Wenn der Gemeinderat seine Meinung am Freitag nicht ändert, dann können sich die Stuttgarter Theater freuen. Sie erhalten mehr Zuschüsse. Nur für die Schauspielbühnen in Stuttgart sind keine Erhöhungen vorgesehen – was Intendant Manfred Langner hart trifft.

Kultur: Adrienne Braun (adr)
Stuttgart – - Wenn der Stuttgarter Gemeinderat bei seiner Lesung am Freitag dabei bleibt, was er bei der zweiten Lesung verkündet hat, dann können sich die Stuttgarter Theater freuen. Sie erhalten mehr Zuschüsse. Nur für die Schauspielbühnen in Stuttgart sind keine Erhöhungen vorgesehen – was den Intendanten Manfred Langner und sein Team hart trifft.
Herr Langner, die Schauspielbühnen sollen als einziges Theater in der Stadt keine Etaterhöhung erhalten. Das ist vermutlich ein Schlag für Sie?
Das ist ein ziemlicher Schlag für uns, das kann man so sagen. Wir hatten schon damit gerechnet, dass wir wegen unseres strukturellen Defizits eine Zuschusserhöhung bekommen, die wir dringend brauchen.
Sie hatten fest mit der Zusage gerechnet?
Man kann nie davon ausgehen, dass so etwas hundertprozentig klappt. Aber wir hatten schon gehofft, dass die Gemeinderäte erkennen, dass wir ein Problem haben. Das ist ja nichts, was die Schauspielbühnen selbst verschuldet haben, sondern ein grundlegendes strukturelles Problem. Die Kulturverwaltung hat es ja auch als solches aufgezeigt. Wir hatten die Hoffnung, dass uns geholfen wird.
Was meint strukturell denn genau?
Strukturell heißt: Auch wenn man noch so erfolgreich ist – und wir sind ja erfolgreich mit unseren über 200 000 Zuschauern und liegen bundesweit weit vorne – und auch wenn man noch so sparsam wirtschaftet, schafft man es nicht, die Kosten zu decken. Wenn man ein Defizit vermeiden will, muss man von der Substanz leben. Da werden Investitionen aufgeschoben, da werden Löhne, die viel zu niedrig sind, nicht erhöht. Trotzdem ist irgendwann ein Punkt erreicht, wo es nicht mehr geht.
Wie erklären Sie es sich, dass der Gemeinderat das nicht so sieht?
Mir steht da kein Urteil zu. Ich möchte auch nicht, dass der Eindruck entsteht, dass die anderen Institutionen das nicht ebenfalls dringend brauchen. Ich kann nur für unser Haus sprechen und sagen: Wir haben Probleme, die ein solcher Betrieb eben hat – mit einem relativ großen Mitarbeiterstamm und all den Dingen von der bühnentechnischen Wartung bis zu den Tantiemen. Selbst wenn man noch so erfolgreich ist, braucht man Unterstützung.
Es gab immer wieder Diskussionen, ob ein Komödienhaus öffentliche Mittel bekommen sollte. Liegt es vielleicht daran?
Das glaube ich nicht. Ich glaube, es ist allgemein anerkannt, dass hier ein ganz wichtiger Beitrag geleistet wird. Wir versuchen auch etwas für das Volkstheater zu tun, die Mundart zu pflegen. Wir haben da eine wesentliche Aufgabe.
Haben Sie vielleicht nicht genug antichambriert bei Politik und Verwaltung?
Das weiß ich nicht, Antichambrieren ist auch nicht so meine Sache. Aber wir haben den Fraktionen geschrieben, und im Beirat sind die politischen Fraktionen ja auch vertreten. Wir haben sehr deutlich gemacht, wo die Probleme sind, aber offensichtlich werden die Prioritäten anders gesetzt.
Was heißt das in der Konsequenz für die Schauspielbühnen?
Die Einnahmen weiter zu steigern ist kaum möglich bei der Auslastung, die wir haben. Das Haus ist eben so groß wie es ist. Bei den Kosten der laufenden Programme und bei der Qualität wollen wir nicht sparen. Also muss man nachdenken, ob es das Theater unterm Dach auch weiterhin geben wird oder das International Theatre. Und was mich besonders schmerzt: das tolle theaterpädagogische Programm, das wir in Förderschulen machen, steht natürlich auch zur Disposition. Wir können nicht streichen, wo wir Einnahmen erzielen, sondern müssen das streichen, was nichts einbringt.
Sie verkaufen schon jetzt erfolgreich Ihre Produktionen in andere Städte. Lässt sich das noch ausbauen?
Wir vertreiben unsere Vorstellungen weiter, das funktioniert schon in einem guten Umfang. Aber das hat auch Grenzen, es darf unser Konzept und unseren Spielplan nicht tangieren. Im Wesentlichen produzieren wir für die Stadt. Wenn wir etwas noch verkaufen können, ist es schön. Aber wir können nicht für andere Städte produzieren, nur um Kosten zu sparen.
Also warten Sie auf den nächsten Haushalt?
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass vielleicht doch noch ein Umdenken einkehrt. Ich bin ein Optimist.