Exklusiv Der Präsident des VfB Stuttgart, Bernd Wahler, verbindet seine Hoffnungen auf eine erfolgreichere Saison als im vergangenen Jahr vor allem mit dem neuen Trainer Armin Veh. „Er passt perfekt zu uns und hat eine Vorbildfunktion für alle hier“, sagt der 56-Jährige im Interview mit der Stuttgarter Zeitung.

Stuttgart – - Am Montag wird sich der neue alte VfB-Trainer Armin Veh in Stuttgart öffentlich präsentieren. Einen Tag später beginnt die Saisonvorbereitung mit dem Laktattest. Am 3. Juli steht die Mannschaft dann erstmals auf dem Platz unter Veh, der in den Augen des Präsidenten Bernd Wahler eine Vorbildfunktion hat.
Herr Wahler, wer wird Weltmeister?
Tja, keine einfache Frage. Aber ich tippe mal auf die Brasilianer. Oder die Argentinier. Allerdings sind die Holländer bisher auch ganz hervorragend. Und die Franzosen. Und die Mexikaner.
Ist es jetzt Absicht oder doch nur ein Versehen, dass Sie die Deutschen bei Ihrer Aufzählung nicht erwähnt haben?
Ich wünsche mir nichts mehr, als dass Deutschland den Titel gewinnt. Die Chance ist auch da. Aber ich glaube, dass am Ende die klimatischen Strapazen den Ausschlag geben werden – und da sehe ich die lateinamerikanischen Teams im Vorteil.
Erstmals seit der WM 2002 gehört kein VfB-Spieler mehr zum deutschen Aufgebot. Das wird Sie nicht besonders freuen.
Wir sind zwar nicht der einzige Verein, dem es so geht, aber klar, es muss unser Bestreben sein, dass sich das schnell wieder ändert. Wir werden alles tun, um unsere Talente auf ein Niveau zu bringen, damit sie auf dem Radar des Bundestrainers erscheinen. Und ich bin auch zuversichtlich, dass das gelingt. Schließlich hat Antonio Rüdiger noch kurz vor der WM sein Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert – und dann haben wir ja auch noch Timo Werner.
Dass aktuell kein deutscher VfB-Spieler dabei ist, spiegelt wohl auch die Entwicklung des Clubs wider, der in den vergangenen Jahren schwächelte. Warum ändert sich das in der nächsten Saison?
Beispielsweise weil unser neuer Trainer Armin Veh genau zum richtigen Zeitpunkt mit seiner Arbeit beginnt – mit der Saisonvorbereitung.
Veh ist also der Hoffnungsträger?
Er passt perfekt zu uns und zu unseren Vorstellungen von Fußball. Wir wollen Jugend und Erfahrung im Team zusammenführen. Das ist auch sein Ansatz. Außerdem ist er in den letzten Jahren nicht stehen geblieben, sondern hat sich weiterentwickelt. Das wollen wir auch. Insofern hat er eine Vorbildfunktion für alle beim VfB.
Sie haben vor einigen Wochen angekündigt, die richtigen Lehren aus der verkorksten letzten Spielzeit zu ziehen. Dann legen Sie jetzt mal los und erzählen, was passiert ist!
Wir haben uns viele Bereiche angeguckt – vor allem aber natürlich die Abteilung Sport. Da sind wir in die Tiefe gegangen – vom Profikader bis zur gesamten Struktur. Gerade sind wir dabei, ein paar Änderungen vorzunehmen.
Wie sehen diese Korrekturen aus?
Die große Masse der Leute verlangt ja gerne, dass man Leute austauscht, wenn es nicht so läuft. Aber solchen Rufen will ich nicht einfach nachgeben. Vielmehr bin ich zu dem Schluss gekommen, dass jeder bei uns sein Potenzial besser ausschöpfen muss als bisher. Das ist das Zeichen, das ich setzte – und das entspricht meinem Verständnis und meiner Verantwortung als Chef des Ganzen.
Haben Sie persönlich denn in Ihrem ersten knappen Jahr Ihr Potenzial ausgeschöpft?
Es dürfte ja keine Überraschung sein, dass der Wechsel aus der Industrie in den Fußball eine Veränderung darstellt. Da war einiges neu für mich – und auch ich musste in den vergangenen Monaten manches lernen. Ich habe viel gelernt. Das will ich nun zum Nutzen des VfB einsetzen.
Vielleicht hilft das dann ja, um noch zwei oder drei sogenannte „Kracher“ zu verpflichten – ein Wort, das von Ihnen stammt und sich auf hochkarätige Neuzugänge bezieht. Sind diese Spieler schon im Anflug?
