Der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer sieht in der Umlage für erneuerbare Energien einen der größten Preistreiber. Er kritisiert mangelndes Engagement der Länder in der Energiepolitik.

Berlin – Der Waiblinger Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sieht in steigenden Strompreisen Gefahren für den Standort.

 

Vor einem Jahr wurde die Energiewende beschlossen. Es hagelt Kritik, weil es keinen Generalplan gibt, welche Schritte bis zu welchem Termin umgesetzt werden.

Der Umbau der Energieversorgung ist eine Mammutaufgabe. Deutschland hat weltweit die ambitioniertesten Ziele. Zur Energiewende gehören mehr als 60 Instrumente und Maßnahmen, mit denen die Ziele umgesetzt werden sollen. Manche Schritte sind sicherlich noch verbesserungsfähig. Insgesamt handelt es sich bei der Energiewende um einen Prozess, der Jahrzehnte dauern wird.

Was muss im Jahr zwei der Energiewende besser werden?

Wir müssen Klartext reden, was die Energiewende im Einzelnen bedeutet. Beim Strom geht der Ausbau der Übertragungsnetze nur langsam voran. Wir brauchen bis 2020 neue Stromautobahnen mit einer Gesamtlänge von 3500 bis 4000 Kilometer. Davon sind gerade einmal 120 Kilometer gebaut. Für eine stärker dezentrale Stromversorgung mit Windenergie und Photovoltaik brauchen wir außerdem ein Verteilnetz von zusätzlich 200 000 Kilometern. Dabei reden wir von Investitionen in Milliardenhöhe.

Wie ist vorstellbar, dass im dicht besiedelten Deutschland ein neues Verteilnetz von 200 000 Kilometern errichtet wird?

Dabei handelt es sich hauptsächlich um Erdkabel in Städten und Gemeinden. Wir haben uns für eine stärkere dezentrale Stromversorgung entschieden. Dazu gehört, dass der Strom aus Photovoltaik und Windkraft verteilt wird. Vom Genehmigungsrecht sind die Anforderungen an diese Netze nicht so hoch wie bei Übertragungsnetzen.

Muss das Planungsrecht verändert werden, um zu schnelleren Entscheidungen bei solch gigantischen Vorhaben zu kommen?

Planungen müssen in der Tat beschleunigt werden. In dieser Hinsicht ist auch schon einiges passiert. Schon 2009 wurden per Gesetz prioritäre Maßnahmen zum Ausbau der Übertragungsnetze festgelegt. Diese Leitungen sind in der Planung und im Bau. Doch es gibt immer wieder Verzögerungen, weil es Widerstände vor Ort gibt. Im vergangenen Jahr wurde das Gesetz zur Beschleunigung des Netzausbaus verabschiedet. Die Länder unterstützen das Gesetz, zögern aber bei der Anwendung. Das ist ein Problem: Die Länder, die für die Umsetzung zuständig sind, machen große Sprüche, liefern aber nicht.

Am Mittwoch wird der Netzentwicklungsplan vorgestellt. Was erwarten sie sich davon?

Entscheidend beim Netzausbau ist, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Bei den notwendigen Trassen von Nord nach Süd gehen die Netze über mehrere Bundesländer hinweg. Das führt immer wieder zu Problemen. Zurzeit wird eine Windsammelleitung zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein errichtet. In Mecklenburg-Vorpommern ist diese Leitung seit eineinhalb Jahren fertig, während in Schleswig-Holstein erst die Planung abgeschlossen worden ist. Die Länder müssen Gas geben.

Nach wie vor werden viele neue Solaranlagen gebaut. Müssen Verbraucher im nächsten Jahr wegen einer steigenden Umlage mit Strompreiserhöhungen rechnen?

Der Strompreis setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Eine Komponente sind Entgelte für die Netznutzung, die ein Drittel des Preises für Haushaltsstrom ausmachen. Die enormen Investitionen in die Netze werden die Entgelte für die Netze steigen lassen. Außerdem führen der starke Ausbau der Photovoltaik und Windenergie zu Erhöhungen der Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die EEG-Umlage kommt an Grenzen. Die Photovoltaik ersetzt an schönen Tagen Kernkraftwerke nur für wenige Minuten. Erneuerbare Energien steuern weniger als ein Zehntel der gesicherten Leistung bei. Das macht die Sache allerdings extrem teuer.

Was bedeutet dies für die Verbraucher?

Bei Umlage für erneuerbare Energien besteht Handlungsbedarf. Ansonsten steigt die Umlage ins Unermessliche. Ziel war, die Umlage bei 3,5 Cent pro Kilowattstunde zu stabilisieren. Ich befürchte, dass die Umlage 2012 auf fünf Cent steigt. Das schlägt direkt auf die Strompreise durch.

Die Industrie klagt über hohe Energiepreise. Gerät der Standort ins Hintertreffen?

Meine größte Sorge bei der Energiewende ist, dass der Industriestandort Deutschland Schaden nimmt und energieintensive Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren können. Chemie-, Aluminium-, Glas- und Papierhersteller sind für unsere Innovationsfähigkeit enorm wichtig. Bei der Aluminiumherstellung entfallen auf Energie zwischen 50 und 70 Prozent der Gesamtkosten. Da die Energiekosten in Deutschland jetzt schon um 40 Prozent höher liegen als in Frankreich, steht die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel. Wir sollten alles dafür tun, dass energieintensiven Unternehmen keine Preissteigerungen aufgebürdet werden. Die Härtefallregelung muss bleiben. Ansonsten droht eine schleichende Deindustrialisierung.