förderangebote an die Bedürfnisse der Kunden besser anpassen. Zum anderen bereitet er die Landesregierung darauf vor, dass die L-Bank nicht mehr der Goldesel ist, der den Finanzbedarf des Landes ohne Murren befriedigt. Zwei Jahre, so sagt Nawrath, könne die Förderbank das jetzige Ertragsniveau auf jeden Fall halten. Brechen magerere Zeiten an, werden das Land und der Vorstand darüber diskutieren müssen, an welchen Stellen gespart werden muss.
Herr Nawrath, Sie sind von der sichersten Bank der Welt, der bundeseigenen KfW-Gruppe, zur viertsichersten Bank der Welt gewechselt. Macht Sie das nervös?
Nein, auf keinen Fall. Solange man unter den ersten fünf sichersten Banken ist, ist man ganz gut unterwegs.
Sie sind jetzt seit rund 100 Tagen im Amt. Welche Themen haben Sie schon angepackt? Und welche wollen Sie noch angehen?
Ich habe eine exzellent aufgestellte Bank vorgefunden. Aber natürlich muss eine Förderbank laufend überprüfen, ob ihre Programme noch zeitgemäß sind. Wir diskutieren gerade mit unseren Eigentümern, ob wir neue Felder belegen, etwa das Thema Ressourcen- und Materialeffizienz. Ziel wäre, die Unternehmen darin zu unterstützen nicht nur energiesparend zu produzieren, sondern auch die Material- und Ressourceneffizienz voranzubringen. Eine andere Idee ist ein neues Innovationskreditprodukt. Da haben wir eher die kleinen und mittleren Unternehmen im Auge. Außerdem wollen wir den Venture-Capital-Bereich, in dem die L-Bank erfolgreich unterwegs ist, erweitern. Darüber hinaus wollen wir unsere Angebote noch unbürokratischer gestalten. Für manche Programme müssen eine Fülle von Nachweisen erbracht werden – das kann abschreckend wirken.
Was stellen Sie sich unter Innovationskredit genau vor?
Da sind wir im Moment noch in der Abstimmung. Wir wollen aber auf jeden Fall ein attraktives Angebot für innovative mittelständische Unternehmen zur Finanzierung von Neu- und Weiterentwicklungen von Produkten, Produktionsprozessen und Dienstleistungen machen.
Was wollen Sie intern verändern?
Wir haben die Mitarbeiter gebeten, Vorschläge zu machen, was man in der Bank verändern kann – bei Produkten, bei Prozessen und in der Organisation. Wir haben 320 Vorschläge bekommen. Mit denen hat sich der Vorstand in einer zweitägigen Klausur auseinandergesetzt. Drei Viertel der Vorschläge fanden wir gut. Für manche Vorschläge brauchen wir zur Umsetzung natürlich den Verwaltungsrat, dem wir diese Ideen im November präsentieren werden. Andere erfordern noch Vorstandsentscheidungen.
Das Fördervolumen ist zuletzt gesunken, von 7,9 auf 7,4 Milliarden Euro. Wie kalkulieren Sie für dieses Jahr?
Da das Fördervolumen auch mit der Nachfrage zu tun hat, glaube ich nicht, dass es sich stark ändern wird. Wir werden uns auf bestimmten Feldern stärker fokussieren. Stimmt der Verwaltungsrat zu, werden wir den Strauß unserer Fördermaßnahmen erweitern können. Das Volumen allein sagt zudem nichts über die Qualität einer Förderbank aus.
Wie stark belastet die Niedrigzinsphase das Geschäft?
Auch eine Förderbank kann sich vom Kapitalmarktumfeld nicht entkoppeln. Unsere Möglichkeiten, Zinsen zu subventionieren, sinken. Wir werden in der Zukunft nicht mehr so viel Geld verdienen wie bisher. Hinzu kommen zusätzlich regulatorische Anforderungen an das Risikomanagement.
Noch ist die Eigenkapitalrendite der Bank zweistellig. Sie liegt bei fast zwölf Prozent. Ist die Zinsmarge immer noch so hoch, dass Sie solche Renditen erzielen können?
Unsere Geldanlagen sind sehr konservativ. Wir müssen allerdings unser Anlageportfolio im Rahmen der vom Verwaltungsrat verabschiedeten Risikostrategie etwas diversifizieren. Wenn die Bank ihr Geld nur in Bundes- oder Länderanleihen investiert, ist das nicht mehr ausreichend rentabel. Wenn wir bei unserer Eigenkapitalrendite noch fünf Prozent erreichen, dann sind wir schon sehr gut – wohlgemerkt, ohne in Kreditersatzgeschäfte oder in spekulative Investments zu gehen.
Verlangt das Land Einsparungen, damit das alte Ertragsniveau gehalten werden kann?
