Der Schauspieler Sebastian Koch kehrt mit dem ARD-Film „Eine Liebe für den Frieden“ ins Fernsehen zurück. Er spielt darin den Dynamit-Erfinder, Chemiker und Preisstifter Alfred Nobel.

Stuttgart – - Es ist Sebastian Kochs erster Film fürs deutsche Fernsehen seit vier Jahren. „Eine Liebe für den Frieden“ schildert die Beziehung des schwedischen Chemikers, Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel mit Bertha von Suttner – 1876 wurde sie kurze Zeit seine Privatsekretärin. Die Journalistin, Schriftstellerin und Friedensaktivistin erhielt 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis.
Herr Koch, kann sich ein Schauspieler Ihres Formats eigentlich seine Rollen aussuchen?
Die Rollen kann ich mir schon aussuchen, dazu braucht es kein Format. Aber überhaupt erst mal gute Rollen beziehungsweise Drehbücher zu bekommen, das ist nicht so einfach, sonst wäre „Eine Liebe für den Frieden“ nicht mein erster deutscher Fernsehfilm seit vier Jahren gewesen.
Aber Sie haben doch bei internationalen Projekten mitgewirkt.
Das stimmt, und darüber bin ich auch sehr glücklich. Es kamen tolle Angebote aus England und Frankreich, die mich sehr gereizt haben.
Fürchten deutsche Produzenten angesichts Ihrer internationalen Karriere womöglich, dass Sie ohnehin keine Zeit hätten oder zu teuer wären?
Das mag sein, wäre aber sehr schade, da ich sehr gerne in Deutschland drehe. Ich liebe die Sprache, bin hier zu Hause und absolut offen für spannende deutsche Projekte.
Was hat Sie am Drehbuch zu „Eine Liebe für den Frieden“ gepackt?
Die Rolle des Alfred Nobel, das war Liebe auf den ersten Blick. Es hat großen Spaß gemacht, diesen etwas merkwürdigen, sehr zurückgezogen lebenden Menschen zu erforschen. Man weiß von Nobel, dass er das Dynamit erfunden hat, aber mehr im Grunde auch nicht. Ich mochte ihn auf Anhieb, weil er etwas Kauziges hat. Er war einer der reichsten Junggesellen seiner Zeit, hat aber die Salons und roten Teppiche gemieden und sich lieber in sein Labor zurückgezogen, um herauszufinden, was die Welt im Innersten zusammenhält. Der Mann strahlt Ruhe und Würde aus, er hat einen subtilen Sinn für Humor – das war mir alles sehr sympathisch.
Die Beschreibung passt auch auf den Russen, den Sie in „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ gespielt haben, zumindest bis zu dem Moment, als sich der Mann als Schurke offenbart.
Dass mir derart unterschiedliche Rollen angeboten werden, ist ein wunderbares Geschenk, worüber ich unendlich dankbar bin. Anfangs war die Rolle stark an Michail Chodorkowski angelehnt, das ist dann leider mehr und mehr geändert worden, weil die Produzenten befürchteten, sie würden den russischen Markt verlieren. Sehr schade.
Ist mit „Stirb langsam“ so etwas wie ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen?
Einmal im Leben bei einer derartigen Produktion mitzuwirken ist tatsächlich ein großer Wunsch gewesen. Produktionen dieser Größenordnung gibt es in Europa selten. Ein Budget von 20 Millionen empfinden wir schon als enorm, weil es die große Ausnahme ist. Mein letzter europäischer Film mit einem vergleichbaren Budget war „Black Book“ und hat 17 Millionen Euro gekostet. Eine große Hollywood-Produktion kostet zehnmal so viel. Und alles ist mit einer beeindruckenden Präzision bis ins Kleinste vorbereitet. Am Set halten sich bis zu dreihundert Menschen auf.
Zuletzt standen Sie für Steven Spielbergs Spionagethriller aus der Zeit des Kalten Krieges vor der Kamera. Lassen sich die beiden Produktionen vergleichen?
Nein, überhaupt nicht, das ist ja kein Actionfilm, aber auch hier war der Stab riesig.
Gleichzeitig haben Sie in Frankreich und am Bodensee „Bamberski – Der Fall Kalinka“ gedreht. Wie war das?
Durch die Parallelität der beiden Projekte und die unterschiedlichen Sprachen sehr strapaziös. Ich habe so etwas schon lange nicht mehr gemacht und vermeide dieses Springen zwischen mehreren Produktionen nach Möglichkeit, aber als Spielberg anrief und mich ohne Casting besetzen wollte, habe ich natürlich nicht Nein gesagt.
Sind Anrufe dieser Art immer noch positive Spätfolgen von „Das Leben der Anderen“?
„Black Book“ hat sicher auch einen großen Teil dazu beigetragen, das waren die beiden Filme, die mir international den Weg geebnet haben.
Ihr Spektrum reicht vom Familienfilm wie „Das fliegende Klassenzimmer“ über Filmkunst bis zum Hollywood-Kracher. Gibt es trotzdem einen roten Faden?
Meinen festen Vorsatz, mich nicht zu wiederholen, und das ist mir auch ganz gut gelungen, glaube ich; zumindest stecke ich immer noch nicht in einer dieser Schubladen. Ich will in diesem Beruf immer wieder etwas Neues erleben, will mich mit möglichst unterschiedlichen Charakteren auseinandersetzen.
Ist dies das Geheimnis Ihres Erfolgs?
Es ist immer schwer, so eine Frage selbst zu beantworten. Ich glaube auch nicht, dass es da ein Geheimnis gibt. Ich kann nur sagen, dass ich mich aus Prinzip nicht verbiege. Ich nehme nie eine Rolle an, nur weil sie gut für die Karriere wäre. Man kann mich weder mit Geld noch mit der Aussicht auf Ruhm locken. Deshalb kann ich bei der Auswahl meiner Rollen ganz entspannt vorgehen. Neinsagen hat eine große Kraft.
Wenn man sich anschaut, wie viel Sie drehen, sagen Sie offenbar auch sehr oft Ja.
Nein, das täuscht. Nach dem Pilotfilm zu Ridley Scotts Serie „The Vatican“ zum Beispiel habe ich fast ein Jahr lang still gehalten, ehe die Dreharbeiten zu „Eine Liebe für den Frieden“ begannen. Wobei ich, ehrlich gesagt, froh war, dass es bei „The Vatican“ beim Piloten geblieben ist, denn nach der Unterschrift hatte ich das erste Mal das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben. Die Serie hätte mich fünf Jahre lang jedes Jahr sechs Monate beansprucht. Für meine Karriere wäre sie allerdings toll gewesen.
Manche Ihrer Kollegen wollen mehr Einfluss auf Stoffe nehmen und treten daher auch als Koproduzenten auf oder inszenieren die Filme gleich selbst. Haben Sie Ambitionen in diese Richtung?
Als Regisseur sehe ich mich nicht, aber ich habe sehr großes Interesse daran, Drehbüchern den nötigen geschützten Raum und damit die Zeit zu geben, sich zu entwickeln, ohne Förderauflagen, Senderdirektiven oder Produktionsdruck. Wer diese Drehbücher dann produziert, werden wir sehen.