Der Wettanbieter Werner Becher spricht über manipulierte Tennisspiele und das große ­Problem, diesen Sumpf trocken zu legen.

Melbourne – - Der Österreicher Werner Becher (43) ist der Chef von Interwetten, einem der größten internationalen Wettanbieter. Das Unternehmen hat Kunden aus 200 Ländern, es bot 1997 als erster Anbieter überhaupt Onlinewetten an. Interwetten ist auch Mitglied der European Sports Security Association, einer Kontroll- und Überwachungsorganisation der Wettbranche.
Herr Becher, wie schwerwiegend sind die Probleme, die das internationale Tennis mit Wettbetrügereien hat?
Von allen Sportarten hat Tennis die größten Probleme. Und die Probleme werden immer größer. Es sind meistens Spieler betroffen, die teils bei kleineren Tourevents, öfters aber bei Challenger- oder Future-Turnieren antreten. Also Leute jenseits der Top 100. Im Moment haben wir fast täglich Vorfälle, die uns dazu zwingen, Spiele aus dem Programm zu nehmen. Der Anstieg dieser Fälle im Tennis ist wirklich extrem. Wir melden diese Auffälligkeiten sofort auch an die Anti-Korruptionseinheit im Tennis weiter – die sogenannte TIU, Tennis Integrity Unit.
Können Sie diesen Anstieg auch beziffern?
In der Auswertung des dritten Quartals 2015 gab es allein 48 Zwischenfälle mit Tennisspielern, das waren 66 Prozent aller verdächtigen Vorkommnisse im Sport überhaupt. Tennis hat dem Fußball den zweifelhaften Platz eins hier abgelaufen. Wir haben im Moment eine schwarze Liste mit mehr als 50 Tennisspielern, deren Matches wir gar nicht mehr anbieten. Einfach, weil uns das Risiko viel zu hoch erscheint.
Sind auf dieser Liste auch Spieler aus dem deutschsprachigen Raum?
Ja. Auch Deutsche und Österreicher. Oft wird so getan, als sei das ein Problem osteuropäischer oder meinetwegen südländischer Profis. Aber es sind viele aus Westeuropa auf dieser Liste drauf.
Woran erkennen Sie Betrügereien?
Wir legen Quoten fest, die mit Weltranglistenplatz, Form und bei Live-Wetten dem Spielverlauf zu tun haben. Auffälligkeiten entstehen, wenn ungewöhnlich hohe Beträge gewettet werden. Oder ungewöhnliche Beträge auf einen, den man nicht als Favorit bezeichnen würde. Oft gleichen wir uns mit anderen Wettanbietern ab, da entsteht schnell ein übergreifendes Verdachtsmuster. Dann schlagen wir Alarm, annullieren die Wetten. Wenn wir das nicht tun, wissen wir schnell, dass wir es besser doch getan hätten.
Wie wird denn manipuliert?
Das häufigste Muster ist: Favorit A verliert den ersten Satz, dann drehen sich die Quoten. Es gibt mehr Geld auf einen Sieg für A. Und dann gewinnt er halt – und mit ihm seine Hintermänner. Aber zuletzt haben wir festgestellt, dass sogenannte Favoriten einfach verlieren. Denn das, was sie über eine Betrügerei verdienen, ist weit mehr als die Punkte, sagen wir, bei einem Challenger-Turnier. Das ist für mich schon eine Zuspitzung der Lage.