Exklusiv Die Sparda-Bank wertet das Girokonto auf – etwa durch ein Haushaltsbuch via Internet. Zudem will sie mit anderen Banken dem Bezahldienst Paypal Konkurrenz machen.

Stuttgart – - Die Sparda-Bank hatte früher ein biederes Image als Sparkasse für Eisenbahner. Heute trifft sie den Nerv der Zeit: mit einfachen Produkten, guter Erreichbarkeit und zunehmend auch mit moderner Technik wie Apps und einem elektronischen Haushaltsbuch als individuellem Spar- und Vermögensratgeber. Der seit Jahresbeginn amtierende Vorstandschef Martin Hettich (51) erläutert, warum sein Haus bei dem aktuellen Immobilienboom nicht von seiner konservativen Grundlinie abweicht.
Herr Hettich, gibt es irgendetwas, um das Sie die ING-Diba beneiden?
Ja, die ING-Diba arbeitet deutlich kostengünstiger als wir. Und sie ist bei den Produkten noch schlanker aufgestellt als die Sparda-Bank. Trotzdem bin ich froh, dass die Sparda-Bank eine vernünftige Mischung aus Direkt- und Filialbank verkörpert – zumal der anfängliche Wachstumsboom der Direktbanken abgeflacht ist. Auch wir haben ein leistungsfähiges Internetbanking, bieten Apps an – sind aber zudem mit 40 Filialen in Baden-Württemberg präsent.
Was können Sie sich konkret von der ING-Diba abschauen?
Wir müssen effizienter werden. Dazu zwingen uns die Niedrigzinsphase, die höheren Eigenkapitalanforderungen und die Regulierungsvorschriften. Allein die Regulierung kostet uns etwa vier Millionen Euro pro Jahr. Das können wir nicht auf die Kunden abwälzen. Aber auch das eine oder andere Produkt können wir weiter vereinfachen. Vor fünf Jahren hatten wir noch etwa acht Anlageprodukte, heute haben wir im Wesentlichen noch drei eigene Anlageprodukte und eine sinnvolle Auswahl an Investmentfonds. Durch das Niedrigzinsniveau legen die Kunden sehr kurzfristig an. Schon deshalb ist es sinnvoll, die Produktpalette einfacher zu gestalten.
An was denken Sie?
Wir überlegen, aus zwei Tagesgeldern – eines für den Schalter und eines für das Internet – eines zu machen.
Sie sprechen von mehr Effizienz. Steht ein größeres Sparprogramm bevor?
Nein. Wir hatten 2013 ein sehr gutes Geschäftsjahr. Auch dieses Jahr dürften wir einen Jahresüberschuss von rund 37 Millionen Euro erreichen.
In der Vergangenheit haben die Banken viel dafür getan, die Kunden aus den Filialen zu vertreiben. Jetzt wird die Filiale wieder aufgewertet. Nur: von alleine kommen die Kunden ja nicht zurück. Was tun Sie da?
Ein Kollege von mir hat mal treffend gesagt: Wir haben viel Geld in die Hand genommen, um die Kunden an die Geräte zu bringen – jetzt bemühen wir uns mit viel Aufwand, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Auch hier gilt: Die Mischung macht’s. Unser Callcenter ist 24 Stunden das ganze Jahr über besetzt. Aber dann, wenn die Kunden Kontakt wünschen, muss das einfach und schnell möglich sein. Die Filialen werden für komplexe Themen wie Baufinanzierungen und umfassende Anlageberatungen zuständig sein.
Wo investieren Sie?
Aktuell investieren wir in Serviceleistungen rund um das Girokonto. Im Herbst werden wir eine kostenlose Internetanwendung einführen: ein elektronisches Haushaltsbuch, mit dem der Kunde alle Ein- und Ausgaben verwalten kann: Wie entwickelt sich mein Vermögen? Brauche ich zusätzliche Reserven? Der Kunde entscheidet, was dort verwaltet wird. Er kann auch Daten von anderen Banken, Versicherungen und Immobilienbesitz in das Haushaltsbuch eintragen. Wir investieren in das neue Angebot einen siebenstelligen Betrag.
Wie gewährleisten Sie, dass die Daten auch sicher sind?
Ein externer Dienstleister führt die Daten für die Kunden zusammen. Die Übertragung erfolgt über gesicherte Systeme. Die Sparda-Bank hat da keinen Einblick. Wir wollen mit dem Haushaltsbuch keine Daten sammeln – überhaupt nicht. Unser Ziel ist, das Onlinebanking attraktiver zu machen.
Woher kam die Idee für das Haushaltsbuch?
Einige Banken haben so etwas schon in ähnlicher Form. Neu ist bei uns, dass alle Bankverbindungen zusammengeführt werden können. Die wesentlichen Anstöße für das Haushaltsbuch kamen aber von unseren Kunden. In unserer Kundenwerkstatt haben rund 100 Tester das Konzept mit erarbeitet.
Gibt das Haushaltsbuch Hinweise auf Beratungsbedarf?
Ja, dem Kunden wird signalisiert, ob Vorsorgebedarf besteht oder wie lange er oder sie auf einen Urlaub sparen muss. Das sind aber interne Hinweise – wir überwachen das nicht.
Was gibt es sonst noch für Ideen? Ist es nicht an der Zeit, dass die Banken eine einfache Lösung für Bezahlen im Netz entwickeln? Oder hinkt die Branche dem branchenfremden Newcomer Paypal hoffnungslos hinterher?
Paypal war eine tolle Geschäftsidee, das muss man anerkennen. Da müssen wir als Branche gegenhalten, etwa indem wir günstigere Modelle anbieten. Unsere Bezahlverfahren sind auch schnell und sicher. Wichtig ist, dass sich die Banken in Deutschland auf einen gemeinsamen Ansatz verständigen. Wir sind da an Projekten dran, über die kann ich aber noch nicht öffentlich sprechen.
Die Sparda-Bank ist ja bei Immobilienfinanzierungen stark. Der Markt boomt seit einiger Zeit. Befürchten Sie eine neue Verschuldungswelle?
Das hängt stark davon ab, wie die Banken mit den Finanzierungsanfragen umgehen. Es gibt Konkurrenten, die Vollfinanzierungen machen, etwa deutsche Töchter ausländischer Banken, und die sehr viel weniger Eigenkapital verlangen als wir. Ich glaube aber nicht, dass in Baden-Württemberg eine Verschuldungswelle droht.
Welche Kriterien legen Sie an?
Entscheidend ist, wie eine Immobilie bewertet wird. Trotz der teilweise extrem hohen Preissteigerungen am Markt haben wir eine konservative Bewertung beibehalten. Das heißt, je höher der Marktpreis ist, umso mehr Eigenkapital müssen die Kunden aufbringen. Wir rechnen auch durch, ob sich jemand seine Wunschimmobilie bei einem höheren Zinsniveau noch leisten könnte. Wenn nicht, fordern wir zusätzliche Sicherheiten.
Wie viele Kreditanfragen lehnen Sie ab?
Etwa 15 Prozent der Anfragen, bei denen wir alle wichtigen Unterlagen geprüft haben, lehnen wir ab. Die Quote ist in den letzten Jahren relativ konstant geblieben.
Da sind Sie aber richtig streng.
Das würde ich nicht sagen. In anderen Häusern liegt die Ablehnungsquote bei 20 Prozent und darüber. Unsere Risikopolitik hat sich bewährt: Unser Ausfallrisiko beträgt drei Cent je 100 ausgeliehenen Euro. Das ist extrem niedrig.