Die Strahlkraft der Printmarken wird auch digitale Produkte beflügeln, meint der Vizepräsident der deutschen Zeitungsverleger, Richard Rebmann.

Stuttgart - Herr Rebmann, die Auflagen sinken, die Werbeerlöse gehen zurück: Würden Sie heute noch in eine neue Druckerei investieren?

 

Warum nicht? Deutschland ist immer noch ein Land mit einer hohen Zeitungsdichte. Wir erreichen mit unseren Tageszeitungen 71 Prozent der Bevölkerung. Da alle Verlage von leicht sinkenden Auflagen betroffen sind, macht es aber künftig noch mehr Sinn, Druckereien gemeinsam zu betreiben. Die digitalen Angebote sind dabei nicht nur Wettbewerber der klassischen Medien, sondern ergänzen sie hervorragend. Die Gesamtreichweite aus gedruckter Tageszeitung und Onlineangeboten hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.

Müssen Zeitungen heute mehr sein als ein gedrucktes Produkt – und die Marke in den Mittelpunkt stellen?
Die Wirkung unserer Tageszeitungsmarken kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Wir sind damit bei unseren Lesern und Anzeigenkunden seit Jahrzehnten bekannt – und ein verlässlicher Partner. Wo es sinnvoll ist, können die starken Printmarken auch auf die Onlineangebote ausgedehnt werden, wie dies zum Beispiel für die „Süddeutsche Zeitung“ gilt, aber auch für Stuttgarter Zeitung und „Stuttgarter Nachrichten“. Hier wird die positive Strahlkraft der Printmarken in digitale Produkte verlängert.

Wie kann es Verlagen gelingen, mit digitalen Produkten Geld zu verdienen?
Unsere klassischen Geschäftsmodelle aus dem Anzeigen- und Abonnementgeschäft in die digitale Welt zu übertragen, ist sehr schwierig. Das Angebot an Webseiten ist praktisch unendlich – dadurch sinken die Anzeigenpreise ständig, und es wird schwer, Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, um für Werbekunden attraktiv zu sein. Ein weiteres Problem ist, dass kaum jemand bereit ist, für digitale Inhalte zu bezahlen. Unser Ziel ist es deshalb, dass sich unsere digitalen Produkte durch Exklusivität, Qualität und Breite des Angebotes absetzen, um auch kleine Zielgruppen mit spezifischen Interessen zu erreichen.

Die Zeitungsverlage klagen gegen die Tagesschau-App und pochen auf ein Leistungsschutzrecht. Sollten sie sich nicht stärker auf den Wettbewerb, auf eigene Produkte und Innovationen setzen?
Weder die Südwestdeutsche Medien Holding noch die deutschen Tageszeitungsverlage haben Angst vor Wettbewerb. Wichtig ist aber, dass dieser Wettbewerb unter gleichen Rahmenbedingungen geführt wird. Die öffentlich-rechtlichen Sender verfügen über einen Etat von vielen Milliarden Euro. Es kann nicht sein, dass mit Gebührengeldern die Entwicklung von Geschäftsmodellen der Privatwirtschaft verhindert wird. Wie sollen wir innovative Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln, wenn die öffentlich-rechtlichen Anstalten sie kostenlos anbieten? Es geht aber nicht nur um das Verhältnis der Tageszeitungen zu den öffentlich-rechtlichen Sendern, zahlreiche rechtliche Rahmenbedingungen müssen modernisiert werden. Dies gilt sowohl für das Urheberrecht als auch das Kartellrecht.

Viele Verlage definieren sich heute nicht mehr als Zeitungshaus, sondern als Medienhaus. Ist diese Verschiebung richtig?
Diese Neupositionierung der Zeitungshäuser ist notwendig. Bei der Südwestdeutschen Medien Holding sind die Zeitungen mit einer täglichen Auflage von über einer Million nach wie vor das Kernprodukt. Daneben bilden wir aber die gesamte Wertschöpfungskette im Verlagsgeschäft ab. Das umfasst die Herausgabe von Anzeigenblättern, Beteiligungen an Rundfunkgesellschaften, die Verteilung von Prospekten bis hin zum Postgeschäft.

Welche Zukunft sehen Sie für die Stuttgarter Zeitung – als gedruckte Zeitung und in Form von digitalen Produkten?
Wir blicken für die Stuttgarter Zeitung zuversichtlich in die Zukunft – das gilt sowohl für die gedruckte Tageszeitung als auch für unser Onlineangebot. Die Stuttgarter Zeitung wird ihre überregionale Bedeutung nicht nur erhalten, sondern ausbauen. Zugleich wird sie aber auch ihr Profil als die Zeitung für Stuttgart und Umgebung weiter schärfen. Zum Beispiel haben wir die Stadtbezirksberichterstattung in der Zeitung und im Netz deutlich ausgeweitet. Auch das Engagement im Bereich mobiles Internet und Social Media ist uns sehr wichtig. Die digitalen Angebote der Stuttgarter Zeitung und der „Stuttgarter Nachrichten“ haben sich sehr erfreulich entwickelt: Wir schreiben hier inzwischen unter dem Strich schwarze Zahlen.

Zur Person

Richard Rebmann (54) ist promovierter Jurist. Von 1993 bis 2007 war er Geschäftsführer des „Schwarzwälder Boten“. Seit 2008 steht er an der Spitze der Südwestdeutschen Medien Holding, zu der auch die Stuttgarter Zeitung gehört. Seit 1998 ist er zudem Vizepräsident des Bundesverbandes deutscher Zeitungsverleger (BDZV).