Exklusiv Thomas Schneider hat seine Ziele beim VfB formuliert. „Kurzfristig wollen wir in der Tabelle den Anschluss ans Mittelfeld schaffen – und mittelfristig wollen wir junge Spieler einbauen“, sagte der neue Coach in seinem ersten Interview als Bundesligatrainer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)
Stuttgart - Gut gelaunt und entspannt geht Thomas Schneider in sein erstes Interview als Bundesligatrainer. Dazu trägt natürlich der 6:2-Erfolg gegen Hoffenheim maßgeblich bei, der dem 40-Jährigen die Arbeit beim VfB ungemein erleichtert.
Herr Schneider, Sie machen alles konsequent anders als Ihr Vorgänger Bruno Labbadia. Sie tragen bei den Spielen Trainingsjacke und keinen feinen Anzug, Sie halten kurze Ansprachen und richten Ihre Taktik nicht in erster Linie nach dem Gegner aus. Handeln Sie da aus Überzeugung oder aus Prinzip?
Ich orientiere mich nicht an dem, was vorher gewesen ist. Das würde mir nicht helfen. Vielmehr frage ich mich, was notwendig ist, um die Mannschaft festigen und entwickeln zu können. Was brauchen die Spieler dazu momentan? Um diese Antwort geht es. Das ist mein Maßstab.
Trotzdem . . .
. . . Ja, es stimmt schon, ich bin kein Freund von langen Ansprachen direkt vor dem Spiel. Vor einer Partie ist die Aufnahmefähigkeit der Spieler eher eingeschränkt. Die Grundlagen werden unter der Woche gelegt. Am Spieltag gilt es, die wichtigsten Punkte herauszukristallisieren.
Was benötigten die Spieler nach Ihrem Amtsantritt vor zehn Tagen vor allem?
Zum einen klare Vorgaben. Wir wollten kompakt auftreten. Das ist fürs Erste auch gelungen. Aber dieser Prozess muss weiterlaufen.
Und zum anderen?
Es ging auch darum, die Verkrampfungen nach der Serie von Misserfolgen zu lösen und eine gewisse Lockerheit reinzubringen. Wir wollten die Situation entzerren. Das war unser Ansatz. Deshalb setzten wir im Training auf einen Mix aus Spaß und Konzentration.
Entspricht das auch generell Ihrer Philosophie als Trainer?
Entscheidend ist, was auf dem Platz passiert. Und da will ich, dass man den VfB wieder mit seinen traditionellen Tugenden verbindet. Lauffreudig, mutig, gutes Spiel nach vorne – das sind schon die Schlagworte, die für uns große Bedeutung haben. Das alles aus einer stabilen Grundordnung heraus, mit der Viererkette in der Abwehr und zwei Spielern im defensiven Mittelfeld. Das ist momentan unser Gerüst.
In welchem Zustand haben Sie die Spieler bei Ihrem Amtsantritt angetroffen?
Sie waren von der ersten Minute an sehr aufmerksam. Dazu gab es selbst unmittelbar vor der Partie am Sonntag gegen Hoffenheim in der Kabine noch einen konstruktiven Austausch. Man hatte das Gefühl, dass sie unbedingt was reißen wollten. Das hat mir gefallen. Mit den Toren kehrte dann auch das Selbstvertrauen zurück. Da hat man wieder mal gesehen, welche Rolle der Kopf spielen kann.
Wie erzeugt ein Trainer Selbstvertrauen?
Es funktioniert auf jeden Fall nicht mit Floskeln und nicht, indem man einem Spieler sagt, dass er der Größte ist. Die Jungs sind intelligent und durchschauen das schnell. Wichtig sind vielmehr Erfolgserlebnisse. Damit die sich einstellen, kann man beispielsweise bestimmte Trainingsformen wählen, in denen viele Tore fallen. Das richtige Selbstvertrauen kann man jedoch nur durch positive Ergebnisse in den Spielen erzielen.
Haben Sie das von einem der renommierten Trainer gelernt, unter denen Sie als Spieler tätig gewesen sind – also von Christoph Daum, Joachim Löw, Ralf Rangnick oder Felix Magath?
Nicht speziell. Aber im Unterbewusstsein habe ich da sicher schon das eine oder andere mitgenommen.
Von wem am meisten?
Ralf Rangnick ist jedenfalls der Trainer, der mir in meiner Karriere am häufigsten begegnet ist – zuerst in der VfB-Jugend, dann bei den VfB-Profis und am Ende noch in Hannover. Das ist ungewöhnlich. Wir telefonieren auch heute noch das eine oder andere Mal miteinander.