Der Initiator des Rauchverbots in Bayern, Sebastian Frankenberger, will mehr Bürgerbeteiligung. Der Volksentscheid sei ein wichtiger Schritt.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart - Sebastian Frankenberger hat 2009 den Volksentscheid „Für echten Nichtraucherschutz!“ in Bayern initiert. "Ich bin dafür, dass dem Bürger viel häufiger die Möglichkeit zur Mitsprache gegeben wird", sagt er im StZ-Interview.

 

Herr Frankenberger, verstehen Sie den Wahlzettel zum Volksentscheid in Stuttgart. Bitte eine ganz spontane Antwort: Was müssen Sie ankreuzen, wenn Sie für Stuttgart 21 sind?

Ähm (zögert), also wenn ich gegen den Bahnhof bin, muss ich mit "Ja" stimmen. Aber das ist wirklich nicht ganz leicht zu verstehen. Stimmzettel aus volksentscheidserfahrenen Ländern wie der Schweiz oder Kalifornien sind weitaus klarer. Wenn man mehr direkte Demokratie will, müsste man sich daran ein Beispiel nehmen.

Kann ein Volksentscheid einen mittlerweile so tiefreichenden gesellschaftlichen Konflikt überhaupt noch befrieden?

Definitiv ja. Es ist aber wichtig, dass beide Seiten die Entscheidung respektieren, die dabei herausgekommen ist. Zu hohe Abstimmungsquoren sind allerdings der Bereitschaft, diesen Respekt zu erweisen, nicht sehr förderlich.

Sie haben in vielen bayerischen Kneipen Hausverbot, werden als Ökofaschist und Spaßbremse beschimpft und erhalten bisweilen Morddrohungen. Richtig friedlich klingt das nicht.

In der Bevölkerung wurde ein Friede zwischen Rauchern und Nichtrauchern erreicht. Das hat sich in den Gaststätten und Kneipen inzwischen eingespielt. Dass Menschen an meiner Person Anstoß nehmen ist traurig und schade - es sind aber nur ein paar schwarze Schafe, die an mir ihren Frust ablassen. Mit dem Instrument des Volksentscheids hat das nichts zu tun.

In Baden-Württemberg wären Sie an dem Quorum gescheitert. Insgesamt 21 Prozent der Bayern haben für ein strengeres Rauchverbot votiert. Manche nennen Sie einen Diktator, der der schweigenden Mehrheit seinen Willen aufgedrückt habe.

Jeder hat die Möglichkeit zur Abstimmung gehabt. Der Volksentscheid ist eine Abstimmung mit den Füßen. Themen, die weniger Menschen betreffen, mobilisieren entsprechend weniger. Diejenigen, denen es egal war, ob in der Gastronomie geraucht wird oder nicht, sind eben auch nicht zur Abstimmung gegangen. Wenn aber wie in der Schweiz über die Rente abgestimmt wird, hat man eine Wahlbeteiligung von bis zu 80 Prozent. Aber in beiden Fällen ist das Votum der Mehrheit als Bürgerwille zu respektieren. Ich bin dafür, dass dem Bürger viel häufiger die Möglichkeit zur Mitsprache gegeben wird.

Im Vorwort zu Ihrem Buch "Volk, entscheide!" nennt Heiner Geißler Sie ein Vorbild für die "politisch resignierte Jugend". Vermutlich gilt das aber nur für deren nichtrauchenden Teil.

Nein. Wenn ich daran denke, wie viele Menschen sich beim Rauchverbot engagiert haben - allein auf Facebook gab es für uns eine Gruppe von 30.000 Unterstützern und fast ebenso viele auf der Gegenseite. Das waren vor allem junge Leute. Die Möglichkeit sich einzubringen schafft ein ganz neues Verständnis von Politik. Momentan hat die politische Klasse aber immer noch Angst, Macht abzugeben.

Was geben Sie den Baden-Württembergern mit auf den Weg für die Zeit nach dem Volksentscheid?

Es ist in Baden-Württemberg eine Stimmung für mehr Teilhabe entstanden. Beide Seiten sollten sagen: Wir waren zwar in der Sache unterschiedlicher Auffassung, aber wir wollen, dass es künftig mehr Mitbestimmung gibt. Die Voraussetzung dazu ist, dass bei künftigen Abstimmungen die Hürden auf ein realistischeres Maß gesenkt werden. Dann hätte man der Demokratie über die Bahnhofsfrage hinaus einen großen Dienst erwiesen.

Gefeiert und gehasst

Nichtraucherschützer: Sebastian Frankenberger initiierte 2009 den Volksentscheid „Für echten Nichtraucherschutz!“ in Bayern. In der Folge wurde er Ziel zahlreicher Anfeindungen. Er ist Bundesvorsitzender der Ökologisch-Demokratischen Partei und Vorsitzender der Vereins Mehr Demokratie. 2011 erschien das Buch des ehemaligen Theologiestudenten „Volk, entscheide!“