Das Traumtheater Salome ist auf Abschiedstournee. Direktor Harry Owens blickt zurück auf die Jahre in der Landeshauptstadt Stuttgart.

S-Nord -

 
Sie gastieren mit dem Traumtheater dieses Jahr an der Ecke Löwentor-/Pragstraße. Es ist Ihre Abschiedstournee. Sind Sie froh, der Landeshaupt den Rücken zu kehren?
Froh, wieso? Das Publikum nimmt uns hier sehr gut auf, deshalb bin ich auch immer gern nach Stuttgart gekommen.
Trotzdem gab es Zeiten, da stand der Spielort Stuttgart auf der Kippe.
Das ist doch längst vorbei, vergeben und vergessen.
Also war doch nicht immer alles eitel Freude und Sonnenschein?
Sie spielen darauf an, dass wir unsere Zelte beim Planetarium mal Knall auf Fall abgebrochen haben.
Wollen Sie nicht daran erinnert werden?
Ich weiß gar nicht mehr , wann das war. Damals hatte die Liegenschaftsbehörde des Landes sehr hohe Forderungen. Die konnten wir nicht erfüllen und sind gegangen. Nicht verstanden habe ich das, weil das Traumtheater seit Jahren in Stuttgart gastierte und man uns kennt. Aber die 1000-Prozentigen gibt es überall.
Warum hat es Sie nach dieser Erfahrung doch wieder nach Stuttgart gezogen?
Weil ich hier auch sehr positive Erfahrungen gemacht habe. Zum Beispiel hat sich Veronika Kienzle als Bezirksvorsteherin dafür eingesetzt, das wir beim vorigen Gastspiel beim Züblin-Parkplatz eine Spielstätte bekommen. Die CDU hat uns auch immer unterstützt. Zurückhaltend war nur die SPD. Bürgermeister Föll hat uns sogar jetzt schriftlich viel Glück für unsere Abschiedsvorstellungen gewünscht. So was tut gut und macht Mut.
Seit etwa 35 Jahren sind Sie mit dem Traumtheater unterwegs. Wie kam es dazu?
Ich bin Maler, und ich schreibe. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir die Leinwand nicht mehr reicht, um meine Fantasien umzusetzen – und da kam ich auf die Idee mit dem Traumtheater. Erfahrung mit Straßentheater hatte ich ja bereits gemacht, da ich allein vom Malen nicht leben konnte.
Vom Traumtheater aber schon, denn die Vorstellungen sind immer sehr gut besucht.
Sagen wir so: Reich wird man nicht. Aber ich komme klar. Es ist eine Berg- und Talfahrt. Mal läuft es sehr gut, und dann wieder gar nicht.
Wann lief’s gar nicht?
Als das Zelt gestohlen wurde. Das war auch in Stuttgart und hätte mich fast ruiniert. Geklaut werden konnte es, weil die Spedition die Container, in denen das Zelt verstaut war, nicht auf einem gesicherten Gelände, sondern irgendwo abgestellt hatte. Die Versicherung wollte nicht bezahlen. Es kam zum Prozess. Der endete mit einem Vergleich: Wir bekamen 75 000 Euro. Wert war das Zelt 1,2 Millionen Euro. Ein Teil ging für den Prozess drauf. Das war bitter.
Sie haben trotzdem weiter gemacht?
Eine Portion Wahnsinn braucht man für ein Projekt wie das Traumtheater Salome sowieso. Hätte ich zu viel nachgedacht und geplant, hätte es das Traumtheater gar nicht geben. Hat man einen schönen Gedanken, sollte man dem folgen. Und auf dem Weg trifft man Menschen, die die eigene Begeisterung teilen und den Weg mit einem gehen.
Sie hören es nicht gern, wenn ihr Traumtheater als Zirkus oder Varieté bezeichnet wird. Warum nicht?
Das Traumtheater ist eine Marke geworden, zu der ich es gemacht habe. Es ist etwas ganz Eigenes.
Was macht das Besondere aus?
Im Traumtheater geht es nicht um Rekorde, um höher, weiter und gefährlicher. Es geht um Poesie und Fantasie und um das Wort. Denn das schöne Wort hat einen hohen Wert. Ich merke, wie die Besucher bei unseren Vorstellungen Stress abbauen und uns in Traumwelten folgen. Der Ehemann nimmt plötzlich die Hand seiner Frau, mit der er kurz zuvor noch bei der Parkplatzsuche aneinander geraten ist. Und beide lassen den Alltag vor dem Theaterzelt und kommen dem Himmel ein Stück näher.
Sie brennen immer noch für Ihr Theater und wirken mit Ihren 72 Jahren recht jugendlich. Warum kommt jetzt das Aus fürs Traumtheater?
Das ist nicht das Aus für das Traumtheater. Ich gehe mit dem Theater nur nicht mehr auf Reisen. Ich hoffe, dass ich in Berlin einen festen Standort finde, und dann möchte ich es der Staatlichen Ballett- und Artistenschule als Spielstätte überlassen. Dann kann ich mich mehr um die „Akademie der schönen Künste“ in Berlin kümmern. Die habe ich vor Jahren zur Förderung des Nachwuchses gegründet.“
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten für Ihr letztes Gastspiel in Stuttgart?
Dann würde ich mir wünschen, dass mir jemand für die Spielzeit ein Appartement oder eine Wohnung ab sofort bis zum 18. Januar zur Verfügung stellt. Der dürfte auch auf dem goldenen Sessel in den Vorführungen Platz nehmen. Mir geht es wie vielen: Ich finde in Stuttgart keine Unterkunft.

Herkunft
Harry Owens wurde am 12. Dezember 1944 in Mattighofen, Österreich, geboren. 1950 bis 1954 Grundschule in Hamburg. Es folgten vier Jahre auf Internaten.

Werdegang Mit 14 ist Owens abgehauen und zu seinem Onkel nach Sevilla in Spanien geflüchtet. Seine Ausbildung hat er, wie er selbst sagt, beim Leben gemacht: Er hat sich intensiv mit Kunst, Theater und dem Schreiben beschäftigt und wurde Künstler und Lebenskünstler. Bis er 1980 die Idee zum Traumtheater hatte, hat er einige Kunstprojekte ins Leben gerufen. Seit 1982 betreibt er das Traumtheater.Owens ist nicht verheiratet, hat keine Kinder.