Bei den letzten Spielen hat der VfB nicht gerade abgesahnt. Tamás Hajnal sieht die Schuld dafür auch bei sich. Doch er hat einen Plan.

Stuttgart - Für Tamás Hajnal (30) schließt sich der Kreis. Am 7. Mai legte er mit seinem Tor beim 2:1-Sieg gegen Hannover 96 den Grundstein zum Klassenverbleib des VfB Stuttgart. Jetzt geht es wieder gegen die Niedersachsen, aber einiges ist anders. Hajnal steckt in einem Formtief.

 

Herr Hajnal, wissen Sie noch, was Sie am 7. Mai dieses Jahres gemacht haben?

Ja, natürlich. Wir hatten ein richtig bedeutendes Heimspiel.

Anschließend dürfte der VfB ausgiebig gefeiert haben. Schließlich schaffte die Mannschaft an diesem Tag mit einem 2:1 gegen Hannover den Klassenverbleib.

Darauf hatten wir in den Wochen zuvor hingearbeitet. Dann waren wir endlich am Ziel. Entsprechend groß war die Erleichterung. Der ganze Druck fiel von uns ab. Ich kann mich noch gut an die Stimmung im Stadion erinnern. Es war faszinierend, wie sich die Menschen freuten, die mit uns so lange gezittert und gelitten hatten.

Sie selbst dürften auch glücklich gewesen sein, zumal Sie das vorentscheidende Tor zum 1:0 selbst erzielten.

Als der Ball drin war, war das in der Tat eine Befreiung. Da sind Dinge in mir abgelaufen, die man kaum beschreiben kann. Es ist immer das Schönste, ein Tor zu schießen - erst recht wenn es dann noch so ein wichtiges ist. Aber lassen Sie uns jetzt nicht mehr über die Vergangenheit sprechen. Im Fußball interessiert nur die Gegenwart.

Die heißt wieder Hannover - und wieder ist das Spiel wichtig.

Sehr wichtig sogar. Denn wir haben in den ersten vier Spielen dieser Saison eindeutig zu wenig Punkte geholt.

Und zu wenig Tore geschossen - nur vier und davon gleich drei in der ersten Partie gegen Schalke. Was sind die Gründe dafür?

Chancen hatten wir ja einige. Ich könnte jetzt einfach sagen, wir hätten mehr daraus machen müssen, aber so einfach ist es nicht. Um Tore zu schießen, braucht man den unbedingten Willen. Vielleicht waren wir nicht entschlossen genug. Wir haben uns das Leben selbst schwer gemacht.

Aber hängt das nicht schlicht auch mit der Qualität der Spieler zusammen?

Wir haben ja schon bewiesen, dass wir es können. Wir haben die Klasse und setzen vieles von dem um, was wir uns im Training erarbeiten. Was fehlt, ist jedoch im entscheidenden Moment die richtige Entscheidung zu treffen und auch mal den riskanten Pass zu spielen. Wir müssen für die Gegner unberechenbarer werden.

Damit sind wir bei Ihnen und Ihrem Job.

Sie haben recht. Wir haben erst vier Punkte auf dem Konto. Damit sind wir nicht zufrieden, ich auch nicht.

Haben Sie darüber schon mit dem Trainer Bruno Labbadia gesprochen?

Ja, vor zwei Wochen, als wir uns auf die Partie in Berlin vorbereiteten. Wir haben überlegt, wie ich wieder zu meinen Stärken finden kann. Ich habe ein gutes Gefühl. Die Voraussetzungen sind vorhanden. Der Trainer vertraut mir. Er unterstützt mich und steht hinter mir.

Das alleine wird aber nicht reichen.

Der Rest liegt an mir. Ich muss besser werden, das ist keine Frage. Dafür tue ich alles. Ich versuche, mir im täglichen Training meine alte Sicherheit zurückzuholen und dabei die Lockerheit zu bewahren. Nur so geht es, nur dann kann ich wieder dahin kommen, wo ich in der Rückrunde war.

Da haben Sie drei Tore geschossen und vier vorbereitet. Deshalb meinen viele Experten, der VfB sei immer nur so gut wie Hajnal.

Natürlich freue ich mich, wenn ich in Form bin. Aber Fußball ist ein Mannschaftssport. Einer allein kann da nichts bewirken. Außerdem hat sich in der Rückrunde die ganze Mannschaft gesteigert.

