Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will das Radwegenetz im Südwesten auf 7000 Kilometer ausbauen.

Stuttgart - Gut für die Umwelt, gut für die Gesundheit – Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will den Ausbau von Radschnellwegen fördern und dadurch Straßenverkehr und Klima entlasten.

 
Herr Hermann, hat der Fahrradverkehr das Potenzial, die Umweltbedingungen im Land spürbar zu verbessern? Oder bleibt Radeln eine schöne Freizeitbeschäftigung?
Der Fahrradverkehr hat das Potenzial, die Umweltbedingungen vor allem in Ballungsräumen zu verbessern. Da bin ich mir ganz sicher. Räder stinken nicht, sie schädigen das Klima nicht, und sie dienen darüber hinaus noch der Gesundheit ihrer Nutzer. Außerdem bewirken sie gerade in Ballungsräumen eine spürbare Entlastung des Straßenverkehrs. Deswegen fördern wir als Landesregierung den Radverkehr in besonderer Weise. Nahezu alle Großstädte haben in den letzten Jahren den Fahrradverkehr massiv gefördert. Selbst Megacitys wie London tun das mittlerweile und bauen Radschnellwege. Auch wir wollen in Ballungsräumen wie Stuttgart und Mannheim, aber auch in kleineren Städten ein attraktives Angebot für den Radverkehr schaffen.
Alle reden derzeit von Radschnellwegen. Gibt es für diese nicht gerade billigen Highways im hügeligen Autoland Baden-Württemberg überhaupt einen Bedarf? Oder muss man die Nachfrage erst wecken?
Wir wissen von Alltagsradlern, dass es den Bedarf gibt. Außerdem kommen Vertreter vieler Landkreise, Städte und Regionalverbände auf mich zu und sagen: Wir wollen Radschnellwege. Zum Beispiel von Herrenberg über Böblingen nach Stuttgart oder von Plochingen nach Stuttgart. Wir prüfen aber bei allen Wegen, unter welchen Bedingungen sie machbar sind, welche Nachfrage sie befriedigen und was sie kosten.
Haben Sie ein Beispiel?
Auf der Hauptachse von Plochingen in Richtung Stuttgart ist die B 10 dauernd verstopft. Die S-Bahn ist bereits gut ausgelastet. Das wäre ein idealer Radschnellweg. Radwege gibt’s hier zwar schon, aber mit zu vielen Kreuzungen und zu vielen Umwegen. Einen Radschnellweg würde man hier sicher nicht überall neu bauen müssen, sondern versuchen, die vorhandene Infrastruktur zu nutzen, aber die Kreuzungen und Umwege zu beseitigen.
Wer soll das bezahlen? Fährt da das Land vorneweg, oder geht das nur mit vereinten Kräften: Bund, Land, Kommunen?
Wie wir das am Ende finanzieren, wird sich entlang der konkreten Projekte herausstellen. Aber klar ist, dass wir als Land Radschnellwege fördern wollen. Dafür gibt es einen extra Topf im Haushalt, den der Landtag gerade berät, denn Radschnellwege sind viel teurer als normale Radwege. Ich kann mir eine Mischfinanzierung vorstellen. So würden die Wege im innerstädtischen Bereich wie der normale kommunale Radwegebau gefördert werden. Das Land gibt dafür etwa 15 Millionen Euro im Jahr. Bei den überregionalen Wegen kann man auch Bundesmittel holen, denn der Bund stellt jetzt auch 25 Millionen Euro zur Verfügung.
Ist es denn sinnvoll, jetzt in Radschnellwege zu investieren, wenn andererseits das normale Fahrradnetz noch nicht so ist, wie es sein müsste?
Man muss das eine tun und sollte das andere nicht lassen. Wir haben einen klaren Plan. Wir fördern die Kommunen beim Ausbau der kommunalen Netze. Wir haben ein Landesradnetz konzipiert auf 7000 Kilometern, davon sind 80 bis 90 Prozent schon vorhanden. Diese Wege wollen wir optimieren, einzelne davon begradigen, dort, wo die Wege zu eng sind, diese weiten und die Beläge verbessern. Das Ziel heißt: 7000 Kilometer alltagstaugliche Radwege in Baden-Württemberg.
Und die Radschnellwege?
Zum Teil gehören sie dann zum Landesradnetz. Zusätzlich sollen aber auch Radschnellwege kommen, die jetzt noch nicht im Netz vorhanden sind. Wenn wir erreichen wollen, dass Autofahrer in relevantem Umfang auf Hauptachsen umsteigen, dann müssen wir richtig gut befahrbare, sichere und schnelle Wege anbieten, so dass man als Radler sagt: Ich bin heute in 20 Minuten von A nach B gekommen – schneller als mit dem Auto. Und das Fitnessstudio hatte ich inklusive. So stelle ich mir das vor.