Der Züblin-Vorstand Klaus Pöllath sieht in dem Projekt Stuttgart 21 auch die Chance, eine nachhaltige Stadtentwicklung zu betreiben. Die Stadt werde weltweit an Bedeutung gewinnen.

Stuttgart März hat die Bahn den Auftrag für den Tiefbahnhof an das Stuttgarter Bauunternehmen Züblin mit Sitz in Möhringen vergeben. Die unterirdische Durchgangsstation soll Ende 2020 in Betrieb gehen, woran Projektkritiker zweifeln. Züblin-Vorstand Klaus Pöllath glaubt nicht an Überraschungen und ist überzeugt, dass die Emotionen mit Baubeginn nachlassen werden.
Herr Pöllath, Züblin hat den Zuschlag für den berühmten und umstrittenen Stuttgarter Tiefbahnhof bekommen. Ein Routinejob oder etwas Besonderes?
Stuttgart 21 ist natürlich kein gewöhnliches Projekt. Züblin beschäftigt sich schon seit 1995 mit dem Thema, und wir waren sehr gespannt, wie der Wettbewerb ausgeht. Jetzt sind wir stolz, dass wir im Rennen mit internationalen Bewerbern aus Österreich und der Schweiz den Zuschlag bekommen haben. Und wir sind sozusagen emotionalisiert, uns sehr anzustrengen.

Die Verhandlungen mit der Bahn hatten sich ja einiges länger als geplant hingezogen.
Es hat etwas länger als erwartet gedauert, das ist richtig. Der Preis muss stimmen. Und es müssen viele technische Fragen geklärt werden. Die Gespräche, bei denen auch der Bahn-Technikvorstand Volker Kefer dabei war, sind aber sehr konstruktiv verlaufen – wir sind froh über den glücklichen Ausgang für uns.

Nach der ersten Blockade der ZüblinBaustelle sehen Sie das vielleicht anders.
Wir sind keine Politiker, die man vielleicht für Entscheidungen verantwortlich machen kann. Wir sind lediglich Bauingenieure, Poliere, Maurer und Betonbauer, die ihre Arbeit so gut es geht machen wollen. Warum sollten wir dafür angegangen werden?

Weil der Protest gegen das Projekt Stuttgart 21 teilweise sehr emotional geführt wird.
Ich bin überzeugt, dass diese Emotionen immer weiter zurückgehen werden. Das Thema wird sich Schritt für Schritt versachlichen. Um dazu beizutragen, werden wir beispielsweise zusammen mit der Bahn Programme initiieren, um interessierten Bürgern zu ermöglichen, sich das Projekt in den verschiedenen Ausbaustufen anschauen zu können. So etwas macht ein Bauprojekt nachvollziehbar, wenn die Ingenieurleistung greifbar wird.

Wie erklären Sie es sich, dass ein trockenes Infrastrukturprojekt derart emotional begleitet wird?
Das ist wohl der Zug der Zeit. Egal, ob Stromtrassen durch Deutschland gezogen oder anderswo Flughäfen gebaut werden. Wir müssen die Prozesse ändern, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Künftig werden Auftraggeber und Politiker bei solchen Infrastrukturprojekten einen weiteren Gesprächspartner haben, nämlich die Bürgerschaft. Der müssen rechtzeitig ausreichend Informationen gegeben werden, damit jeder Einzelne sagen kann, ob er das will oder nicht.

Fast die Hälfte der Bürger will Stuttgart 21 nicht. Hat Züblin schon mal unter solchen Bedingungen gebaut?
Stuttgart 21 ist nicht vergleichbar mit anderen Projekten. Aber wir haben durchaus genügend Erfahrungen mit innerstädtischen Baustellen und den besonderen Gegebenheiten. Die letzte große Maßnahme war der Bau der Stadtbahnlinie U 15 in Zuffenhausen. Bei der Größe ist das natürlich nicht vergleichbar, durchaus aber bei den Randbedingungen, den beengten Verhältnissen in der Straße etwa und der Bautiefe. Auch die Beeinträchtigungen für Anwohner und Einzelhändler waren erheblich. Heute sind aber alle Beteiligten zufrieden und schätzen, dass etwas Neues entstanden ist.

Viele zweifeln, dass das beim neuen Tiefbahnhof auch der Fall sein wird. Ist der Bau mit zu vielen Risiken verbunden?
Tun und Handeln birgt immer Risiken. Es kommt nur darauf an, wie man sie beherrscht. Wir haben bereits im Jahr 1995 im Auftrag der Bahn Machbarkeitsstudien durchgeführt und sind zu einem positiven Ergebnis gekommen. Der Architekt Christoph Ingenhoven hat zweifellos einen sehr anspruchsvollen Bahnhof geplant. Aber die einzelnen Parameter wie Tiefenlage, geologische Verhältnisse und Dimensionen des Bauwerks sind völlig normal. Der Bahnhof könnte so auch in Frankfurt oder Berlin gebaut werden. Da erwarten wir nirgends Überraschungen.

Eine Überraschung könnte sein, dass die Grundwasseranlage nicht rechtzeitig in Betrieb geht und der Baubeginn Anfang 2013 nicht gehalten werden kann.
Das Grundwassermanagement liegt zunächst einmal nicht in unserem Leistungsumfang. Aber soweit wir die Unterlagen studiert haben, ist alles sauber durchdacht und gut aufbereitet. Es wird eine exakte Taktung des Grundwassers geben, damit die einzelnen Baufelder bearbeitet werden können. Das Thema Grundwasser hat bei der Ausführung übrigens längst nicht die Bedeutung wie in der öffentlichen Diskussion. Wir sind weit genug über den Mineralquellen, und es kann jeder versichert sein, dass da nichts passieren wird. Auch für die L-Bank in den 90er Jahren und die Stadtbahntunnel unter der Königstraße ist es sehr weit in die Tiefe gegangen.