Zum Abschied darf es persönlicher werden: Wolfgang Schuster erzählt, wie viel ihm Manfred Rommel bedeutet. Außerdem redet der scheidende OB über seine Familie und darüber, wie ungeeignet Stefan Mappus für das Amt des Ministerpräsidenten gewesen sei.

Regio Desk: Achim Wörner (wö)

Zum Abschied darf es persönlicher werden: Wolfgang Schuster erzählt, wie viel ihm Manfred Rommel bedeutet. Der scheidende OB redet über seine Familie, aber auch darüber, wie ungeeignet Stefan Mappus für das Amt des Ministerpräsidenten gewesen sei.

 

Herr Schuster, wir sitzen hier in Ihrem Dienstzimmer, in das bald Fritz Kuhn einziehen wird. Er bringt neben neuen Ideen auch neue Möbel mit, genau wie Sie vor 16 Jahren.
Da täuschen Sie sich. Zumindest teilweise. Die Lederstühle habe ich schon Mitte der achtziger Jahre gekauft, als ich noch persönlicher Referent von Manfred Rommel war. Die waren relativ teuer, Rommel hat sich anfangs gewehrt, aber ich sagte ihm: „Wir brauchen was Gescheites!“ Bald feiern die Stühle ihr 30-jähriges Dienstjubiläum, die Anschaffung hat sich also gelohnt.

Der runde Tisch, an dem wir sitzen, hat weniger Jahre auf dem Buckel.
Als ich hier als Oberbürgermeister angefangen habe, gab es in meinem Büro einen langen Tisch, und der Chef saß oben. Früher war die Idee, dass einer die Kommandos gibt und die anderen sie entgegennehmen. Inzwischen hat sich das verändert. Wenn du meinst, du wüsstest alles besser, liegst du gleich auf der Nase. Mittlerweile stehen überall im Rathaus runde Tische. Man weiß nie, wo oben ist.

Sie sind als 30-Jähriger der Referent von Manfred Rommel geworden. Inwiefern hat er Sie persönlich geprägt?
Ich habe allein von seiner Persönlichkeit enorm viel gelernt. Nicht nur für die Politik, sondern fürs Leben. Er ist ein sehr eigenständiger Mensch mit großen Stärken. Wenn er angefeindet wurde, hat er das immer weggesteckt. Er war vor allem nie nachtragend. Wenn es bei einem Thema zur Sache ging, ist er von einem Moment auf den anderen ins Schwäbische gewechselt. Das hat oft gut funktioniert.

Als Sie in Stuttgart für ihn arbeiteten, lag der Selbstmord der RAF-Terroristen in Stammheim ein paar Jahre zurück. Inwiefern hat Rommels Verhalten dabei Ihr Politikverständnis beeinflusst?
Manfred Rommel ist damals auf moralische Grundsätze zurückgekommen – nämlich, dass mit dem Tod jede Feindschaft ende. Das hat mich tief beeindruckt. Er hat sich bei der Beerdigung von Baader, Ensslin und Raspe öffentlich gegen die allgemeine Empörung gestellt. Ich habe von ihm gelernt, wie man große Spannungen aushält. Er war mein Vorbild, als ich selbst unter Druck geraten bin.

Die Fotos von Ihrem Dienstantritt sind 16 Jahre alt: Man sieht bei Ihnen ein offenes Lachen. Zwischenzeitlich haben sich ernste, skeptische Züge in Ihr Gesicht eingegraben. Erkennen Sie sich in dem Wolfgang Schuster der Anfangsjahre selbst noch wieder?
Aber sicher. Ich glaube nicht, dass sich mein Charakter durch das Amt wesentlich verändert hat. Ich habe mir immer die Meinung von anderen angehört, um meine eigene kritisch zu hinterfragen. Wenn man das nicht tut, hebt man ab. Körperlich spüre ich meine Jahre: Das Joggen ist im Laufe der Zeit etwas mühsamer geworden, die Strecken kürzer. Meine Haare sind lichter geworden. Andererseits fühle ich mich immer noch jung.

Inwiefern?
Ich definiere jung sein mit Neugierde. Und ich freue mich auf jeden Tag, an dem ich etwas Neues lernen kann. Dieser Antrieb in mir ist ungebrochen. Deshalb verlasse ich das Rathaus auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wohl wissend, dass alles seine Zeit hat.