Die Schauspielerin Meryl Streep berichtet im Interview mit der Stuttgarter Zeitung von den Dreharbeiten mit ihrer Tochter und erklärt, warum sie nicht gerne über ihre Preise spricht.

Stuttgart - Meryl Streep ist eine Leinwandikone und schon zu Lebzeiten eine Kinolegende. In ihrem neuen Film „Ricki – Wie Familie so ist“ (ab Donnerstag im Kino) spielt sie eine in die Jahre gekommene Rockerin, die für ihren Traum vom Musikerleben ihre Familie verlassen hat und sich nun wieder mit ihr zusammen raufen muss. Streeps Tochter im Film wird von ihrer realen Tochter Mamie gespielt. Es ist ihr erster gemeinsamer Auftritt seit „Sodbrennen“ (1986) – damals war Mamie allerdings erst 20 Monate alt.
Miss Streep, wenn Sie zusammen mit Ihrer Tochter spielen, sind Sie dann eher besorgte Mutter oder Kollegin?
Ich habe mir schon darüber Gedanken gemacht, wie meine Tochter mit der Situation umgehen würde. Denn für sie war das bestimmt nicht einfach. Aber sie hat das ganz großartig gemeistert. Ich bin sehr stolz auf sie. Ich vergesse natürlich nie, dass sie meine Tochter ist. Aber irgendwann fühlte es sich so an, als ob wir Kolleginnen sind. Und das war ein schönes Gefühl.
Gab es einen Trick, um das Mutter-Tochter-Verhältnis vor der Kamera auszublenden?
Wir haben in den Pausen nicht miteinander gesprochen. Sonst wäre die Spannung weg gewesen.
Fiel es ihnen schwer, eine Rockmusikerin zu verkörpern?
Ich bin ja in dieser Geschichte keine erfolgreiche Rockmusikerin. Diese Frau spielt seit Jahren sehr leidenschaftlich, aber immer in derselben Bar. Als Musikerin ist sie eher mittelmäßig und deswegen wird man meine Bühnenauftritte etwas gnädiger betrachten. Als ich das Drehbuch gelesen habe, musste ich trotz aller Tragik viel lachen. Es ist eine ehrliche Rolle mit viel Humor.
Sie haben Ihre Songs live auf der Bühne vor Publikum gespielt. Hat das ihnen Lust gemacht auf mehr?
Ich glaube, ich könnte das nicht, wenn ich keine Rolle spielen würde.
Warum nicht?
Ich stehe nicht gerne auf der Bühne, wenn ich Meryl bin, also ich selbst. Dann werde ich richtig nervös und ich spreche mit hoher Stimme.
Das kann man sich kaum vorstellen.
Ich weiß auch nicht genau, woran es liegt. Aber wenn ich eine Rolle spiele, dann kriege ich beinahe alles hin. Und ich habe ja auch schon verschiedene Sache in Filmen gesungen. „Ricki“ klingt auch kein bisschen wie die Hexe, die ich in „Into the Woods“ gespielt habe. In der Rolle habe ich kein Problem, zu singen. Aber ohne die Rolle? Da fühle ich mich plötzlich wieder, als wäre ich zwölf und in der achten Klasse. Da musste ich nämlich etwas vorsingen.
Ein traumatisches Erlebnis?
Ich erinnere mich noch gut daran. Ich sollte „Summertime“ singen. Und ich piepste den Song mit hoher Stimme. Dabei zitterte mir so sehr die Oberlippe, dass ich ein Vibrato hatte. Meine Lippen bewegten sich ganz merkwürdig. Ich hatte sie nicht mehr unter Kontrolle, weil ich dermaßen nervös war. Wenn ich heute auf eine Bühne gebeten werde, fühle ich sofort wieder, was ich damals gefühlt habe. Ich werde häufig gefragt, ob ich für eine Benefiz-Veranstaltung singe. Und das lehne ich immer kategorisch ab. Das würde ich nicht schaffen.
Sie haben auch als Teenager nie davon geträumt, Rockstar zu werden?
Nein. In der High School hatte ich allerdings ein paar Auftritte mit einer Band. Da hatte ich nicht die volle Aufmerksamkeit, weil sich ja keiner so richtig für mich interessierte. Aber ich habe mir nie Illusionen gemacht.
Was für Musik hat Ihre Band gespielt?
Motown-Soul. Und den Zuschauern hat es sehr gut gefallen – allen dreizehn Menschen, die uns zusahen (lacht).
Für den Film haben Sie sogar gelernt, Rockgitarre zu spielen.
Ich habe Unterricht genommen. Eigentlich hatte ich viel zu wenig Zeit. Aber die Band war sehr geduldig mit mir. Nach einer Woche kam dann der Moment, in dem wir zum ersten Mal wie eine richtige Band klangen. Dann ist es wie beim Golf. Wenn Du den Ball einmal richtig gut getroffen hast, dann hast du es für immer drauf.
Wie lange haben Sie geübt?
Drei Monate. Ich habe mit der akustischen Gitarre angefangen und mich nach vier Wochen an die elektrische gewagt. Ich hatte aber auch geniale Lehrer: Larry Saltzman in New York und Neil Citron, ein fantastischer Musiker aus Los Angeles, der mir all die Tricks beigebracht hat, die nur Rockmusiker kennen. Ich habe jeden Tag geübt.