In den nächsten zwei Jahren werden wir nach jetziger Planung noch keine Probleme bekommen, aber wenn die Niedrigzinsphase weiter anhält, müssen sich die Eigentümer auf sinkende Erträge einstellen. Dann wird man sich mit dem Land darüber unterhalten müssen: Welchen Beitrag kann die Bank für ihren Eigentümer dauerhaft erwirtschaften?
Wo wird dann gekürzt werden? Bei der Ausschüttung ans Land oder bei den Leistungen der L-Bank für ihre Kunden?
Das entscheidet der Eigner. Es gibt mehrere Ansatzpunkte: Wir leisten ja auch direkt Beiträge an den Haushalt, etwa zum Straßenbau, und finanzieren Baden-Württemberg International mit. Für andere Leistungen für das Land, etwa die Auszahlung des Eltern- und des Betreuungsgeldes, erhalten wir derzeit vom Land nicht den kompletten Aufwand erstattet, in einigen Feldern erhalten wir gar keine Aufwandsentschädigung. Das halte ich schon für problematisch.
Wie hoch ist denn der Beitrag per saldo, den die L-Bank fürs Land leistet?
Im laufenden Jahr leisten wir circa 130 Millionen Euro. Als Basis mit dem Land vereinbart ist aber nur ein Betrag von 80 Millionen Euro.
Und diese 80 Millionen Euro können Sie noch über zwei Jahre halten?
Wie oben gesagt, nach jetziger Planung auf jeden Fall zwei Jahre. Danach wird es schon sehr viel schwieriger. Ich glaube, die Politik ist von der L-Bank immer sehr gut behandelt worden über die letzten Jahre. Ich habe noch kein Förderinstitut gesehen, das strukturell so viel für die Eigentümer leistet wie die L-Bank, Stichwort Sonderausschüttungen. Wenn man die Summen mal addiert, die vor 2010 regelmäßig entnommen worden sind, dann hätte die Bank eine Eigenkapitalquote von gut 17 Prozent. Das strebe ich auch an. Die Förderinstitute in Bayern und in Sachsen erreichen diese Größenordnung oder mehr. Die amtierende Landesregierung war sehr diszipliniert und hat keine Zusatzwünsche über den genannten Bankbeitrag von 80 Millionen Euro hinaus gehabt.
Befürchten Sie, dass die Begehrlichkeiten nach der Landtagswahl größer werden?
Nein, das befürchte ich nicht. Aber dass eine Diskussion um verfügbare Gelder geführt wird, ist normal – zumal 2020 die Schuldenbremse im Landeshaushalt kommt.
Sie sind Mitglied in der SPD. Erwarten Sie, dass es eine Diskussion geben wird über Ihre Person, sollte es zu einem Regierungswechsel kommen?
Da überfordern Sie mich. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich mache hier so gut ich kann meine Arbeit.
Hegen Sie noch einen Groll auf die FDP? Dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler wird zugeschrieben, dass er gegen eine Verlängerung Ihres Vorstandsvertrages bei der KfW votiert hat.
Groll ist für mich keine Kategorie, in der ich denke. Ich habe mich mit Hans-Ulrich Rülke, dem hiesigen Fraktionsvorsitzenden, kurz nach meiner Berufung getroffen. Wir hatten ein sehr angenehmes Gespräch. Ich habe auch Freunde in der FDP.
Es ist der erklärte Wille des Verwaltungsrates, eine Frau in den Vorstand zu berufen. Unterstützen Sie das?
Selbstverständlich kann ich Entscheidungen des Verwaltungsrates nicht vorweg nehmen. Ich glaube aber, dass es einer staatlichen Bank gut zu Gesicht stünde, auch eine Frau im Vorstand vertreten zu haben. Wir haben eine Frauenquote von 57 Prozent in der Bank. Wie überall wird aber der Frauenanteil nach oben schmaler. Auf Bereichsleiterebene kommen wir auf gut 30 Prozent. Erstmals hat der Vorstand jetzt ein Personalentwicklungskonzept beschlossen. Es geht darum, Frauen zu ermutigen, mehr Verantwortung zu übernehmen.
In der Vergangenheit gab es immer mal wieder Kritik an den doch recht üppigen Vorstandsgehältern. Laut Geschäftsbericht hat der vierköpfige Vorstand 2013 eine Gesamtvergütung von gut 1,8 Millionen Euro erhalten. Halten Sie das für angemessen?
Man darf die Diskussion um Vorstandsgehälter nicht holzschnittartig führen. Die L-Bank ist ein gesundes, ertragsstarkes Institut. Anders verhält es sich bei Sanierungsbanken. Bei unserem Geschäftsmodell ist es schwierig, sinnvolle Parameter für erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile zu definieren. Der Verwaltungsrat wird sich mit der Thematik demnächst beschäftigen.