Zunächst mal haben wir in Florian Klein, Adam Hlousek und Daniel Ginczek schon drei Neue dazubekommen. Ich kriege ja auch mit, dass unter den Fans diskutiert wird, ob uns diese Leute wirklich besser machen. Das wird man dann zwar erst auf dem Platz sehen, aber ich habe großes Vertrauen in Armin Veh, Fredi Bobic und unsere Scoutingabteilung. Und lassen sie uns doch erst einmal in die neue Saison starten.
„Kracher“ sind diese drei Spieler jetzt aber wahrscheinlich nicht unbedingt.
Wir suchen auch noch weitere Verstärkungen, aber in einem WM-Jahr verschieben sich Transfers erfahrungsgemäß oft nach hinten. Wir haben noch zwei Monate Zeit – Zeit, die wir nutzen wollen.
Der finanzielle Spielraum ist aber vermutlich beschränkt.
Klar ist, dass ein WM-Star im Gesamtpaket rund 20 Millionen Euro kostet. In dieser Größenordnung können wir nicht investieren. Wir haben dafür keinen zweistelligen Millionenbetrag zur Verfügung.
Das ist schade, weil dadurch die Gefahr besteht, dass der VfB auch sportlich bald gar nicht mehr konkurrenzfähig ist.
Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck daran, unsere aktuellen wirtschaftlichen Nachteile gegenüber Mitbewerbern wettzumachen. Aber das braucht seine Zeit. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.
Ein Modell, das Sie im Auge haben, ist die Ausgliederung der Profiabteilung. Das müssten die Mitglieder beschließen. Aber manche tun sich schwer damit. Kommt es auf der Versammlung am 28. Juli in dieser Sache dennoch zu einer Abstimmung?
Das war auch nie unsere Absicht. Das wird frühestens Ende dieses Jahres oder Anfang des nächsten Jahres ein Thema sein.
Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung?
Denkbar. Wir müssen dieses Projekt auf jeden Fall gründlich vorbereiten. Und das tun wir gerade intensiv. Wir wollen am 28. Juli niemand vor vollendete Tatsachen stellen, sondern informieren, wie unser Plan aussieht und wie unser Weg ist.
Können Sie verstehen, dass in einigen Gruppierungen nach wie vor eine ziemliche Skepsis gegenüber diesem Plan vorhanden ist?
Wir wissen, dass wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten müssen. Aber es darf auch nicht so sein, dass eine laute organisierte Minderheit die Oberhand über eine leise unorganisierte Mehrheit im Club gewinnt. Schließlich muss keiner Angst haben, dass wir nach einer Ausgliederung total fremdbestimmt sind.
Daneben brauchen Sie aber wohl weitere gute Argumente.
Das Wichtigste ist natürlich, dass wir uns über diese strukturelle Veränderung frisches Kapital zuführen könnten. Der VfB war der letzte eingetragene Verein, der Deutscher Meister wurde – im Jahr 2007. Und die Wahrscheinlichkeit, dass das bald wieder ein e. V. schafft, halte ich dann doch für eher gering.
Ihre Sicht der Dinge teilen Aufsichtsrat und Ehrenrat, die bei der Mitgliederversammlung neu gewählt werden müssen. Leute wie Guido Buchwald und Hartmut Jenner sollen hinzukommen. Können Sie das bestätigen?
Zunächst werden in den nächsten Tagen unsere Mitglieder über die Kandidaten informiert, danach werden wir uns dazu äußern. Aber die Recherchen Ihrer Zeitung sind nicht so schlecht.
Neben der Ausgliederung denken Sie auch daran, einen Sportausschuss mit ehemaligen VfB-Spielern und Trainern zu bilden, um die Fußballkompetenz im Club zu steigern – eine Idee, die vor 20 Jahren schon der alte Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder hatte.
Ausschuss werden wir den Kreis nicht nennen. Das hört sich so altertümlich an. Wir werden einen besseren Namen finden.
Das heißt, die Idee wird im Gegensatz zur Ära Mayer-Vorfelder auch umgesetzt?
Es konkretisiert sich. Bei der Mitgliederversammlung kann ich Genaueres sagen.
Wie ist es im Groben?
Wir wollen die Netzwerke von ehemaligen Spielern und Trainern nutzen und ihre Meinungen hören. Sie nicht einzubinden, wäre falsch.
Haben Veh und Bobic keine Probleme, dass ihnen Experten zur Seite gestellt werden?
Nein, sie waren sogar Initiatoren dieser Geschichte. Unterschiedliche Meinungen sind bei uns willkommen. Wir wollen da keine Ja-Sager drin sitzen haben, sondern auch eine Streitkultur entwickeln. Wobei am Ende natürlich klar ist, wer die Entscheidungen trifft – unser Sportvorstand in seinem Bereich und unser Trainer. Wir werden nicht demokratisch abstimmen lassen, wer linker Verteidiger spielen soll.