Noch immer müssen Männer beweisen, dass sie des Sorgerechts würdig sind, kritisiert Christian Gampert, der 2003 in Karlsruhe geklagt hat.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)
Stuttgart - Der 56-Jährige Christian Gampert ist einer der Väter, die vor dem Verfassungsgericht um das Sorgerecht für ihre Kinder geklagt haben. Sein Sohn war damals zehn Jahre alt. Gampert unterlag. Dennoch lebt sein Sohn – wie schon vor der Klage – inzwischen wieder mit seinen zwei Halbbrüdern in der Familie seines Vaters.

Herr Gampert, Sie haben selbst bis zum Verfassungsgericht um das Sorgerecht für Ihren Sohn gekämpft - und verloren. Was bedeutet das Urteil für Väter wie Sie?


Es ist ein kleiner Fortschritt, aber das Müttermonopol bleibt leider bestehen. Das Verfassungsgericht macht mit dieser Entscheidung » Politik. Es schreibt jetzt schon die Kriterien für die im Herbst zu erwartende Sorgerechtsnovelle der Bundesregierung vor. Ein gemeinsames Sorgerecht ab Anerkennung des Kindes durch den Vater - das will das Verfassungsgericht partout verhindern: es hängt ein Gerichtsverfahren zum Schutz der Mutter hinten dran. Da wird ein Pass nach Berlin gespielt, was im Gesetz bitte schön drinzustehen habe.

Der Streit ums Kind ist damit also nicht zu Ende?


Überhaupt nicht. Nur 50 Prozent der alleinerziehenden Mütter teilen derzeit das Sorgerecht mit den Vätern. 2003, im Verfahren gegen mich, hat das Bundesverfassungsgericht noch der Annahme der Bundesregierung zugestimmt, dass Mütter nur im Ausnahmefall und mit gutem Grund das Sorgerecht verweigern würden. Das hat sich als irrig erwiesen. Und das spricht nicht gerade für die Mütter, die nur ihre Privilegien behalten wollen.

Von Bedeutung ist das dann aber erst, wenn man nicht mehr miteinander lebt und man das Leben aufteilt - vom Kind bis zum Mobiliar.


Das Mobiliar ist ja nicht so schlimm. Entscheidend ist das juristische Verfahren, bei dem beide Eltern gleichberechtigt sein müssen und mit dem man im Trennungsfall herausfindet, bei wem für das Kind die besten Zukunftsperspektiven liegen. Ein solches Verfahren gibt es bislang nicht, weil die Mutter das Sorgerecht hat und der Vater - bei Weigerung der Mutter - eben nicht. Das neue Verfahren verbessert da wenig: Weil sie geboren hat, hat die Mutter das alleinige Sorgerecht. Der Vater kann nun das Sorgerecht beantragen, aber wenn die Mutter das vor Gericht anficht, wird sie im Regelfall gewinnen.

Sind Sie sich da so sicher?


Schaut man auf die Rechtsprechung der Familiengerichte, dann bekommen Väter dort nur in absoluten Ausnahmefällen recht. Die meisten Familiengerichte sind absolut frauen- und mütterfreundlich. Das liegt auch daran, dass sich sehr viele Frauen auf diesem Gebiet als Juristinnen engagieren. Und Richter glauben, sich als Retter der Frauen aufspielen zu müssen, und schauen oft gar nicht, was die Interessen der Kinder sind. Das ist schade.

Das Verfassungsgerichtsurteil macht aus Ihrer Sicht den Alltag und den Umgang getrennt lebender Eltern also nicht einfacher, weil man sich weiter streitet, wenn auch in einem anderen Verfahren?


Der Alltag ist noch einmal ein anderes Kapitel. Im Alltag geht es ja hauptsächlich darum, ganz viele organisatorische Dinge zu regeln. Das Verfassungsgericht setzt beim Zeitpunkt der Geburt an. Entgegen seiner früheren Urteile sagt das Gericht nun, dass der Vater nicht generell ausgeschlossen werden darf. Aber er muss, wenn die Mutter dagegen ist, beweisen, dass er des Sorgerechts würdig ist. Die Mutter kommt also vor Gericht in Erklärungsnot. Sie muss darlegen, dass ihre Gründe stichhaltig sind. Das ist der kleine Fortschritt, den das Verfassungsgerichtsurteil mit sich bringt. Allerdings ist meine Erfahrung mit deutschen Familiengerichten so, dass die Frau in 98 Prozent aller Fälle als Siegerin den Platz verlässt. Das will das Verfassungsgericht auch. Das ist der Pass, den es an die Politik gespielt hat.

Ist alles also nur ein symbolischer Sieg für die Väter?


Ja, so würde ich das sehen. Frauen haben das Sorgerecht, Männer müssen vor Gericht erst beweisen, dass sie dessen würdig sind. Verfassungsgemäß wäre dagegen ein gemeinsames Sorgerecht ab Anerkennung des Kindes durch den Vater. Nur dann ist die Gleichberechtigung der Eltern sowie von ehelichen und nichtehelichen Kindern gewährleistet.