"Ich will der Mannschaft helfen, erfolgreich zu sein"

Wie lautet Ihr persönliches Saisonziel?

Ich will der Mannschaft helfen, erfolgreich zu sein.

Wie erfolgreich?

Ich nenne keinen Tabellenplatz. Das führt zu nichts. Wenn man zu weit nach vorne schaut, verliert man das Naheliegende aus den Augen - und das Naheliegende ist immer das nächste Spiel.

Also Hannover. Haben Sie Angst vor einer erneuten Zitterrunde im Abstiegskampf?

Angst ist das falsche Wort. Fest steht jedoch auch, dass die Konkurrenz sehr groß ist. Es kann in beide Richtungen schnell gehen, nach oben, aber auch nach unten.

In den vergangenen zehn Tagen waren Sie mit der ungarischen Nationalmannschaft unterwegs. War das gut, um etwas Abstand vom VfB zu gewinnen, oder wären Sie lieber in Stuttgart geblieben?

Beides. Natürlich ist es nicht sehr angenehm, sich mit einer Niederlage in die Länderspielpause verabschieden zu müssen. Andererseits bin ich jedoch auch stolz, für mein Land antreten zu dürfen. Das bringt immer neue Impulse.

Vor allem wohl dann, wenn die Auftritte so erfolgreich sind wie im Augenblick. Ungarn hat jetzt Schweden und Moldawien geschlagen und noch Chancen auf das EM-Ticket.

Seit mehr als einem Jahr ist die Entwicklung bei uns vielversprechend. Wir haben Boden gutgemacht. Aber trotzdem müssen wir, sofern wir unsere restlichen Spiele gewinnen, nun noch auf einen Ausrutscher der Schweden hoffen, um sicher zur EM zu kommen.

Sie sind Spielmacher. Welche Fähigkeiten braucht man auf dieser Position?

Ich würde mich zwar eher als offensiven Mittelfeldspieler bezeichnen, wichtig sind aber eine gute Technik und Kreativität. Außerdem sollte man immer anspielbar sein und auch selbst den Torabschluss suchen.

Verfolgen Sie im  StZ-Liveticker wie sich der VfB Stuttgart im Heimspiel gegen Hannover schlägt.

Wer ist auf Ihrer Position der Beste?

In Deutschland momentan Mario Götze - und international Andrés Iniesta, auch wenn er die Rolle ein bisschen anders interpretiert als Götze. Iniesta kommt mehr aus der Tiefe des Raums und setzt seine Mitspieler noch mehr in Szene. Götze sucht dagegen selbst öfter den Torabschluss.

Sie haben schon bei vielen Vereinen gespielt - Schalke, Kaiserslautern, Karlsruhe und Dortmund. Wie schneidet der VfB im Vergleich dazu ab?

Jeder Club ist anders - ob von der Mentalität der Leute in der Region her oder vom Trainer oder von der Infrastruktur. Beim VfB ist mir bis jetzt besonders aufgefallen, dass die Verantwortlichen in dem komplizierten letzten Jahr stets die Ruhe bewahrt haben - und dass unser Trainer die Dinge sehr akribisch angeht.

Haben Sie noch Kontakte zu Borussia Dortmund, wo Sie bis vor einigen Monaten gespielt haben?

Gerade weniger. Aber vor der Saison habe ich öfter mit Sebastian Kehl telefoniert. Ich erlebte dort eine tolle Zeit.

Das klingt fast so, als hätten Sie Ihren Wechsel nach Stuttgart bereut. Schließlich wären Sie mit der Borussia sogar Meister geworden. Mit dem VfB wird das schwieriger.

Aber das letzte halbe Jahr war ganz wichtig für meine Karriere und hat mich als Mensch und als Fußballer weitergebracht. Ich bin sehr zufrieden beim VfB. Deshalb war meine Entscheidung im Winter hundertprozentig richtig.

Der Hobbyangler

Sport: In Ungarn wurde Tamás Hajnal schon zweimal zum „Fußballer des Jahres“ gewählt: 2007 und 2008. In 40 Länderspielen erzielte er fünf Tore. Seine erste Station in Deutschland war der FC Schalke. Es folgten Kaiserslautern, Karlsruhe, Dortmund und der VfB.

Privat:Tamas Hajnal ist verheiratet mit Annamaria. Momentan verbringt er viel Zeit vor dem Fernseher. Als Tennisfan guckt er die US Open. Ein weiteres Hobby ist Angeln.

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