Exklusiv Bill und Tom Kaulitz von der Band Tokio Hotel haben in Los Angeles ihr Glück gefunden. „In Deutschland hat es für uns nicht mehr funktioniert, wir hatten zuletzt neben der Karriere gar kein Privatleben mehr“, sagt Sänger Bill im StZ-Interview.

Los Angeles – - Als Teenieband brach Tokio Hotel aus Magdeburg in den Nullerjahren alle Rekorde. Doch der Erfolg wuchs den Frontmännern Bill und Tom Kaulitz alsbald über den Kopf, weshalb sie sich 2009 dazu entschieden, in die Anonymität zu fliehen. In Los Angeles fanden die inzwischen 25-jährigen Zwillinge nicht nur ihr Glück, sondern auch die Muße für ein neues Album. Es heißt „Kings of Suburbia“ und dreht sich um „das Gefühl, das alles bedeutet und gleichzeitig gar nichts“. Im Interview sprechen die beiden Brüder über Heimat, ihre englischsprachigen Songtexte und Paparazzi in Los Angeles.
Bill und Tom Kaulitz, dieses Interview findet um ein Uhr nachts kalifornischer Zeit statt. Sind Sie nachtaktive Menschen?
Tom Kaulitz Für uns ist das sogar noch früh. Unser Rhythmus ist ziemlich verdreht. Wir sind immer bis sechs oder sieben Uhr morgens wach und stehen auf, wenn die Sonne wieder untergeht.
Entsprechend düster klang früher Ihre Musik. Das neue Album „Kings of Suburbia“ klingt dagegen nur noch melancholisch, zuweilen gar optimistisch. Was ist passiert?
Bill Kaulitz Wir haben in Amerika neue Inspiration gefunden, da wir hier ein ganz anderes Leben führen als in Deutschland. Es hat auch damit zu tun, dass wir uns zurückgezogen und lange nichts gemacht haben. Natürlich haben wir uns auch selber verändert. Die Musik auf der Platte fühlt sich für uns gut an. Es ist kein durchgeplantes Konzeptalbum, wir haben einfach drauflos geschrieben und produziert.
Wieso haben Sie sich keinen angesagten Produzenten aus L.A. ins Studio geholt?
Bill Wir haben tatsächlich mit ein paar Leuten von hier gearbeitet, zum Beispiel mit Rock Mafia, aber auch mit unserem alten Team.
Tom Die ersten Sessions waren für uns extrem unbefriedigend, weil es musikalisch nicht in die Richtung ging, die wir uns vorgestellt haben. Da wurde uns klar, dass wir alles allein machen wollen. Wir bauten uns ein Homestudio und nahmen an verschiedenen Orten der Welt Musik auf. Der Grundstein für das Album war „Stormy Weather“. Den Song gibt es bereits seit drei Jahren.
Inwieweit konnten Sie Ihre individuellen Fähigkeiten in L. A. weiter spezialisieren?
Tom Das konnten wir total. Das lag weniger an der Stadt L.A., obwohl man hier schon extrem oft auf internationale Musiker und Produzenten trifft. Wir haben hier viel gelernt, aber was es wirklich gebracht hat, war die lange Zeit. Wir hatten fünf Jahre Zeit, uns drauf zu schaffen, wie man einen Song auf den Punkt produziert und mixt.
Haben Sie kein Interesse mehr an deutschsprachigen Songs?
Tom Diesmal sind keine dabei, weil uns Eins-zu-eins-Übersetzungen ein bisschen schwer fallen. Das haben wir auch schon beim letzten Album gemerkt. Diesen Prozess wollten wir uns nicht noch einmal antun. Entweder schreiben wir heute einen Song gleich auf Englisch oder gleich auf Deutsch, und bei diesem Album haben wir einfach die ganze Zeit auf Englisch geschrieben und dachten uns, dann bleibt es auch so! Wir wollten nichts künstlich erzwingen.