Exklusiv Mahle-Chef Heinz Junker plant den Schulterschluss mit der neuen Tochter Behr. Im Ausland denkt er an den gemeinsamen Bau von Fabriken. Für fünf Werke gibt es schon Pläne. Sorge bereitet Junker die Auslastung des Werks Markgröningen.

Stuttgart - Am 1. Oktober hat Mahle die Regie bei dem Kühlerhersteller Behr übernommen; Mahle-Chef Heinz Junker ist dort jetzt Aufsichtsratschef. Beide Traditionsfirmen passen gut zusammen, sagt er im Interview. Sorge bereitet Junker die Auslastung des Werks Markgröningen.

 
Herr Junker, mit der Zustimmung der Kartellbehörden dürfen Sie die Tochter Behr seit 1. Oktober integrieren. Wie weit sind Sie?
Wir sind mittendrin. Bis Mitte 2014 werden wir das Corporate Design von Mahle in den Behr-Werken weltweit eingeführt haben. Das erwartet nicht nur der Markt, sondern das erwarten auch unsere Mitarbeiter. Das Behr-Logo wird dann als Produktmarkenname im freien Handelsgeschäft weiterverwendet werden. Aber die Umstellung des Corporate Designs ist ja nur eine von vielen Maßnahmen. Da gibt es aus meiner Sicht wichtigere Themen wie gemeinsamer Vertrieb und gemeinsamer Einkauf.
Hat ein Traditionsname wie Behr eine so geringe Bedeutung?
Der Markenname eines Zulieferers ist im Geschäft mit Autoherstellern nicht das wichtigste Kriterium. Aber abgesehen davon ist Mahle weltweit der bekanntere Name und über den Namen Mahle wird es uns gelingen, Behr weltweit voranzubringen – auch dort, wo Behr sich in der Vergangenheit eher schwergetan hat. Dies gilt etwa für viele asiatische Länder, wo Mahle schon seit vielen Jahren erfolgreich unterwegs ist. Ich glaube, mit der Umfirmierung tun wir Behr etwas Gutes.
Wie wollen Sie Behr in Asien voranbringen?
Behr ist beispielsweise in China mit zwei 50:50-Joint-Ventures vertreten. Es gibt ein Gemeinschaftsunternehmen mit Saic für den Pkw-Bereich und eines mit Dongfeng für den Nfz-Bereich. Daran können wir nichts ändern. Mahle hat in China einen anderen Weg beschritten – und ohne lokalen Partner eigene Landesgesellschaften gegründet. Aus unserer Sicht war dieser Weg der bessere, aber das war für Behr damals nicht möglich.
Gehen Behr und Mahle also weiter getrennte Wege in China?
Der Behr-Vertrieb in China läuft über die Joint-Venture-Firmen, in denen Behr ja ein gleichgewichtiges Mitspracherecht hat. Aber Asien besteht ja nicht nur aus China.
Sondern?
Auch Länder wie Thailand, Indonesien oder Korea haben große Autoindustrien. In all diesen Ländern ist Mahle mit eigenen Werken vertreten. Wir streben dort sogenannte Zebra-Werke an, also Fabriken, die verschiedene Geschäftsbereiche beheimaten – und Behr kann sich damit bei Mahle einklinken. Der Vorteil ist, dass die Infrastruktur gemeinsam genutzt werden kann. Darüber hinaus gibt es das eine oder andere Land, in dem wir höhere Kapazitäten brauchen – wie beispielsweise in Mexiko. Dort gibt es Überlegungen, neue Produktionswerke zu bauen. Diese neuen Standorte werden von vorneherein für Mahle und Behr gemeinsam geplant.
Über wie viele Werke reden wir insgesamt?
Im Augenblick sind fünf weitere gemeinsame Produktionen konkret in der Planung.
Passt die Produktion beider Unternehmen denn überhaupt zusammen?
Sie passen besser zusammen, als viele denken. So läuft die Fertigung einer großen Klimaanlage von Behr auf derselben Anlage wie ein Ansaugmodul von Mahle. Beides sind Spritzgussteile. Auch ansonsten passen beide Unternehmen gut zusammen. In jeder Klimaanlage ist beispielsweise ein Innenraumfilter, den Mahle macht. Nächstes Thema ist die Abgasrückführung – Behr macht den Kühler, Mahle entwickelt die Ventile dafür. Die integrierte Ladeluftkühlung bei Turbomotoren ist ein weiteres Beispiel.
Können Sie Ihre Pläne denn ungestört verwirklichen? Mahle hat mit 51 Prozent eine knappe Mehrheit an Behr, den Rest hält die Familie. Sie kann Sie damit blockieren.
Im Integrationsvertrag ist die volle Integration von Behr in Mahle klar geregelt. Damit gibt es keine Blockadehaltung. Die Behr-Familie hat mittlerweile großes Vertrauen ins Management. Im Behr-Aufsichtsrat hat es seit Abschluss des Integrationsvertrags noch nie einen Disput gegeben. Im Gegenteil, da wird sehr konstruktiv miteinander diskutiert. Bisher wurden alle Beschlüsse einstimmig gefasst.
Mahle als Stiftungsunternehmen investiert einen großen Teil der Gewinne wieder. Und wenn die Familie Behr nun auf Ausschüttung dringt?
Da frage ich Sie – warum? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Familie Geld aus dem Unternehmen rausziehen will; es ist gut angelegtes Kapital. Eine bessere Anlage kann ich mir kaum vorstellen. Alle Gesellschafter haben da dieselben Interessen.
Dann steht einem Umsatzschub ja nichts mehr im Wege.
Hoffentlich. Sie erfahren von mir aber keine Zahl. Ich habe Probleme mit Visionen über fünf oder zehn Jahre.