Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sorgt sich um die Ernsthaftigkeit der Politiker. Sie dürfen nicht zum „Kasper“ gemacht werden. Ein zentrales Thema der SPD im Wahlkampf werde die soziale Gerechtigkeit sein.

Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)
Stuttgart – Nach einem holprigen Start nimmt der Wahlkampf von Peer Steinbrück an Fahrt auf. Er werde sein Profil nicht ändern, sagt er im Interview.
Herr Steinbrück, die Bundesregierung versucht eine Strompreisbremse zu installieren. Glauben Sie, dass vor der Bundestagswahl noch eine Einigung möglich ist?
Ich würde es uns allen wünschen – im Interesse von Unternehmen als auch der privaten Haushalt, denn wir haben es inzwischen mit spürbaren Preissteigerungen zu tun. Aber mein Vertrauen ist nicht sehr groß, weil Herr Altmaier das in der Sache und im Verfahren falsch eingefädelt hat. Er hat es zunächst nicht mal mit dem Wirtschaftsminister der eigenen Regierung abgesprochen und nicht für nötig erachtet, die Länder einzubeziehen. Die gesamte Branche ist verunsichert. Er hat die etablierte Industrie mit Eigenanlagen verschreckt, die Investoren, die sich bei den Erneuerbaren engagieren, und die Verbraucher auch. Dieser Vorstoß setzt das Chaos fort, das wir im Management dieser Energiewende von Anfang an erleben.

Die Grünen fürchten nun einen Stillstand bei den erneuerbaren Energien – zu Recht?
Die Verunsicherung ist überall, auch bei der energieintensiven Industrie. Wir müssen uns bewusst werden, dass für die deutsche Wirtschaft der Anteil der Kosten von Energie, Rohstoffen und Material größer ist als der Lohnkostenanteil. Im globalen Maßstab betrifft das die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Ich gehöre zu denen, die diese industrielle Wertschöpfungskette in Deutschland erhalten wollen. Deshalb kann uns das nicht egal sein. Zudem: für eine normale Arbeitnehmerfamilie ist es auf Dauer nicht verkraftbar, wenn jedes Jahr die Stromkosten um etwa zehn Prozent steigen.

Das ist aber mehr als ein gradueller Unterschied zu den Grünen – oder?
Rot und Grün sind nicht unterschiedlicher Auffassung im Hinblick auf die Erfolgsgeschichte des Energieeinspeisungsgesetzes (EEG). Das ist es ohne Frage. Uns geht es darum, dass das EEG nicht an seinem Erfolg erstickt. Das Ziel des EEG darf nicht ausgehebelt werden. Aber es soll weniger Ausnahmen geben, und das Ausmaß mancher Begünstigung darf hinterfragt werden.