Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Bedeutet das auch eine steuerliche Entlastung der Mittelschicht, etwa durch den Abbau der kalten Progression?
Ich finde es nicht in Ordnung, wenn bei Arbeitnehmern aus der Mittelschicht von Lohnzuwächsen weniger als die Hälfte auf dem eigenen Konto landet. Deshalb bleibt der Abbau der kalten Progression ein wichtiges Anliegen. Es muss allerdings aufkommensneutral finanziert sein, denn wir wollen keine Steuersenkung auf Pump.
Wo will die SPD die Wirtschaft entlasten?
Mit dem Abbau von überflüssiger Bürokratie, mit einem Bildungssystem, das gut ausgebildete Fachkräfte bereit stellt, und mit einer vernünftigen Regelung der Einwanderung. Außerdem müssen wir uns darauf konzentrieren, dass wir wieder eine erstklassige Infrastruktur bekommen. Der Reparaturbedarf ist riesig und die Defizite in der Breitbandversorgung sind ein Wachstumshemmnis für Deutschland.
Trotzdem bleibt die Frage unbeantwortet, wie die SPD aus dem „20-Prozent-Turm“ in Umfragen herauskommen will?
Die SPD regiert seit sieben Monaten sehr erfolgreich in einer stabilen Koalition. Dadurch können wir Vertrauen gewinnen. Dieses stellt sich nicht von heute auf morgen ein. Vertrauen muss wachsen.
In der ersten großen Koalition unter Merkel hat sich der damalige SPD-Fraktionschef fast wortgleich geäußert. Warum soll es jetzt besser für die SPD laufen?
Weil wir heute geschlossen sind. Die SPD war in der letzten großen Koalition politisch zerstritten. Die eine Hälfte der Partei war für die Regierung, die andere dagegen. Das ist heute anders. Der Mitgliederentscheid hat für Klarheit gesorgt: Wir wollen den Erfolg dieser Regierung. Im Übrigen haben wir heute eine völlig veränderte politische Landschaft. Die FDP ist nicht mehr im Bundestag, die AfD fischt am rechten Rand, Grüne und Linke sortieren sich neu. Da ist noch viel Bewegung möglich – in alle Richtungen. Wir werden unsere Chance nutzen.