Der Chef der OSZE-Wahlbeobachter, Michael Link, kritisiert, dass bei den Präsidentschaftswahlen aktuellen und ehemaligen Häftlingen der Weg an die Urne versperrt ist. Mehr als 300 Beobachter der OSZE sind zum Teil schon vor Ort.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Seit Wochen sind die Wahlbeobachter der OSZE in den USA im Einsatz. Nicht alles, was sie dort sehen ist gut, sagt deren Chef Michael Link. Anzeichen für Manipulationen gebe es aber nicht.

 
Herr Link, in den USA erklärt Donald Trump die Wahlen schon jetzt für manipuliert, sollte er nicht US-Präsident werden. Schicken Sie deswegen OSZE-Beobachter?
Das ist definitiv nicht der Grund. Die US-Regierung hat uns eingeladen, im Übrigen nicht zum ersten Mal. Die USA sind eine der größten und ältesten Demokratien der Welt, dort ist über Jahrhunderte ein besonders fragmentiertes und kompliziert organisiertes Wahlsystem entstanden. Hier kann internationale Wahlbeobachtung mit dem Blick von außen helfen, konkrete Verbesserungsvorschläge zu machen. Dies machen wir nebenbei erwähnt auch in zahlreichen anderen entwickelten Demokratien.
Was ist so kompliziert am amerikanischen System?
Es gibt 50 Bundesstaaten und keine nationale Wahlkommission. Die Registrierung, der Wahlvorgang, die Auszählung und die Aufsicht – dafür gibt es in jedem Bundesstaat andere Regeln. Zum Teil sehr unterschiedliche. Insgesamt gibt es 175 000 Wahllokale, wir schicken mehr als 300 Kurz- und Langzeitbeobachter. Da kann man natürlich nur Stichproben machen. Auch wenn die Langzeitbeobachter rund acht Wochen im Land bleiben.

Es fehlt an einem zentralen Wahlregister

Diese Beobachter sind schon vor Ort. Was haben sie bisher zu berichten?
Es gibt Schwierigkeiten, die wir in unserem heute veröffentlichten Zwischenbericht auch erwähnen. So gibt es zum Beispiel kein zentrales Wahlregister, Vertreter von Minderheiten sind indes oft gar nicht erst registriert. Das ist ein Problem. Man muss aber klar sagen: Das ist keine von einer politischen Kraft betriebene Manipulation.
Ist es das einzige Problem?
Nein. Eine weitere Herausforderung am Wahlsystem ist die Tatsache, dass in zahlreichen Bundesstaaten gegenwärtige oder ehemalige Häftlinge pauschal das Wahlrecht entzogen bekommen haben. Dies betrifft geschätzt bis zu sechs Millionen US-Bürger, darunter besonders viele Vertreter von Minderheiten. Auch gibt es zum Teil hohe Hürden, die das Wählen erschweren. In vielen Staaten muss man nun einen Ausweis mit Bild vorlegen, um wählen zu dürfen. In den USA hat aber nicht jeder einen Personalausweis, die Gebühren dafür sind hoch. Vor allem arme Bevölkerungsgruppen können so vom Wählen abgehalten werden.

Das Wahlsystem eignet sich nicht als Sündenbock

Das ist kein gutes Bild, das Sie da zeichnen.
In Sachen Transparenz und Verwaltung gibt es im amerikanischen System sicher Nachholbedarf. Aber noch einmal: Anzeichen für Manipulationen sehen wir im Augenblick nicht. Und der bisherige Wahlablauf eignet sich auch nicht als Sündenbock für den Fall, dass man einem Konkurrenten unterliegt.